SPÖ hinter Türkis-Grün
Fast-Harmonie im Parlament: Mit großer Mehrheit winkte man das brisante Gesetz zum “Grünen Pass” durch. Die SPÖ stützte die Regierung, nur die FPÖ übte fundamentale Kritik.
Wien, 26. Mai 2021 | „Ein guter Tag für Österreich und für Europa. Das sage ich in aller Deutlichkeit“, zeigte sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Mittwoch im Parlament erfreut. Beim „Grünen Pass“ sei Österreich „Tempomacher“ in Europa gewesen, behauptete die Ministerin. Sie selbst habe die „Dreiteiligkeit“ durchgesetzt: Geimpft, Genesen und Getestet.
In der EU soll der Pass zur Regelung des innereuropäischen Reiseverkehrs im Angesicht der Pandemie helfen, während er in Österreich auch als Zutrittsberechtigung zum öffentlichen Leben in Gastro & Co. dienen soll. Anders als in Frankreich oder Italien, muss man für die Gastronomie hierzulande nachweisen, geimpft, getestet oder genesen zu sein.
FPÖ: „Gesundheitspolitische Beweislastumkehr“
An Herbert Kickl (FPÖ) richtete Edtstadler, angesichts der scharfen Kritik seiner Partei am Pass, relativ sanfte Worte: Ja, man werde die eigene Ungefährlichkeit noch länger beweisen müssen, wenn man „verantwortungsvoll“ öffnen wolle. Beim Gesundheitsminister und bei der SPÖ bedankte sich die ÖVP-Ministerin. Man komme der „Einigkeit im Sinne Europas“ einen Schritt näher.
Zur Eröffnung der Corona-Sondersitzung attackierte FPÖ-Chef Kickl die Regierung auf das Schärfste. Eine „neue Normalität“ werde mit dem grünen Corona-Pass erschaffen, dies stelle eine „gesundheitspolitische Beweislastumkehr“ dar. Als „gesund“ gelte man gegenüber dem Staat nicht mehr. Stattdessen sei nun jeder „potenziell ansteckend“ und müsse seine niedrige epidemiologische Gefahr erst mit einem der „drei Gs“ beweisen.
Das sei laut Kickl so, als wenn nun eine „Schuldvermutung“ gegen Kanzler und Finanzminister gelten würde, anstatt der „Unschuldsvermutung“, erklärte Kickl. Die Corona-Müdigkeit der Menschen werde von der Regierung genutzt, um „Kontrolle, Überwachung und Steuerbarkeit der Menschen umzusetzen“.
Grüne zufrieden, NEOS mit Kritik
Vonseiten der Grünen antwortete Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner auf Kickls Fundamentalkritik. Der FPÖ-Chef lebe in einem „Paralleluniversum“ und „disqualifiziere sich selbst“, wenn er von einer „sogenannten Pandemie“ spreche. Schallmeiner lobte zudem die zusätzliche Anschaffung von Tests für den Tourismus und den grünen Pass. Die einzige Herausforderung dabei sei „Datenschutz“. Um Personen, die kein Smartphone besitzen, habe man sich ausreichend gekümmert.
ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriele Schwarz sieht die Voraussetzungen des Corona-Passes deshalb gegeben, weil die Maßnahmen der Regierung gegriffen hätten. Für die kurze Begutachtungszeit von einer Woche hatte der grüne Abgeordnete eine originelle Begründung: es handle sich um eine „komplexe Materie“. Schallmeiner, der den bekannten Gesetzestext einbracht hatte, lobte daraufhin die „konstruktive Seite der Opposition“, die NEOS und die SPÖ.
Der Gesetzestext, der so abgeändert wurde, dass er gar nicht in Begutachtung ging, sorgte für Kritik bei NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Allerdings werde es ohnehin keinen elektronischen “Grünen Pass” am 4. Juni geben, wie es die Regierung ankündige: „Die Regierung bekommt das nicht hin.“ Das, was man aktuell plane, werde nicht gebraucht werden. Loacker kritisierte auch den „Hau-Ruck-Modus“ der Regierung, die das Parlament als „Abwinkmaschine“ verstehe.
SPÖ sieht Überwachungsstaat verhindert
Auch für die SPÖ sei der Pass „ein Baustein der Freiheit“. Die SPÖ habe aber die „Datenkrake“ verhindert, die im ersten Entwurf absehbar gewesen sei. Man habe gemeinsam mit vielen anderen „den Überwachungsstaat verhindert“, so der burgenländische SPÖler Christian Drobits, der während seiner Befragung auch Zwischenrufe der FPÖ aushalten musste.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hatte positive Nachrichten: Viele Impfungen, niedrige Inzidenzzahlen und weniger belegte Intensivbetten. Man müsse aber „bitte weiterhin testen, testen, testen“, impfen, Maske tragen und Abstand halten. Beim “Grünen Pass” bedankte sich Mückstein bei der Zivilgesellschaft, die sich für den Datenschutz eingesetzt habe. Auf generelle Kritik am Pass ging er nicht ein. Stattdessen sei der neue Pass die „Grundlage für die Freiheit“ und so schaffe man „die Öffnung für möglichst viele Menschen“. Auch Sebastian Kurz bedankte sich „für die Unterstützung beim Grünen Pass.“
Mit den Stimmen von SPÖ, NEOS und der türkis-grünen Regierung wurde die Gesetzesvorlage zum “Grünen Pass” dann angenommen. Dem Antrag auf Beschaffung von Antigentests für den Tourismus wurde einheitlich zugestimmt, Oppositionsanträge wurden abgelehnt.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk