Corona:
Manche antivirale Therapien gegen Covid-19 dürften dazu führen, dass sich neue Mutationen und auch Resistenzen bilden. Das haben deutsche Wissenschaftler beim Einsatz von Remdesivir festgestellt.
Hamburg, 18. August 2022 | Die medikamentöse Therapie gegen schwere Covid-19-Verläufe ist vor allem für Risikogruppen eine große Hoffnung. Allerdings bergen sie offenbar auch die Gefahr, dass Resistenzen entstehen. Das haben jetzt deutsche Wissenschaftler bewiesen. In “Cell Reports Medicine” veröffentlichten sie Ergebnisse aus einer Studie an Corona-Patienten unter einer Behandlung mit Remdesivir.
„Evolutionärer Flaschenhals“ durch antivirale Therapie
Das Forschungsteam des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Leibniz-Instituts für Virologie (LIV) ging der Frage nach, ob Patienten mit lang anhaltenden Infektionen zur Entstehung neuer SARS-CoV-2-Varianten beitragen. Die Experten unter der Leitung von Nicole Fischer (UKE/Virologie) und Adam Grundhoff (LIV/Virusgenomik) untersuchten, ob Covid-19-Erkrankte mit länger nicht in den Griff zu bekommenden Infektionen grundsätzlich eine erhöhte Virus-Evolution aufweisen oder ob bestimmte Behandlungsformen die Entstehung neuer Mutationen fördern.
Dabei ging es insbesondere um antivirale Therapien, beispielsweise mit Remdesivir oder Rekonvaleszenz-Plasma. “Unsere Arbeit zeigt, dass es nicht die lange Infektionsdauer an sich ist, welche die Bildung neuer Varianten nach sich zieht, sondern dass es dazu vielmehr eines ‘evolutionären Flaschenhalses’ bedarf, wie er beispielsweise durch eine antivirale Behandlung entstehen kann”, sagte Nicole Fischer.
Proben von 14 schwerkranken Corona-Patienten
In der Studie wurde die genomische Vielfalt in Längsschnittproben von 14 Patienten mit längerer viraler Belastung (30 bis 146 Tage) während einer schweren Covid-19-Erkrankung untersucht. Darunter waren auch immungeschwächte und immunkompetente Kranke mit oder ohne antivirale Behandlung, um in der Studie das Auftreten von Mutationen mit und ohne Selektionsdruck zu bewerten.
Das Ergebnis: Patienten mit lang anhaltender SARS-CoV-2-Infektion und antiviraler Remdesivir-Behandlung zeigten einen deutlichen Anstieg der viralen Diversität mit neu auftretenden Mutationen. Im Gegensatz dazu konnte bei Patienten, die ausschließlich eine entzündungshemmende Behandlung erhielten, nur sporadisch das Auftreten neuer Varianten beobachtet werden.
Bei Paxlovid bisher keine Resistenzen oder Mutationen
“Insgesamt war das Virus in den allermeisten untersuchten Personen erstaunlich stabil“, so Grundhoff. Allerdings sei es bei einer Patientin, die mit Remdesivir behandelt wurde, unmittelbar nach Behandlungsbeginn zur Bildung einer hohen Anzahl von Mutationen gekommen, darunter auch mindestens eine, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhöhte Resistenz gegenüber Remdesivir hat.
In den vergangenen Monaten gab es immer wieder vereinzelt wissenschaftliche Studien, welche auf die Möglichkeit hinwiesen, dass das Virus Resistenzen gegen Covid-19-Therapeutika entwickeln könnte. Monoklonale Antikörper verloren außerdem immer wieder wegen neuer Virus-Varianten ihre Wirksamkeit, weil sie eben ganz spezifisch gegen eine oder wenige Varianten gerichtet sind. Weniger dramatisch war das bisher bei Substanzen wie Paxlovid, das eine Wirksamkeit von um die 90 Prozent aufweist. Dagegen haben noch keine neuen Virusvarianten in der Behandlung merkbare Resistenz ausgebildet.
(apa/red)
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