Freitag, April 26, 2024

Mikl-Leitner: »Asylunterkunft Drasenhofen erinnerte an Gefängnis«

Amtsmissbrauchprozess gegen Waldhäusl

In St. Pölten läuft der Prozess gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl weiter, am Montag mit prominenter Zeugin: Es sagte Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor Gericht aus, Drasenhofen habe Erinnerungen an ein Gefängnis geweckt. Waldhäusl findet den Vergleich „scheinheilig“.

St. Pölten, 20. Juni 2022 | Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte am Montag vor Gericht aus, das Asylquartier Drasenhofen habe “Assoziationen mit einem Gefängnis” entstehen lassen. Sie war im Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen Asyl-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und eine frühere Landesbedienstete als Zeugin befragt worden.

2018 waren minderjährige Geflüchtete in Niederösterreich in das mit Stacheldraht umzäunte und streng bewachte Asylquartier Drasenhofen verlegt worden. Mikl-Leitner hatte die Anlage noch im selben Jahr geschlossen und gesagt, ein Stacheldraht habe “dort nichts verloren”. Die Entscheidung, die Unterkunft zu schließen, hatte sie mit dem Bericht der Kinder- und Jugendanwältin begründet.

Asyllandesrat Waldhäusl sah sich nicht zuständig

Mikl-Leitner sagte aus, sie sei von ihrem Büro darüber informiert worden, dass die Zustände in Drasenhofen nicht den Anforderungen für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Es habe etwa kein pädagogisches Konzept gegeben. Deshalb habe sie gebeten, sofort die Verlegung in eine adäquate Einrichtung zu veranlassen. Weil sich Asyl-Landesrat Waldhäusl dafür nicht zuständig fühlte, sei der Verfassungsdienst gebeten worden, diese Sache juristisch zu prüfen. “Keinerlei Wahrnehmung” hat Mikl-Leitner, ob die Jugendlichen durchgängig in der Grundversorgung waren.

Über Planungen für das Asylquartier Drasenhofen hatte Mikl-Leitner “keinerlei Informationen”, weil dies in den Verantwortungsbereich des Landesrats falle. Zu Waldhäusl meinte sie auf Frage der Richterin: “Ich denke schon, dass er gewusst hat, wofür er zuständig ist.”

Stacheldraht und mehr persönlich angeordnet

In Bezug auf Drasenhofen “von einem Gefängnis zu sprechen, ist für mich scheinheilig”, meinte Waldhäusl. Er legte dem Schöffensenat ein Foto eines mit Stacheldrahtzaun begrenzten Gebäudes in Zwentendorf (Bezirk Tulln) vor, in dem seinen Angaben zufolge 153 niederösterreichische Volksschulkinder ein Jahr lang unterrichtet wurden. Das sei damals nicht pädagogisch beanstandet worden. Es sei hier nicht geprüft geworden, ob die Kinder in ihrer Entwicklung gefährdet sind. Die Übersiedlung von Flüchtlingen sei Sache der Einrichtungen, betonte die frühere Landesbedienstete. Wenn sich ein Jugendlicher geweigert habe, sei er auch nicht verlegt worden.

Bereits Ende 2018 war allerdings bekannt geworden, dass Waldhäusl persönlich angeordnet hatte, Stacheldraht anzubringen und Wachhunde anzuschaffen. Und er beauftragte eine Sicherheitsfirma mit der Bewachung des Heims. Das Nachrichtenmagazin „Profil“ berichtete damals, dass im Sicherheitskonzept für das Heim explizit „Wünsche des Herrn Landesrat“ angeführt worden waren. Der Aufenthalt sollte demnach möglichst unangenehm gestaltet werden. Die Verlegung einiger Jugendliche in das neue Quartier war dann per Mail von einer Landesbeamtin angeordnet worden. Sie steht nun ebenfalls mit Waldhäusl vor Gericht.

