Wartungsarbeiten
Offiziell wegen Wartungsarbeiten, ist tagelang das Warmwasser von Moskau bis Wladiwostok abgedreht.
Moskau, 12. Juli 2021 | Im Winter kommt die Kälte in Russland von draußen, im Sommer aus dem eigenen Wasserhahn. Zumindest für einige Tage. Dann drehen Kommunalbetriebe im ganzen Land einem Großteil der Bürger vorübergehend das warme Wasser ab. Wartungsarbeiten an den oft noch aus Sowjetzeiten stammenden Rohren sind der offizielle Grund. Vielen Russen bleibt dann nur, darauf zu hoffen, dass das Wetter mitspielt und die unfreiwillige Dusch-Eiszeit zumindest als angenehme Erfrischung durchgehen kann.
Vorwurf an Behörden
Doch auch dann hält sich die Begeisterung oft mehr als in Grenzen. “Wir haben das dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Und in Russland wird nach wie vor im Sommer das warme Wasser abgestellt”, beschwert sich ein Nutzer in einem Online-Portal. Ein anderer beklagt sich darüber, dass seine Haut leide, weil die Seife unter kaltem Wasser nicht schäume. Hartnäckig hält sich zudem der Vorwurf, die kommunalen Unternehmen von Kaliningrad bis ins fernöstliche Kamtschatka wollten mit der sommerlichen Maßnahme in erster Linie Heizenergie sparen.
Andere nehmen die Situation mit Humor. Gemäß dem Motto “Geteiltes Leid ist halbes Leid” ist das russische Internet in den Sommermonaten voll von Sprüchen und Bildern rund ums Thema kalt duschen. Man sei kein echter Russe, wenn man das ganze Jahr über warmes Wasser habe, impliziert eines. Manch einer kann der Situation sogar etwas abgewinnen. Eine kalte Dusche sei gut für den Kreislauf, heißt es in einigen Foren.
Auch Hotels betroffen
Eher irritiert reagieren hingegen ausländische Touristen, denn auch zahlreiche russische Hotels sind nicht mit Durchlauferhitzern ausgestattet. Immer wieder bemängeln Reisende in ihren Bewertungen deshalb eine kalte Überraschung im Badezimmer. Zumindest in der Ostseemetropole St. Petersburg, wohin zur Fußball-EM kürzlich Tausende Fans gereist waren, wollte man sich eine Welle der Häme aber offenbar ersparen – und unterbrach die Kaltwasser-Zeit zwischen Anfang Juni und Mitte Juli. Fein raus sind außerdem die verhältnismäßig wenigen Glücklichen mit Gas-Boiler in der Wohnung.
Not macht aber auch erfinderisch. Besonders beliebt und mit der Pandemie verträglich ist Umfragen zufolge aber ohnehin das Erhitzen von Wasser auf dem Herd oder im Wasserkocher. Es geht aber auch weitaus kreativer: Sie sollten doch einfach ihre Waschmaschine anzapfen, um an die Mangelware Warmwasser zu kommen, rät ein Online-Portal seinen Lesern: Heißen Waschgang starten, Abwasserschlauch in die Badewanne halten – fertig.
Wem all das zu aufwendig ist, dem empfiehlt ein sibirisches Online-Portal Trockenshampoo oder – wenn der Geldbeutel das zulässt – häufigere Friseurbesuche. Und der Rest des Körpers? Auch kein Problem: “Menschen haben Feuchttücher erfunden, mit denen man alles auf der Welt abwischen kann – auch den Körper.”
(apa/red)
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