Regierung streicht Förderung:
Tausende Arbeitnehmer nahmen seit 2017 gewerkschaftliche Beratung in ihrer Muttersprache in Anspruch. Damit ist jetzt Schluss. Arbeitsminister Kocher kippt das Projekt.
Wien, 19. Juli 2021 | Das ÖGB-Projekt “Muttersprachliche Beratung” steht vor dem Aus. Das Arbeits- und Sozialministerium hätten die Förderungen eingestellt, beklagt der Gewerkschaftsbund. Konkret geht es um eine Summe von 400.000 Euro für die kommenden zwei Jahre. Arbeitsminister Kocher ließ wissen, dass sich das Ministerium das Angebot nicht mehr leisten könne – die Förderung des Projekts sei aus budgetären Gründen aufgrund der erhöhten Ausgaben im Rahmen der Coronakrise beendet worden. Zudem verwies man auf ähnliche Angebote, etwa durch das AMS.
Raus aus der Illegalität
Rund 3.500 Personen haben laut ÖGB in den vergangenen zwei Jahren die 2017 gestartete Rechtsberatung in Sprachen wie etwa bulgarisch, rumänisch, ungarisch, türkisch und arabisch in Anspruch genommen. Das Projekt bietet kostenlose Unterstützung bei Behördenwegen, Kommunikation und Kontakthaltung mit Vereinen und Botschaften. “Viele KlientInnen können so aus der Illegalität in legale Beschäftigungsverhältnisse geholt werden”, argumentiert der Gewerkschaftsbund.
Laut Arbeitsministerium wäre das Programm im April 2021 ursprünglich ausgelaufen, wurde dann aber im Mai um weitere dreieinhalb Monate bis 15. August dieses Jahres verlängert. Danach erfolgte die Beendigung der Förderung aus budgetären Gründen. Die weitere Verlängerung des Projekts ab Mitte August werde jedoch sowohl seitens des Arbeits- als auch des Sozialministeriums mit jeweils 10.000 Euro gefördert, hieß es.
Kocher will keine sozialpolitische Beratung fördern
“Gewerkschaftliche Beratungsangebote, die breitere sozialpolitische Fragestellungen abdecken”, können laut Arbeitsministerium nicht mehr ausschließlich aus der zweckgebundenen Gebarung Arbeitsmarktpolitik gefördert werden. Des Weiteren obliege die Fortsetzung des Projekts “aufgrund der sozialpolitischen Aspekte des Projekts” nicht der alleinigen Kompetenz des Arbeitsministeriums, hieß es außerdem.
Für das Beratungsteam des ÖGB wäre das endgültige Aus der Muttersprachlichen Beratung jedenfalls “ein herber Rückschlag und eine Katastrophe für die KollegInnen, die sich an uns wenden und Hilfe suchen”. Viele von ihnen seien undokumentiert beschäftigt, würden “gnadenlos ausgebeutet” und hätten keinen Zugang zu Sozialleistungen.
(APA/red)
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