Anklage nicht nur wegen Amtsmissbrauchs

Die beiden Beschuldigten sollen laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben, weil sie die Verlegung in das Quartier Drasenhofen veranlasst haben sollen. Damit seien die Jugendlichen einer “ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen” worden. Der ehemaligen Landesbediensteten wird neben Amtsmissbrauch auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung angelastet, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Waldhäusl und die Mitangeklagte haben sich nicht schuldig bekannt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Auch in einer anderen Sache hat sich Waldhäusl ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs eingehandelt. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten ermittelt, weil Waldhäusl zu Beginn des Kriegs in der Ukraine angekündigt hatte, „Triage im Asylbereich“ betreiben zu wollen. Er wollte ukrainischen Geflüchteten den Vorzug vor Schutzsuchenden aus Syrien oder Afghanistan geben. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

(apa/pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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17 Kommentare

  1. Es war ein Landesrat IHRER Landesregierung, Frau Mikl-Leitner!

    Und sie hatte keinen Anlass, als Landeshauptfrau diese üblen blauen Aktivitäten zu unterbinden?

    Oder wollten sie es schlicht und einfach nicht, weil das Schikanieren von Flüchtlingen auch wunderbar in ihre eigene politische Ausrichtung passt?

    Sie machen es sich aber sehr leicht, Frau Mikl-Leitner! Eigentlich machen sie es sich ZU LEICHT für den Job, den sie darzustellen versuchen !

  2. Na warten wir ab was dann bei den Wahlen wieder für Sprüche losgelassen werden.
    Eine Drecksbande, sowohl die Effen als auch die VP

    • Ja kann wirklich heiter werden wenn die ÖVP wieder einmal versucht die FPÖ rechts zu überholen und die FPÖ dann wiederum feststellt dass ihre Position dann eben gänzlich rechtsaußen sein muss. Davor graust mir jetzt schon. 👀

  3. Tragisch.

    Und tragisch ist auch, dass durch solche Artikel der Eindruck entsteht, es gäbe in Österreich ein Flüchtlingsproblem.

    Was nicht der Fall ist.

    Wieso hat Zackzack das notwendig?

  4. ML und das Waldklosett. Ein Schaukampf…mehr nicht.
    Würde Sie wirklich wollen, wäre er nicht mehr auf seinem Posten.

    • Mit seinem aktuellen Einsatz gegen Tiertransporte demonstriert er doch nur dass er gewillt ist sogar Schweine besser zu behandeln als dunkelhäutige bzw. muslimische Flüchtlinge. Kann mir nämlich nur sehr schwer vorstellen dass so ein Mensch ein Herz für Schlachttiere hat.

  5. Kleines Detail am Rande
    Im Wahlkampf sagte Waldhäusl über die damalige Innenministerin Mikl-Leitner, sie habe „den Flüchtlingen noch die Jause zugeworfen, damit sie gestärkt sind fürs Vergewaltigen“. Diesen Satz nimmt er nicht zurück.

    Die Landeshauptfrau reagierte darauf ausgesprochen „zahm“ und ließ lediglich über eine Aussendung wissen, dass sie „nicht glücklich mit den Aussagen des Landesrats“ sei.

    https://www.hagerhard.at/blog/2022/02/waldhaeusl-super-sauber/

  6. Hani Tant machen Sie sich nicht lächerlich, sie haben keinen Grund böses zu verbreiten, warten wir ab was bei Euch noch alles ans Licht kommt.

  7. Wo sind “die guten alten Zeiten” hin, wo man unter einschlägig medialem Getöse und feierlich türkiser Padronanz dem begeisterten Reitsportler Ex-IM Kickl hoch zu Rosse profilierungsneurotisch noch die Gelegenheit gab, ein Asyl-Aufnahmezentrum in ein Asyl-Ausreisezentrum umbenamt in Szene setzen zu dürfen… Wo geschah es? Ich glaube mich recht daran zu entsinnen, dass es genau in diesem Bundesland nämlich passieren konnte… Verantwortung als Landeshauptfrau? Weshalb? Sie nickte die baulichen Gegebenheiten samt diesem Stacheldrahtzaun und die doch nett dazu passende Schutzhundestaffel nur ab…? ER – der “da drüben” in Anklage steht – war doch der Landesrat dafür…!? Ich, HML, bin nur die in Erbpacht gewordene Landesmutter und möchte bestenfalls dazu nur um beiläufige Auskunft gefragt werden…

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