Samstag, Juli 27, 2024

»Fahren Sie mich sofort zum Kapitol« – Zeugin packt über Trump aus

Zeugin packt über Trump aus

Es sind verstörende Szenen, die eine Ex-Mitarbeiterin im Weißen Haus vor dem Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Erstürmung beschrieb. Demnach soll Donald Trump von bewaffneten Demonstranten gewusst und in seiner Limousine randaliert haben. 

Washington, 29. Juni 2022 | Eine Zeugin hat vor dem Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Erstürmung in Washington schwere Anschuldigungen gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump erhoben. Dieser habe gewusst, dass einige seiner Anhänger damals bewaffnet gewesen seien, sagte Cassidy Hutchinson, Ex-Mitarbeiterin im Weißen Haus, bei einer Anhörung am Dienstag.

“Ich bin der verdammte Präsident”

Nach Angaben des Untersuchungsausschusses trugen zahlreiche Demonstranten, die sich am 6. Jänner 2021 zur Unterstützung Trumps in Washington versammelt hatten, Waffen bei sich. Der damalige Präsident habe jedoch erklärt, es interessiere ihn nicht, ob seine Anhänger bewaffnet seien, sagte Hutchinson. “Sie sind nicht hier, um mir weh zu tun”, soll Trump gesagt haben, bevor er sie in seiner Rede dazu aufrief, zum Kapitol zu marschieren.

Cassidy Hutchinson sagte unter Eid aus, und belastete Trump schwer (Bild: AFP)

Als der Präsident nach der Ansprache in seinen Wagen gestiegen sei, sei ihm gesagt worden, dass er sich nun nicht seinen Anhängern anschließen könne, die zum Kapitol strömten, berichtete Hutchinson weiter. Daraufhin habe Trump zu seinem Fahrer gesagt: “Ich bin der verdammte Präsident – fahren Sie mich sofort zum Kapitol” und ins Lenkrad gegriffen. Der Chaffeur habe ihn aufgefordert, seine Hand vom Lenkrad zu nehmen und ihm deutlich gemacht, dass er ihn zurück ins Weiße Haus bringen werde.

Hutchinson, die sich bei ihrer Aussage auf Berichte eines anderen Regierungsbeamten berief, gehörte zum inneren Zirkel im Weißen Haus und war Assistentin von Trumps Stabschef Mark Meadows.

Ex-Präsident poltert in eigenem Online-Netzwerk

Nach ihren Schilderungen hatte der Rechtsvertreter des Weißen Hauses, Pat Cipollone, in dieser Situation erhebliche rechtliche Bedenken über einen möglichen Anschluss Trumps an seine Anhänger. “Uns wird jedes erdenkliche Verbrechen vorgeworfen werden, wenn das passiert”, zitierte Hutchinson den Berater.

Trump versuchte Hutchinson noch während der im Fernsehen übertragenen Anhörung mit Kommentaren in seinem Online-Netzwerk Truth Social zu diskreditieren. Er bezeichnete ihre Schilderungen als “Fake-Geschichte” und sprach mit Blick auf die Anhörungen von einem “Pseudogericht”. US-Medien berichteten später, dass die beteiligten Mitarbeiter des Secret Service möglicherweise bereit seien, auszusagen und Hutchinsons Darstellung zu dementieren. Der Secret Service reagierte zunächst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Trump sei klar gewesen, dass es zu Gewalt kommt

Hutchinson berichtete außerdem, Trump und seinen Gefolgsleuten sei vor dem 6. Jänner 2021 klar gewesen, dass es zu Gewalt kommen könne. Damit widersprach sie der Darstellung des Trump-Lagers, der Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol sei spontan gewesen und die scheidende Regierung habe damit nichts zu tun gehabt. Vielmehr sagte Meadows laut Hutchinson vier Tage vor den Ereignissen: “Die Dinge können richtig, richtig schlimm werden am 6. Jänner.”

Trump hatte nach seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 alle Hebel in Bewegung gesetzt, um an der Macht zu bleiben. Er und sein Umfeld verbreiteten unter anderem nicht belegte Wahlbetrug-Vorwürfe. Trauriger Tiefpunkt der Kampagne war der Sturm Hunderter radikaler Trump-Anhänger auf das Kapitol, als dort der Wahlsieg von Joe Biden zertifiziert werden sollte.

Der Sturm aufs Kapitol am 6. Jänner 2021 (Bild: AFP)

Die Ausschreitungen mit fünf Toten sorgten weltweit für Entsetzen. Der Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Erstürmung hält derzeit eine Reihe öffentlicher Anhörungen ab, um die damaligen Vorgänge aufzudecken.

(mst/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Markus Steurer

    Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.

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