Samstag, Juli 27, 2024

Aktion »Alma«

ÖVP gegen Justizministerin:

Wenn die großen ÖVP-Prozesse beginnen, ist es für Nehammer, Sobotka und Mikl-Leitner zu spät. Die Kanzlerpartei hat nur noch eine Chance: die Justizministerin stürzen und den Partner wechseln. An ersten Plänen wird gearbeitet.

 

Wien, 17. April 2022   Schramböck. Schallenberg. Plakolm. Polaschek. Tanner. Kocher. Raab. Karner. Und Nehammer. Brunner, den Namen des Finanzministers, musste ich googeln, um ihn dazuschreiben zu können. Zehn Namen, bei denen die einen nur lachen, weil ihnen nichts besseres einfällt. Den anderen ist das Lachen vergangen.

Wo sind die Zeiten, als man auf Ministerinnen wie Elisabeth Sickl zeigte, weil man sich diese Ausnahme an Unfähigkeit an der Spitze des Sozialministeriums nicht vorstellen konnte? Nach acht Monaten reichte es im Oktober 2000 sogar ihrer Partei, der FPÖ. Inzwischen ist der ÖVP-Teil der Bundesregierung vollkommen versickelt.

Wenn ein Bundeskanzler hinter dem Rücken von Bundespräsident, Koalitionspartner und den Partnern in der EU zum russischen Führer fährt, um ihm „in die Augen zu schauen“ und sich dann herausstellt, dass das nur ein Ablenkungsmanöver von einer schlecht vertuschten Affäre war, erweitert er sein Scheitern nur um die letzte Dimension: die Lächerlichkeit.

Ende der ÖVP?

Jede Maßnahme, jeder Plan und jeder Auftritt verstärkt den Eindruck: Österreich wird von Witzfiguren regiert. Aber der Zustand ist schlechter. Österreich wird nicht mehr regiert. Mitten im Ukraine-Krieg, vor den nächsten Pandemiewellen, mit explodierenden Energiepreisen und Mieten und mit Tausenden Betrieben und Hundertausenden Menschen, die nicht mehr können, stehen wir am Beginn einer großen europäischen Krise ohne handlungsfähige Regierung da.

Vielleicht begleiten wir gerade das Ende der ÖVP, so wie Italien vor langer Zeit das Ende seiner christdemokratischen Partei begleitet hat. Das könnte sogar das Gute, das jede Krise mit sich bringt, sein. Aber was kommt dann? Wer übernimmt dann das, was vom Ruder noch übrig ist?

Zwei Weichen

Vor kurzem rechneten sich Optimisten noch eine Mehrheit aus SPÖ, Neos und Grünen herbei. Aber SPÖ und Grüne scheinen ihre Chance, Schluss zu machen und gemeinsam mit den Neos neu anzufangen, bereits verschlafen zu haben. Jetzt werden zwei andere Weichen gestellt.

Weiche 1 heißt „MFG/FPÖ“. In Zeiten fehlender Alternativen wählen immer mehr Menschen das, was sich am deutlichsten von den Regierenden unterscheidet. Das sind neue Aluhüte und alte Freiheitliche. Wenn es so weitergeht, werden sie die rot-grün-pinke Mehrheit verhindern.

Aber wer wird regieren? Dazu wird Weiche 2 gestellt. Diese Weiche stellt die ÖVP. Ihr Plan ist auch diesmal bestechend einfach. Zuerst wird mit der verlässlichen Hilfe von FPÖ und „befreundeten“ Journalistinnen die Justizministerin ruiniert. Nach einer anonymen Anzeige prüft die Universität Wien die Einleitung eines Plagiatsverfahrens gegen Alma Zadic und ihre Dissertation. Nach dem Sommer soll entschieden werden. Bis dahin hat die ÖVP Zeit, öffentlich die Schnur um den Hals der Ministerin enger zu ziehen.

ÖVP oder Zadic „daschlogn“

Die Vorwürfe gegen Zadic haben einen sachlichen Kern. Aber im Vergleich mit der Dissertation von EU-Kommissar Johannes Hahn erkennt man ihre Dimension. Zadic muss nicht weg, weil sie mangelhaft dissertiert hat. Sie muss weg, weil die ÖVP das Justizministerium zurückhaben will. Wenn sie Ministerin bleibt, beginnen demnächst jahrelange Prozesse gegen Spitzen der Partei. Die ÖVP hat jetzt noch die Wahl, wer „daschlogn“ wird: die Justizministerin oder die ÖVP.

Vor der Rettungskoalition mit der FPÖ muss nur noch eine Frage geklärt werden: Kommt es zum fliegenden Wechsel, wie es für die ÖVP angenehmer wäre? Oder setzt Herbert Kickl durch, dass davor gewählt wird und ein ÖVP-Kanzler mit stärkeren Partnern leben muss?

Vor dem Beginn der „Aktion Alma“ liegt die Wahl bei Werner Kogler und seiner Partei. Laufen die Grünen ins letzte Messer, das die ÖVP für sie bereithält? Oder kommen sie wieder auf die Beine und machen endlich Schluss?

Wahrscheinlich muss sich Werner Kogler nur über eines klarwerden: Seine Regierung mit der ÖVP hält nicht bis 2024. Dazu ist die ÖVP bereits zu schwach. Es geht nur noch um eine Frage: Welcher der beiden Koalitionspartner beginnt mit dem Versuch, sich selbst zu befreien?

Ergänzung: Nach Erscheinen dieses Kommentars werde ich von mehreren Seiten auf das Fehlen der Namen “Köstinger” und “Edtstadler” hingewiesen. Mit ihnen wächst die Liste der seltsamen Ministerinnen der ÖVP auf 12.

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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