Fragestunde an Karner
Als Hardliner, der in die Stapfen seines Vorgängers Karl Nehammer treten möchte, präsentierte sich der neue Innenminister Gerhard Karner heute im Nationalrat. Nachgewiesene Pushbacks an Österreichs Grenzen gibt es laut ihm nicht.
Wien, 16. Dezember 2021 | Fragestunde im Parlament heißt, dass eine Stunde lang alle Abgeordneten, die möchten, Fragen an einen Minister stellen können. Dieser ist anwesend und antwortet sofort. So geschehen Donnerstagmorgen für Innenminister Gerhard Karner. Dabei war das Thema Migration zentral. Die FPÖ wollte etwa wissen, was Karner gegen die aus ihrer Sicht „exorbitant hohe Zahl an illegalen Grenzübertritten von etwa 30.000 in diesem Jahr“ unternehmen möchte. Der freiheitliche Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer wollte wortwörtlich wissen, ob Karner dazu bereit wäre, „den Grenzschutz konsequent umzusetzen im Sinne von verstärkten Pushbacks an der Grenze.“
Bei Pushbacks handelt es sich um staatliche Maßnahmen, geflüchtete Menschen, die meist an Grenzen aufgegriffen werden, wieder über die Grenze außer Landes zu bringen. Dabei wird ihr Recht auf das Stellen eines Asylantrags missachtet, Pushbacks sind daher illegal und verstoßen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Karner antwortete, dass es in Österreich keine Pushbacks gäbe. Das entspricht nicht der Wahrheit, was der Innenminister eigentlich wissen müsste.
Pushbacks richterlich festgestellt
Anfang Juli stellte ein Richter beim Landesverwaltungsgericht Steiermark fest, dass Pushbacks „in Österreich teilweise methodisch Anwendung finden“. Hintergrund war eine Maßnahmenbeschwerde, die in der Causa eines 21-jährigen Marokkaners eingebracht wurde. Dieser wurde Ende September 2020 in der Steiermark aufgegriffen und nach wenigen Stunden trotz klarer Bitte um Asyl nach Slowenien zurückgewiesen. Der Richter entschied, dass dieses Vorgehen rechtswidrig war. Er kam außerdem zu dem Schluss, dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Kettenabschiebungen über Slowenien und Kroatien nach Bosnien-Herzegowina handle, von denen auch die involvierten Beamten wissen. Im Innenministerium wies man zuerst alle Vorwürfe zurück und erklärte, der Geflüchtete hätte keinen Asylantrag gestellt. Nach dem Richterspruch wurde lediglich auf die Landespolizeidienststelle Steiermark verwiesen.
Hardliner Karner
Generell beteuerte Karner beim Thema Migration immer wieder, dass er den Weg seines Vorgängers Karl Nehammer „konsequent“ weiter gehen werde. Auch bei der Frage von SPÖ und NEOS zu nächtlichen Abschiebungen von gut integrierten Kindern blieb Karner auf Linie. Das Kindeswohl werde nach dem ausgearbeiteten Leitfaden der im Winter gegründeten Kindeswohlkommission befolgt, aber es sei „wichtig und richtig“ eine gerade Linie zu halten und Entscheidungen von Gerichten zu befolgen.
Immer wieder betont Karner auch, wie wichtig die Arbeit der Polizei in Österreich ist. Konkrete Antworten auf die Frage, wie man der wachsenden rechtsextremen Bedrohung entgegentreten wolle, gab es allerdings nicht. Auf Demonstrationen müsste die Exekutive streng durchgreifen, Antisemitismus habe keinen Platz, man sei wachsam und arbeite auch international zusammen, um gemeinsam wachsam zu sein.
Wertschätzung für Polizei, aber nur mit Worten
An Lob für Polizisten und Polizistinnen sparte Karner ebenfalls nicht. Das Mittel der unkonkreten Antworten trieb der Innenminister beim Thema Coronabonus für die Exekutive allerdings auf die Spitze. SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck wollte von Karner wissen, wann der von seinem Vorgänger Nehammer versprochene Bonus für die Exekutive kommen soll und wie hoch dieser ausfallen wird. Karners Replik darauf war ein minutenlanges Loblied auf die Polizei. Keck wartete sichtlich auf die Antwort auf seine Frage, aber sie kam nicht. Wortreich wurde die Frage nicht beantwortet.
Bei der SPÖ wollte man das nicht hinnehmen, Vize-Klubchef Jörg Leichtfried forderte von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eine Antwort einzumahnen. Sobotka nahm das zur Kenntnis und schwieg. Derzeit gibt es für Polizistinnen und Polizisten Wertschätzung also nur in mündlicher Form.
Dollfuß-Museum und Antisemitismus
Bezüglich des Dollfuß-Museums in der Gemeinde Texting, für die Karner bis zuletzt als Bürgermeister tätig war, und das durch seine unkritische Aufbereitung medial auch als „Pilgerstätte“ bezeichnet wurde, berief sich Karner erneut auf den im Mai gestarteten Überarbeitungsprozess. Dazu arbeite man seit Mai mit dem Verein „MERKwürdig“ zusammen.
Für seine Aussagen in einem Wahlkampf, in denen Karner von „Herren aus Amerika und Israel, die das politische Klima vergiften“ die Rede ist, entschuldigte sich Karner erneut. Dies seien klar antisemitische Diktionen, die hier verwendet wurden, so Fragestellerin Stephanie Krisper von den NEOS. Karner erklärte, sich auch gegenüber der israelitischen Kultusgemeinde entschuldigt zu haben, diese Aussagen vor 13 Jahren so getätigt zu haben.
(bp)
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