Im November 2023 läutete die UN-Generalversammlung den Beginn einer demokratischen Steuerrevolution ein. Sie verabschiedete eine Resolution für die Aufnahme globaler Verhandlungen für eine UN-Rahmenkonvention im Steuerbereich.
Von David Walch
Ähnlich wie die Klimarahmenkonvention soll der Vorstoß im Steuerbereich als Grundlage für global verbindliche Regeln, sogenannte Protokolle, dienen. Bereits im Februar 2024 starteten die Verhandlungen über die Themen der Konvention.
Mit der Resolution können nun erstmals alle Staaten gleichberechtigt über die künftige internationale Steuerpolitik mitverhandeln – und das unter kritischer Beobachtung und Einbeziehung der Zivilgesellschaft.
Bisher machten die reichen Industriestaaten die globalen Steuerregeln
Bislang wurden die internationalen Steuerregeln nämlich völlig intransparent in der OECD, dem Club der reichen Industriestaaten, festgelegt. Die OECD besteht jedoch lediglich aus 38 Mitgliedsländern, vorrangig Industrienationen. Keines der bestehenden internationalen Steuerabkommen wurde jemals weltweit gebilligt. Viele Steuerregeln spiegeln daher vorrangig deren Interessen wider und sind von struktureller Ungleichheit geprägt. Bester Beweis für ihre bisherige Vorherrschaft ist die aktuelle OECD-Reform der globalen Konzernbesteuerung. Sie benachteiligt ärmere Staaten massiv. Länder wie die USA, Irland oder die Schweiz haben etwa die globale Mindeststeuer zu einem Belohnungsprogramm für Steuersümpfe umfunktioniert.
Demokratisch und transparent
Im Gegensatz zur OECD verlaufen die Verhandlungen in der UNO demokratisch und transparent. Das stärkt die Rechenschaftspflichten der Regierungen gegenüber der Zivilgesellschaft und schwächt den Einfluss finanzstarker Lobbygruppen.
Der erste Entwurf für das UN-Mandat – also die Auswahl der Themen der Konvention – vom Juni enthielt erfreulicherweise viele Forderungen der globalen Steuergerechtigkeitsbewegung. Dazu zählen etwa die faire Besteuerung transnationaler Konzerne, eine Reichensteuer, die effektive Bekämpfung illegitimer Finanzflüsse und Steuern mit ökologischer Lenkungswirkung.
In einer gemeinsamen Stellungnahme brachten weltweit 228 Organisationen (inklusive Attac) weitere dringende Forderungen ein: Darunter das Ziel, Ungleichheiten innerhalb und zwischen Ländern zu verringern, die Förderung progressiver, geschlechtergerechter Steuersysteme sowie Verpflichtungen zu mehr Transparenz bei wirtschaftlichem Eigentum, Vermögenswerten und Konzernen.
Das Mandat soll im Herbst stehen
Der endgültige Entwurf für das neue Steuerabkommen soll bereits nach der nächsten Verhandlungsrunde von 29. Juli bis 16. August 2024 fertig sein. Er wird danach der UN-Generalversammlung vorgelegt. Die Verhandlungen über die Details des Übereinkommens beginnen 2025.
Um die globalen Steuerregeln weiter in ihrem Interesse innerhalb der OECD zu gestalten, haben die Industriestaaten seit Jahren versucht, den UN-Prozess zu torpedieren. Nun müssen sie am Verhandlungstisch vor den Augen der Welt ihre Interessen auf den Tisch legen.
Links:
Gemeinsame Stellungnahme von weltweit 228 Organisationen zu den UN-Verhandlungen
Die neue Steuerrahmenkonvention der Vereinten Nationen. Briefing herausgegeben von Brot für die Welt, Global Policy Forum Europe, Misereor & dem deutschen Netzwerk Steuergerechtigkeit, Juli 2024
Hintergründe und Streitpunkte der bisherigen Verhandlungen hat Tax Justice Network in einem Blog zusammengefasst.
Titelbild: Sarah Goldschmitt/Attac