Montag, April 29, 2024

ÖVP schießt sich auf Staatsanwalt ein

ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss:

Abgeordnete Corinna Scharzenberger (ÖVP) versuchte wiederholt, von Staatsanwalt Georg Schmid-Grimburg ein Befangenheits-Eingeständnis zu bekommen. Schließlich schritt die Verfahrensrichterin ein.

Wien, 4. März 2022 | Bei ihrer Befragung des Staatsanwalts Georg Schmid-Grimburg versuchte Corinna Scharzenberger (ÖVP) wiederholt, von diesem ein Befangenheits-Eingeständnis zu bekommen. Ein Grund dafür soll nach Scharzenberger sein, dass Schmid-Grimburg derzeit gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten ermittelt, den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), Johann Fuchs. Unter anderem, denn Schmid-Grimburg leitet auch die Ermittlungen gegen den Fuchs-Vertrauen Christian Pilnacek und Ex-ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Zusammen bilden sie, wie die BMI-Chats nahelegen, eine zentrale Achse der schwarzen Netzwerke in der Justiz. Für alle drei gilt die Unschuldsvermutung.

Schmid-Grimburg entgegnete, weder er noch das Justizministerium hätten ein Problem gesehen, sonst wäre er den Ermittlungen auch nicht zugeteilt worden. Verfahrensrichterin Christa Edwards stoppte schließlich Scharzenbergers wiederholte Versuche, Schmid-Grimburg als befangen darzustellen. Der Staatsanwalt habe die Frage ausreichend beantwortet.

Ermittlungen gegen ehemaligen Vorgesetzten

Georg Schmid-Grimburg ist in der Regel für die Staatsanwaltschaft (StA) Wien tätig, dort wäre Johann Fuchs sein Vorgesetzter. Aber weil er derzeit der bei der StA Innsbruck dienstzugeteilt ist, hat nun die Innsbrucker Oberstaatsanwaltschaft (OStA) die Aufsicht über seine Verfahren.

Schmid-Grimburg ermittelt nun gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten, weil zwei Staatsanwaltschaften (StA) – Wien einerseits, Innsbruck andererseits – unabhängig voneinander einen Anfangsverdacht gegen Christian Pilnacek festgestellt hatten. Schmid-Grimburg war in Wien mit dem Verfahren rund um eine möglicherweise verratene Hausdurchsuchung beim Investor Michael Tojner befasst gewesen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens war Tojners Handy ausgewertet worden. Die Auswertungen hatten zu einem konkreten Tatverdacht gegen Christian Pilnacek geführt. Schmid-Grimburg leitete daraufhin ein Verfahren ein, erfuhr aber, dass bereits die StA Innsbruck ein Verfahren gegen den Justizsektionschef eingeleitet hatte. Daraufhin trat er das Verfahren nach Innsbruck ab.

Im Laufe der Ermittlungen gegen Pilnacek ist auch Johann Fuchs in den Fokus der StA Innsbruck geraten, er ist mittlerweile auch angeklagt. Er soll gegenüber Pilnacek Amtsgeheimnisse verraten und vor dem Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt haben. Der OStA-Chef beschwerte sich darüber, dass er durch seinen ehemaligen Untergeordneten Schmid-Grimburg vernommen wurde.

Akteneinsicht für Pilnacek hinter Ermittler-Rücken

Aus der Befragung Schmid-Grimburgs am Mittwoch ging hervor, dass Fuchs seinem Vertrauten Pilnacek offensichtlich Einsicht in Verschlussakten gewährt hatte – Akten aus einem Verfahren, in dem Pilnacek selbst der Angezeigte gewesen war. Ob Angezeigte Verschlussakten zu sehen bekommen, entscheidet aber eigentlich der verfahrensführende Staatsanwalt: In diesem Fall Schmid-Grimburg.

Dass der Oberstaatsanwalt sich über die Zuständigkeit Schmid-Grimburgs hinweggesetzt habe, sei unüblich. Ob er das an sich dürfe oder nicht, wisse er aber nicht, sagte der Ermittler. Er könne sich aber an keinen ähnlichen Vorfall erinnern.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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22 Kommentare

  1. Eine Suspendierung von Pilnacek, Brandstetter und Fuchs ist zu wenig:

    “Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Für die Dauer der vorläufigen Suspendierung erfolgt eine Auszahlung ohne Kürzung.”

    Es kann doch nicht sein, dass der Steuerzahler fürs Nichtstun der Spitzenbeamten mit Erinnerungsverlust und Auskunftsverweigerung (Entschlagung) aufkommen muss.

  2. Was sich Pilnacek alles erlauben kann ist unfassbar. Es kann doch nicht sein, dass man wartet, bis jemand strafrechtlich verurteilt ist, um ihn zu entlassen. Da sind zahlreiche rote Linien überschritten worden und niemand tut etwas. Da gehören die Gesetzte geändert und denen in der Privatwirtschaft angeglichen. Es kann doch nicht sein, dass die (denglisch) Compliance oder Corporate Governance Richtlinen der Justiz und die Welser Erkärung sowie der Richtereid vollkommen ohne jede Konsequenz verletzt werden können und nur das Strafrecht das Maß der Dinge ist. Pilnacek und offenbar Fuchs müssen weg. Man sieht, wie unglaublich zahnlos das Dienstrecht ist und/oder gehandhabt wird, wenn der immer noch im Amt ist nach den Chats, Geheimnisverrat, unerlaubte Akteneinsicht …

    Auch wenn man ihm strafrechtlich nichts nachweisen kann muss er zumindest seien Job verlieren! Es kann doch nicht sein, dass wir so Spitzenbeamte mit Gedächtnisverlust, auf Kosten der Steuerzahler durchfüttern müssen.

