Amtsmissbrauchprozess gegen Waldhäusl
In St. Pölten läuft der Prozess gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl weiter, am Montag mit prominenter Zeugin: Es sagte Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor Gericht aus, Drasenhofen habe Erinnerungen an ein Gefängnis geweckt. Waldhäusl findet den Vergleich „scheinheilig“.
St. Pölten, 20. Juni 2022 | Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte am Montag vor Gericht aus, das Asylquartier Drasenhofen habe “Assoziationen mit einem Gefängnis” entstehen lassen. Sie war im Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen Asyl-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und eine frühere Landesbedienstete als Zeugin befragt worden.
2018 waren minderjährige Geflüchtete in Niederösterreich in das mit Stacheldraht umzäunte und streng bewachte Asylquartier Drasenhofen verlegt worden. Mikl-Leitner hatte die Anlage noch im selben Jahr geschlossen und gesagt, ein Stacheldraht habe “dort nichts verloren”. Die Entscheidung, die Unterkunft zu schließen, hatte sie mit dem Bericht der Kinder- und Jugendanwältin begründet.
Asyllandesrat Waldhäusl sah sich nicht zuständig
Mikl-Leitner sagte aus, sie sei von ihrem Büro darüber informiert worden, dass die Zustände in Drasenhofen nicht den Anforderungen für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Es habe etwa kein pädagogisches Konzept gegeben. Deshalb habe sie gebeten, sofort die Verlegung in eine adäquate Einrichtung zu veranlassen. Weil sich Asyl-Landesrat Waldhäusl dafür nicht zuständig fühlte, sei der Verfassungsdienst gebeten worden, diese Sache juristisch zu prüfen. “Keinerlei Wahrnehmung” hat Mikl-Leitner, ob die Jugendlichen durchgängig in der Grundversorgung waren.
Über Planungen für das Asylquartier Drasenhofen hatte Mikl-Leitner “keinerlei Informationen”, weil dies in den Verantwortungsbereich des Landesrats falle. Zu Waldhäusl meinte sie auf Frage der Richterin: “Ich denke schon, dass er gewusst hat, wofür er zuständig ist.”
Stacheldraht und mehr persönlich angeordnet
In Bezug auf Drasenhofen “von einem Gefängnis zu sprechen, ist für mich scheinheilig”, meinte Waldhäusl. Er legte dem Schöffensenat ein Foto eines mit Stacheldrahtzaun begrenzten Gebäudes in Zwentendorf (Bezirk Tulln) vor, in dem seinen Angaben zufolge 153 niederösterreichische Volksschulkinder ein Jahr lang unterrichtet wurden. Das sei damals nicht pädagogisch beanstandet worden. Es sei hier nicht geprüft geworden, ob die Kinder in ihrer Entwicklung gefährdet sind. Die Übersiedlung von Flüchtlingen sei Sache der Einrichtungen, betonte die frühere Landesbedienstete. Wenn sich ein Jugendlicher geweigert habe, sei er auch nicht verlegt worden.
Bereits Ende 2018 war allerdings bekannt geworden, dass Waldhäusl persönlich angeordnet hatte, Stacheldraht anzubringen und Wachhunde anzuschaffen. Und er beauftragte eine Sicherheitsfirma mit der Bewachung des Heims. Das Nachrichtenmagazin „Profil“ berichtete damals, dass im Sicherheitskonzept für das Heim explizit „Wünsche des Herrn Landesrat“ angeführt worden waren. Der Aufenthalt sollte demnach möglichst unangenehm gestaltet werden. Die Verlegung einiger Jugendliche in das neue Quartier war dann per Mail von einer Landesbeamtin angeordnet worden. Sie steht nun ebenfalls mit Waldhäusl vor Gericht.
Anklage nicht nur wegen Amtsmissbrauchs
Die beiden Beschuldigten sollen laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben, weil sie die Verlegung in das Quartier Drasenhofen veranlasst haben sollen. Damit seien die Jugendlichen einer “ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen” worden. Der ehemaligen Landesbediensteten wird neben Amtsmissbrauch auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung angelastet, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Waldhäusl und die Mitangeklagte haben sich nicht schuldig bekannt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Auch in einer anderen Sache hat sich Waldhäusl ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs eingehandelt. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten ermittelt, weil Waldhäusl zu Beginn des Kriegs in der Ukraine angekündigt hatte, „Triage im Asylbereich“ betreiben zu wollen. Er wollte ukrainischen Geflüchteten den Vorzug vor Schutzsuchenden aus Syrien oder Afghanistan geben. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.
(apa/pma)
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