Ohne Maske und schweißgebadet
Tausende Menschen, die dicht gedrängt im Club tanzen und sich in den Armen liegen – das ist aktuell eigentlich unvorstellbar. Nicht aber in Liverpool: 6.000 Menschen durften an zwei Tagen ohne Masken und Abstand miteinander feiern.
Liverpool, 03. Mai 2021 | In Großbritannien gab es am vergangenen Wochenene einen großen Schritt zurück zur Normalität. Rund 6.000 Menschen durften am Freitag mit negativem Covid-Test das erste Mal seit über einem Jahr wieder ausgiebig mit ihren Freunden feiern und tanzen gehen.
Bereits um 14 Uhr begann am Freitag die Party – mit einer großen Konfettikanone. Verschiedene DJs und Musiker spielten live vor Tausenden von jungen feierwütigen Menschen, jedoch nicht bis zum Morgengrauen. Bis spätestens um 18 Uhr mussten die Partygäste in der Disco erscheinen, am Samstag war der Einlass sogar nur bis 16.30 Uhr gestattet. Pünktlich um 23 Uhr war dann an beiden Tagen wieder Schluss.
Großbritannien will Maßnahmen weiter lockern
Die Wiedereröffnung des Clubs “Circus” ist Teil eines Pilot-Projektes der “Corona-Exit-Strategie”, womit erforscht werden soll, wie Großveranstaltungen wieder stattfinden können. Bis zum 21. Juni möchte Großbritannien weitestgehend zurück zu einem normalen Alltag und die Social-Distancing-Maßnahmen so weit es geht lockern.
Thank you Liverpool 🙏
We’ve waited so long for this, let’s do it all again tomorrow then? pic.twitter.com/ZKBqeiEPA4
— CIRCUS (@CIRCUSmusic) April 30, 2021
Alle Anwesenden mussten vor dem Einlass einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen und einen maximal 24 Stunden alten, negativen Corona-Test vorweisen. Im Club durften die Masken dann abgenommen werden, auch eine Abstandspflicht entfiel. Die Konzertgäste bekamen für zuhause zwei PCR-Tests mit, die sie nach der Party im Abstand von einigen Tagen durchführen sollten. Wie der Nachrichtensender “BBC” berichtet, haben Wissenschaftler währenddessen untersucht, inwieweit sich Luftqualität, Interaktion und Bewegung von Menschenmassen sowie der Konsum von Alkohol auf das Übertragungsrisiko des Virus auswirken.
“Ich hatte Tränen in den Augen”
DJane Jayda G, die zum ersten Mal seit Monaten wieder vor einer Menschenmasse auflegen durfte, sagte gegenüber “BBC” , dass sich das Event “surreal” angefühlt habe:
“Ich bin reingegangen und dachte, oh mein Gott, da sind Menschen und sie sind zusammen und sie tanzen und lächeln und das passiert wirklich.”
Der Veranstalter Sam Newson betonte im Bericht von “BBC”, das Pilotprojekt sei unbedingt notwendig für die vom Aussterben bedrohte Branche, in der viele seiner Kollegen ihre berufliche Existenz verloren hätten: “Ich stand vorhin auf der Bühne und hatte ein bisschen Tränen in den Augen. Ich kann es nicht leugnen, es ist sehr emotional.”
Eine wichtige Schlüsselfrage, die laut den Wissenschaftlern vor Ort beantwortet werden müsse: ‘Haben die Menschen mit all diesen Maßnahmen überhaupt noch Spaß?’
“Das ist ein wirklich wichtiger Teil, um diese Veranstaltungen nachhaltig zu gestalten,”
so Professor Iain Buchan, Experte für öffentliche Gesundheit und Leiter der Forschung gegenüber “BBC”.
Hoffnung für die Clubkultur?
Kritiker mahnten hingegen, dass solche Testläufe keine genauen Erkenntnisse bringen können. Mit einer tatsächlichen Clubnacht hätten die Partys im “Circus”, die um 14 Uhr beginnen und schon um 23 Uhr beendet werden, wenig zu tun.
Das war den vielen jungen Briten am Wochenende wohl nicht so wichtig. Sie freuten sich, nach mehr als einem Jahr endlich wieder ausgelassen feiern zu dürfen. Menschen küssten und umarmten sich, einige saßen auf den Schultern ihrer Begleitungen. Zugelassen für die die “Probe-Party” waren Menschen, die über 18 Jahre alt sind, in Liverpool wohnen und dort in hausärztlicher Betreuung befindlich seien, berichtete die „Daily Mail“.
Am 15. Mai sollen als weiterer Test im Londoner Wembley Stadium 21.000 Zuschauer, ein Viertel der maximalen Kapazität des Stadions, das Finale des FA Cup ansehen.
(jz)
Titelbild: APA Picturedesk