Freitag, Dezember 13, 2024

EU-Kommission empfiehlt Ukraine-Beitritt

Nach dem multilateralen Staatsbesuch europäischer Regierungschefs in Kiew wird der Tenor um die Verleihung des EU-Beitrittsstatus an die Ukraine immer lauter. Auch die EU-Kommission hat nun eine Empfehlung für den Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau abgegeben. In Österreich will man das nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Wien, 17. Juni 2022 | Die Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Italien und Rumänien haben sich bei ihrer Kiew-Reise am Donnerstag klar und deutlich für die Anerkennung der Ukraine als EU-Beitrittskandidat ausgesprochen. Nun hat am Freitag auch die Europäische Kommission in Brüssel unter der Leitung von Ursula von der Leyen diesen Status für die Ukraine sowie für Moldau empfohlen.

Hohe Erwartungen

Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach in einer Videoansprache nach dem Treffen am Donnerstag von einem „historischen Tag“ für sein Land. Die Ukraine sei seit ihrer Unabhängigkeit nie näher an die Europäische Union gerückt. Den Gesamteindruck wertet er als positiv und findet sogar lobende Worte für Scholz, von welchen es bisher nicht viele gab. Der Besuch von Scholz war mit hohen Erwartungen verknüpft gewesen.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk hoffte Donnerstagabend in der TV-Sendung “Maybritt Illner” (ARD), dass die Reise eine klare Sicht auf das Ausmaß der Zerstörung geschaffen hat und Scholz die Notwendigkeit rascher und effizienter Hilfe erkennen würde. Bisher war Deutschland mit der Zusage von Waffenlieferungen zurückhaltend. Nach langem Zögern hat die Bundesregierung zuletzt eine Lieferung schwerer Waffen zugesagt.

„Meine Kollegen und ich sind heute mit einer klaren Botschaft nach Kiew gekommen: Die Ukraine gehört zur europäischen Familie“, sagte Scholz am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kiew. Damit unterstrich er das Argument, die Ukraine nach dem Angriff von Russland mehr an die EU binden zu müssen, indem man ihr den Kandidatenstatus verleiht.

Gespaltene Meinung

Allerdings sehen das nicht alle EU-Mitglieder so. Hinter den Kulissen soll es nach Angaben von EU-Diplomaten gegenüber Medien einige Länder geben, die die Verleihung des Kandidatenstatus mit Skepsis sehen. Bis zuletzt sollen neben der Niederlande, Portugal, Schweden und Dänemark auch Frankreich und Deutschland dazugehört haben.

Ein Land mit ungelösten territorialen Konflikten könne nicht der EU beitreten, hieß es. Daher sei es zu früh und nur ein rein symbolischer Akt. Außerdem habe die Ukraine ein großes Korruptionsproblem und müsse noch an ihrer Rechtsstaatlichkeit feilen. Aus diesen Gründen knüpft die Europäische Kommission die Empfehlung nun auch an Auflagen.

Auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Bedenken, die er der deutschen Zeitung “Welt” gegenüber geäußert hat: „Wir müssen sicherstellen, dass dieselben Maßstäbe angewandt werden wie auch bei anderen Beitrittswerbern aus dem Westbalkan. Vor diesem Hintergrund wäre es für mich etwa nicht vorstellbar, der Ukraine einen Kandidatenstatus zu gewähren und zugleich Länder wie Bosnien-Herzegowina weiterhin außen vor zu halten.“

Bosnien hat bereits 2016 einen Antrag auf Beitritt gestellt und gilt bis dato lediglich als “potenzieller Beitrittskandidat”. Es dürfe bei dem Prozedere keine Doppelstandards oder “Beitrittswerber erster und zweiter Klasse” geben, fügte Nehammer hinzu.

So oder so: Der Weg zur Mitgliedschaft wird für die Ukraine voraussichtlich Jahre dauern und tiefgreifende Reformen erfordern.

(nb)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

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