    • Spitzenbeamte mit Erinnerungsverlust, die durch Entschlagung nichts zur Aufklärung beitragen wollen, sollen dadurch strafrechtlich nichts zu befürchten haben, aber ihren Job verlieren, das ist in der Privatwirtschaft nicht anders und dem Steuerzahler nicht anders zumutbar. Es kann nicht sein, dass quasi nur das Strafrecht maßgeblich ist.

      Auch bei Befangenheit ist das österr. Recht zu wenig scharf. Wenn in Ö sich jemand arglistig verhalten will und seine Befangenheit verschweigt ist man in Ö ausgeliefert. Hier gehört viel sensibler mit dem Thema Vereinszugehörigkeit, CV, Bekanntschaft, Du-Wort … umgegangen. Die Justiz kontrolliert sich slebst und das funktioniert überhaupt nicht. Man kennt sich und man richet sich’s daher heißen sie wohl Richter.

  3. Abgeordnete Corinna Scharzenberger (ÖVP) versuchte wiederholt, von Staatsanwalt Georg Schmid-Grimburg ein Befangenheits-Eingeständnis zu bekommen.

    Und Sobi ist immer noch Vorsitzender im U-Ausschuss und in der Regierung….offensichtlicher als Sobs befangenheit geht nicht mehr…Vorsitzender in ermittlung wegen korruption seiner Partei…
    Wo gibts das, ausser in Ö…

    • Lieber Surfer, in der Republik Obervolta gab es das. Aber als es nach seiner Befreiung von seinen Kolonialfesseln, 1984 zu Burkina Faso (Land des aufrichtigen Menschen) emanzipierte, war es mit solchen Umtrieben vorbei.
      Ob uns Pöbelianern auch eine solche Emanzipation gelingt?
      Es muss heller werden Österreich!

  4. Pilnacek war und ist der faule Apfel in der Justiz. Selbiger hat seit seiner Inthronisation eifrig und erfolgreich daran gearbeitet, eine Familienjustiz in der Justiz aufzubauen. Selbiges wurde von korrekt agierenden Beamten, von Anfang an mit Argwohn betrachtet. Jeder wusste, ein Abweichen, bzw. Aufmucken gegen die neue Machtstruktur, zöge letale Karriereeinbrüche nach sich. An dieser Stelle herzlichen dank an Herrn Schmid und anderen Vielchattern, die viel Licht ins Dunkel gebracht haben.
    Pilnacek war und ist eine Erfindung des größten Politverbrechers der 2. Republik. Leider steht Herr Lüssel über dem Gesetz, er verfolgt die Entwicklungen und Malversationen im Lande, mit einer gewissen Gelassenheit. Dies ist auch der oftmaligen Erholungsurlaube, auf seinen Latifundien in Ungarn geschuldet-Eurofighter sei Dank…
    Es muss heller werden Österreich!

  5. Manchmal, ja manchmal in guten Momenten (solch berichtete Stellungnahmen lesend zB), “seh” ich dort – weit weg – ferne am Horizont ein wärmendes Dämmern im Anbruch eines ersehnten, hellen Tages nach dieser langen frostig kalten Nacht …

  6. Da stellt sich der Rotzbua her und phantasiert von roten Netzwerken. Wenn Frechheit Siegen würde, dann hätten wir den schlimmsten Kanzler aller Zeiten noch immer.

  7. „Wenn Sie heute eine Zeitung aufschlagen, wimmelt es von Korruptionsfällen. Korruption hat es früher auch gegeben – aber wenn es herauskam, war der Mann erledigt. Heute sagt man, er hat sich nicht geschickt genug angestellt.“
    ―Philipp Freiherr von Boeselager

    • Karrierist war auch mal ein Schimpfwort. Heute fühlen sich die Leute geadelt davon.

      Wir sind natürlich schon abgestumpft jetzt mit den massiv vielen Korruptionsfällen. Aber wir haben die auch von Anfang an mitverfolgt. Drum ist da ein bissl die Luft draußen zum Aufregen. Jene, die das nicht so mitverfolge, kommen allerdings durch die Fülle an Einzelfällen ^^ nicht mehr umhin, diese wahrzunehmen. Das sind jetzt andere Dimensionen, wo es zu dämmern beginnt.

  8. Fuchs/Pilnacek ist eine ganz üble Zweckgemeinschaft.

    Aber es wird ihnen in unserem dubiosen Justizsystem nichts passieren. Da sei die ÖVP vor.

  9. Marek sagte im U-Ausschuss, dass man rechtsrichtige Entscheidungen von Staatsanwälten nicht hinterfragen darf. Sobald aber ein Staatsanwalt gegen die schwarzen Netzwerke auftritt, wird versucht ihn (oder sie) fertig zu machen.

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