Sonntag, Mai 5, 2024

Asyl-Diskussion: Innenminister Karner mit »neuer« Kreativlösung

Das in der ÖVP beliebte Thema Asyl wurde heute von Innenminister Karner (ÖVP) bespielt. In einem Statement gegenüber der deutschen „Die Welt“ hatte er den Vorschlag von Asylzentren in Drittstaaten neu aufgewärmt. Doch die von massiven Misstönen begleitete Idee bleibt in der Umsetzung weiterhin unrealistisch.

 

Wien, 8. Juni 2022 | Nachdem bereits ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner auf Twitter ins Asyl-Horn geblasen hatte, folgt heute Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Dieser hat sich vor dem Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag dafür ausgesprochen, nach dem Vorbild Großbritanniens und Dänemarks Asylwerber in Drittstaaten zu bringen. “Es wäre eine gute Lösung, künftig Migranten von der EU in Drittstaaten zurückzuschicken und dort ihre Asylanträge prüfen zu lassen”, sagte Karner gegenüber der deutschen Zeitung “Die Welt”. Die Idee ist nicht neu und steht nach wie vor im Widerspruch zur aktuellen Gesetzeslage.

Der Staat als Schlepper?

Das Modell sieht vor, Menschen, die einen Asylantrag in Österreich stellen wollen, künftig in Drittländer außerhalb der EU zu transferieren. Die Drittstaaten sollten im Gegenzug wirtschaftlich unterstützt werden, forderte der Innenminister. “Wer nicht schutzberechtigt ist, muss wieder in sein Herkunftsland zurückkehren. Wer einen Anspruch auf Asyl hat, bekommt Schutz in der EU”, so Karner, der aber zugleich die massiven Hürden für sein Vorhaben betonte: „Dazu müssten aber einige europäische Gesetze geändert werden und klar muss auch sein: Diese Lösung kann nur kommen, wenn alle EU-Länder zustimmen.“ Die vieldiskutierten Quoten zur Verteilung von Geflüchteten in der EU bleiben auch für den noch jungen Innenminister Karner ein rotes Tuch.

Probleme könnte es nicht nur vonseiten anderer EU-Staaten und der europäischen Gerichte geben: Denn bisher hat sich noch kein Drittstaat gefunden, der sich an Österreichs Asylpolitik beteiligen will.

One-Way-Ticket nach Ruanda – Vorbild Großbritannien und Dänemark

Großbritannien hat seinerseits ein umstrittenes Abkommen mit Ruanda geschlossen. Demnach sollen ab kommender Woche zahlreiche illegal eingereiste Migranten nach Ruanda geschickt werden. Dort können sie einen Antrag auf Asyl stellen. Ist ihr Asylantrag erfolgreich, können sie nicht im Vereinigten Königreich, sondern in Ruanda leben. Im Gegenzug erhält Ruanda entsprechende finanzielle Mittel. In Großbritannien trafen die Pläne auf massive Kritik von der Opposition, Verbänden, der Kirche und selbst innerhalb der regierenden Tory-Partei.

Das dänische Parlament hat Anfang Juni ein Gesetz verabschiedet, das Asylzentren in anderen Ländern möglich macht. Damit können die Behörden Asylbewerber in Drittländer zwingen, wo sie auf den Ausgang ihres Prozesses warten müssen. Ähnlich wie Großbritannien will auch Dänemark ein Abkommen mit Ruanda abschließen, blieb bisher allerdings erfolglos. Das skandinavische Land hat sich einige Ausnahmen im EU-Recht ausverhandelt, die das neue Gesetz möglich machten. In Österreich wäre dies laut Professor Zachary Whyte von der Universität Kopenhagen derzeit nicht rechtskonform.

Dänemarks sozialdemokratische Regierung betreibt offiziell eine Null-Migration Politik. Ziel des potenziellen Abkommens mit afrikanischen Staaten wie Ruanda, ist die Abschreckung zukünftiger Migranten. In Kopenhagen hofft man, dass man niemanden nach Ruanda deportieren muss, weil ohnehin niemand mehr nach Dänemark kommen will.

