Mittwoch, September 11, 2024

“ÖVP nimmt in Kauf, Justiz zu zerstören” – NEOS-Kritik an Wöginger-Ausritt

NEOS-Kritik an Wöginger-Ausritt

Nachdem ÖVP-Klubchef Wöginger in gewohnt derber Manier Ermittler angegriffen hat, kommt jetzt deutliche Kritik vonseiten der NEOS.

Wien, 29. Mai 2021 | In Politkreisen ist klar: Für die ÖVP geht es jetzt um alles oder nichts. Deshalb setzt die Kanzlerpartei ihre harten Attacken auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) fort. Die NEOS stellten sich am Wochenende hinter die Ermittler.

Derber Wöginger-Ausritt

ÖVP-Klubchef August Wöginger bezeichnete die Ermittlungen gegen Justizsprecherin Michaela Steinacker als “politisch motiviert”. Wöginger, bekannt für Ausritte im Stile eines wahlkämpfenden Generalsekretärs, schickte sogleich eine Drohung hinterher: Die ÖVP werde sich das “nicht gefallen lassen”, ohne näher darauf einzugehen. Ein Vertreter der WKStA, Oberstaatsanwalt Matthias Purkart, hatte sich zuletzt über “Störfeuer” bei den Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker beschwert.

“Wir sehen das auch als politisch motiviert an. Es kann nicht sein, dass hier einfach Abgeordnete oder Regierungsmitglieder herausgepickt werden, obwohl es eine Vielzahl an vergleichbaren Fällen auch bei anderen Fraktionen gibt”, behauptete Wöginger laut Vorabmeldung für die Sendung “ATV Aktuell” am Samstagabend (um 19:20 Uhr), in der es um die geplanten Untreue-Ermittlungen gegen Steinacker geht. Um die Ermittlungen ausführen zu können, muss das Parlament für die Aufhebung der Immunität Steinackers stimmen, wofür die Stimmen der Grünen nötig sein werden.

NEOS-Kritik an ÖVP, Grüne unter Zugzwang

Die NEOS stellten sich am Samstag hinter die Ermittler und warnten vor den Folgen der Attacken der ÖVP. “Die ÖVP nimmt in Kauf, mit ihrer Verteidigungslinie gegen Ermittlungen das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Justiz zu zerstören”, sagte Vizeklubchef Nikolaus Scherak in einer Aussendung als Reaktion auf die ATV-Vorabmeldung. Die ÖVP müsse aufhören, in ihrer Panik wild herumzuschlagen: “Ich erwarte mir auch, dass die Grünen ihre Verantwortung für den Rechtsstaat wahrnehmen und das nicht schweigend zur Kenntnis nehmen.”

Die Staatsanwälte ermitteln gegen eine Reihe aktiver und ehemaliger ÖVP-Politiker, allen voran Kanzler Sebastian Kurz wegen falscher Zeugenaussage sowie Finanzminister Gernot Blümel wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einem Spendenangebot des Glücksspielkonzerns Novomatic. Seit Mittwoch ist bekannt, dass auch ÖVP-Justizsprecherin Steinacker unter Untreueverdacht steht. Die WKStA will dem Hinweis einer Whistleblowerin nachgehen, wonach Steinackers gut bezahlter Posten bei der Immobilienfirma Raiffeisen Evolution in den Jahren 2013 bis 2017 eine Art verdeckte Parteispende an die ÖVP war.

WKStA ermittelt ohne Scheuklappen

Allerdings geht die WKStA bei weitem nicht ausschließlich gegen ÖVP-Politiker vor: Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage in einem Untersuchungsausschuss gibt es auch gegen den burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil. Und erst am Freitag wurde eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs gegen den niederösterreichischen Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) bekannt.

(red/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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