Rassistisch motiviert?

Bei den Geflüchteten aus der Ukraine zeigte sich die dänische Regierung entgegenkommender als bei Migranten aus Afrika oder der arabischen Welt. Die Kriegsflüchtlinge aus dem europäischen Osten seien kulturell näher als Geflohene aus Syrien, so das Argument. Was die kulturelle Nähe zwischen Afghanistan und Ruanda anbelangt, dazu schweigt das dänische Migrationsprogramm.

„Beschämend“

Für Herbert Langthaler von der Asylkoordination Österreich ist es „beschämend, wenn der österreichische Innenminister auf EU-Ebene solche Vorstöße unterstützt“. Er weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass es wie bei anderen Themen auch hierbei Einstimmigkeit in der EU brauche. „Der Innenminister sollte besser seine Hausaufgaben machen und sich um Betroffene in Österreich einsetzen, anstatt eine Scheinfront zu eröffnen und Themen in die Öffentlichkeit bringen, die keine Relevanz haben“, spielt Karner auf die gegen Null gehenden Erfolgsaussichten Karners an.

SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yılmaz betont auf ZackZack-Anfrage, der Vorstoß von Karner zeige „dass es die ÖVP nötig hat, von aktuellen Themen wie der Teuerung, auf die sie keine Antworten findet, abzulenken.“ Zur Frage eines europäischen Verteilungsschlüssels meint Yılmaz: „Es ist völlig unverständlich warum sich Karner nach wie vor gegen eine faire Verteilung, von der auch Österreich profitieren würde, stemmt.  Wir sehen gerade anlässlich des Krieges in der Ukraine, dass es möglich ist und gut funktioniert.“

Auch vom grünen Koalitionspartner gab es eine Absage: „Österreich ist sehr wohl an internationale Verträge gebunden. Wir haben uns dazu bekannt, dass wir Menschen, die bei uns Schutz suchen, diesen Schutz auch gewähren“, sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf Anfrage.

In diesem Jahr sind die Ausgaben für die Grundversorgung von Geflüchteten aufgrund des Ukrainekriegs von zuletzt 227 Millionen auf 450 Millionen Euro gestiegen. Das entspricht einem Anstieg von rund 0,1 Prozent auf 0,2 Prozent aller staatlicher Ausgaben.

Update 14:42: Der Artikel wurde um das Statement der SPÖ ergänzt.

(dp)

Titelbild: APA Picturedesk

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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21 Kommentare

  1. Der Dollfüßler ruft nach einem österreichischen Guantanamo. Um mit Wilhelm Busch zu sprechen: Grausam heiter geht es weiter…

  2. Diese kleinkarierte, österreichische Denke, kein Weitblick, keine internationalen Zusammenhänge, keine Geschichts- bzw. Geographiekenntnisse, sich in Kleinkram verzettelnde reaktionäre, visionslose, menschenverachtende Regierung ist bedrohlich.
    Wie soll einer aus dieser Regierung auch nur ein einziges Problem lösen?

    • … warum “Probleme lösen”??? -> Genügt doch reichlich, wenn man nur welche in die Welt bringt, oder? (und am besten gleich so, dass niemand im Land vor Entsetzen zum Durchschnaufen kommt…)

  3. zuerst bräuchte es eine funktionierende trennung in verschiedene gruppen
    – jene, die aus persönlichen (familiären, arbeit, ausbildungs) gründen zu uns kommen
    – jene, die aufgrund einer realen verfolgung zu uns kommen und
    – jene, die aufgrund wirtschaftlicher verhältnisse – “to live the dream” kommen

    über diese themen gehört getrennt voneinander geredet und mit denen gehört auch entsprechend unterschiedlich umgegangen – inklusive der nötigen mittel für eine überprüfung von angaben wie z.B geburtsdaten!

    als zweiten schritt bräuchte es einen funktionierenden vollzug unserer gesetze,
    jemand, der zu erkennen gibt, dass ihm unsere werte (sprich: gesetze) egal sind hat hier nichts zu suchen …

    es darf nicht sein, dass sich da einerseits leute bewaffnen (!) können [egal aus welcher “ecke” oder idiologie kommend] man andererseits aber weg gesperrt wird, wenn man seine parkstrafe nicht zahlen kann (weil man z.B in armut lebt) … da läuft doch was falsch!

    • Es geht um die Hungernden. Es geht um die Verhungernden. Es ist Putins Kriegsstrategie, Europa mit Flüchtlingsströmen in die Knie zu zwingen.

  4. Nachdem RU 2014 die Krim überfallen, eingenommen und systematisch die Institutionen mafiös besetzt hatte, fand in RU eine Wochenshow im Staatsfernsehen zur erfolgreichen Annexion der Krim statt. Es wurde erörtert, wie das so schnell und reibungslos ablaufen konnte. Die Wochenshow schloss der Moderator Dimitrij Kisseljow euphorisch zusammenfassend: “Früher hieß es, der Sieger schreibt Geschichte. Heute wird Geschichte geschrieben, um zu siegen!”

    Diese Umkehrung sagt, dass zuerst eine Geschichte erfunden wird, die Geschichte werden soll, damit sie Geschichte wird. Wir sind 2014 dieser Geschichte gefolgt, und wir haben den Zusammenhang der Flüchtlingskrise 2015 nicht in Zusammenhang mit Krim-Annexion gebracht: Weil die Flüchtlingskrise zwar eine Folge der RU Erpressungspolitik war, aber nicht Bestandteil der Geschichte. Der Geschichte, die RU vorher schon schrieb.

    (Fast) Off topic. Nachfolgendes beseitigt das Off.

    • Wir haben nun einen ÖAAB geschulten Innenminister und in der Riege der höchsten Verantwortungsträger sind nur mehr parteiliche, dorfgeschulte Akteure. Die Beratungsstäbe sind aus dem selben Umfeld. Das ist wie bei einem Kleingartenverein.

      Wenn ein Innenminister, der für unser aller Sicherheit zuständig ist, mit solchen “Ideen” in der Öffentlichkeit hausieren geht, dann hat er seine Dorfgemeinschaft vor Augen, mit entsprechendem Horizont. Es ist die geopolitsche Strategie Putins Europa mittels gewaltigen Flüchtlingsströmen in die Knie zu zwingen. Und unser Innenminister will seine Energie, jetzt wo das klar ist, dafür aufwenden, die Zwerge im Schrebergarten zu ordnen.

      Egal, wer heute irgendetwas zu Flüchenden sagt und diese geopoltische Dimension nicht einbezieht, gefährdet unser aller Sicherheit. Die Kleingartenregierung macht mir Angst.

      • Diese Regierung macht mir genauso Angst wie Ihnen und ich bin begeistert ob Ihrer Zusammenfassung, speziell die Metapher mit dem Kleingartenverein ist überaus treffend.. Ich fürchte, nicht nur die Regierung, auch viele in der Opposition, erkennen nicht wie brandgefährlich die Situation ist, geschweige denn der Großteil der Bevölkerung. Ihren Ausführungen ist nichts hinzuzufügen, außer, dass ich hoffe, dass es nicht so heftig kommt wie ich befürchte.

      • Blendend gefälliges Wording im gewählten Aphorismus des Kompetenzrahmens im IM-Gartenzwerg-Kleingarten-Vereines, Herr plot_in! *shampoo* 😉

      • Was Ihre Analyse unseres Innenministers anbelangt, gebe ich Ihnen recht, aber Putin flute Europa mit Flüchtlingen? Na,na! Die paar Ukrainer! Da gibt es einen ganz anderen “Europa mit Flüchtlingen-Fluter”! Wer bombte und bombt in Nordafrika und im Nahen Osten? Na, na…

          • Und natürlich ist der bitterböse Wladimir auch an den vor Hunger zitternden “Afrikandern” schuld! Alles klar!

  5. Wer auch immer die Abschiebungspolitik betreibt, muss mit sehr vielen Ländern Verträge machen. Ein aufwändiges Unterfangen, das nicht viel bringt, da kosten die Vertragsvorbereitungen und Vertragsbedingungen mehr als eventuelle Unterstützung in einem EU-Land. Gratis nimmt Ruanda ja nicht zurück. Das wird sich jedes Land bezahlen lassen. Das Geld kriegen dann wieder Reiche in die Hände, aber nicht die Abgeschobenen. Solange man Einzelne zum Abschieben identfizieren kann, sehe ich keinen ökonomischen Sinn, weil ihre Zahl offenbar so gering ist, dass ein Tracing möglich ist.

    Aber es kann schlimmer kommen. RU liefert kein Getreide mehr an die WHO, solange RU Odessa nicht überfallen kann (Seeminen hindern die Flotte). Gleichzeitig blockiert RU ukrainische Lieferungen an die WHO. Beide Länder zusammen stellten etwa 50% des Getreides für das World Food Programme der WHO. Sie verkauften es an die WHO zu Weltmarktpreisen, die WHO gab es günstiger weiter, um Hungersnöte zu vermeiden.

    • Diese Maßnahme stützte die Preise in jenen Ländern, die keine Chance haben, Ernährung sicherzustellen. Steigen die Preise in Ägypten, dann ist der Broterwerb für 20 Millionen Menschen in Ägypten nicht mehr leistbar. Jene 20 Millionen, die zuhause keinen Backofen haben, um selbst Brot zu backen. Diese kochen mit Campngkochern aus Gaskartuschen warme Mahlzeiten ab und zu und essen Brot dazu.

      Weitere 20 Millionen laufen in Jahr Gefahr in die selbe Situation zu kommen. Das sind 40 Millionen Menschen, die den Hungertod vor Augen haben. Und das allein aus einem Land, Ägypten. Werden sie bleiben oder werden sie wandern?

      Für den Fall, dass größere Wanderungsbewegungen entstehen, wird Frontex mit entschiedener Härte vorgehen, egal welche Verpflichtungen Europa hat. Aber Frontex wird es ebensowenig wie die europäischen Armeen schaffen, dass nicht massive Zuwanderung “passiert”. Allein in Nordafrika stehen 100 Millionen Menschen vor dem Problem, eine Wanderung ins Auge zu fassen. 10% bis 30% kommen trotz massiver Sperren durch. Wenn wir von 10 Millionen Flüchtenden in einem Jahr ausgehen, dann wird ein Tracing nicht mehr möglich sein (wie bei Corona auch), die Verträge kosteten viel Geld, werden aber sinnlos. Sie werden genau dann sinnlos, wenn man sie am meisten “braucht”.

      Man denke an die Flüchtlingskrise 2015. Da ging es “nur” um 2 Millionen. 2014 nahm Putin die Krim ein, die Erpressung der WHO erprobte er bereits damals, sodass im Jahr 2015 die Flüchtlingsströme da waren. Der Einmarsch in die Ukraine war lange geplant und ist als hybrider Krieg angelegt. Die Erhöhung der Energieabhängigkeit Europas spielt da ebenso mit wie das Aussetzen der Kornlieferungen. Alles Erpressungsmittel. Davon wurde 2014 kaum berichtet, es wird auch heute kaum darüber berichtet, dass RU die Erpressung ja schon durchführt, indem er die Getreidelieferungen an die WHO verweigert, bis Odessa freiegeben ist und “der Westen” ALLE Sanktionen aufhebt.

      • … der erste “wahnsinnige Kriegstreiber”, der der ganzen Welt vor Augen führt, WAS geplante, global vorsätzlich hybride Kriegsführung tatsächlich bedeuten kann…!

  6. Ich möchte auch lebenslang so üppige Sozialhilfegelder wie die Flüchtlinge, dann brauch ich auch nicht mehr arbeiten und kann lebenslang urlauben.

  7. Schwarz blaue Politik. Aber was hätte man sich sonst vom Museumsdirektor erwartet?
    Immer das gleiche Spiel……

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