80 statt 100 Euro
Weil bei den Schulstartpaketen gespart wird, werden es armutsbetroffene Eltern im Herbst noch schwerer haben, ihre Kinder mit Materialien für das nächste Schuljahr auszustatten.
Wien, 08. Juli 2022 | Mit dem Schulstart geht für Eltern nicht nur organisatorischer Stress, sondern auch eine hohe finanzielle Belastung einher. Vor allem einkommensschwache Familien müssen jeden Euro umdrehen, um ihre Kinder vollausgestattet in das neue Schuljahr schicken zu können.
Nun hat das von den Grünen geführte Sozialministerium beschlossen, ausgerechnet die Ausgaben für Schulstartpakete zu kürzen. Gerade in Zeiten der Teuerung wären solche Entlastungen aber dringend notwendig.
Armutsbetroffene Familien haben Anspruch
Die Schulstartpakete wurden 2015 vom Sozialministerium eingeführt, um einkommensschwachen Haushalten bei der Besorgung von Schulmaterialien unter die Arme zu greifen. Einen Anspruch haben Bezieher der Mindestsicherung oder Sozialhilfe und damit armutsbetroffene Familien. Die Pakete bestanden aus Schulmaterialien im Wert von ungefähr 100 Euro und wurden zu 85 Prozent aus EU-Fördermitteln finanziert.
Letztes Jahr wurden 41.680 Pakete vergeben, wofür das Sozialministerium von der EU sechs Millionen Euro bekommen hat. Die Förderungen sind jedoch an die Umsetzung gewisser EU-Vorgaben gebunden.
Es soll „das Ziel der sozialen Inklusion von Schüler:innen aus einkommens- und vermögensschwachen Haushalten“ verfolgt werden und damit zu einer „Ausbalancierung von Ungleichheiten und zur Förderung von Verwirklichungschancen“ beitragen. Menschen in der Grundversorgung haben keinen Anspruch, trotz der EU-Vorgabe der Inklusion Drittstaatsangehöriger zur „Förderung der sozioökonomischer Integration“.
Weniger Budgetmittel von EU
Dieses Jahr sieht es jedoch anders aus: Bezugsberechtigte Personen bekommen zwischen Mitte Juli und Mitte August einen Brief, mit dem sie bei Abholstellen der Volkshilfe einen Gutschein im Wert von 80 Euro abholen können.
Dieser Gutschein kann im Zeitraum von Mitte August bis 1. Oktober bei Libro oder Pagro Diskont für Schulartikel verwendet werden. Das Sozialministerium soll dieses Jahr bei der EU nur 2.8 Millionen beantragt haben. Ein Sprecher des Sozialministeriums erklärt auf Twitter die EU habe ihre Budgetmittel gekürzt.
Kritik von ÖGB und Arbeiterkammer
Die Kürzung wird von der SPÖ, Arbeiterkammer und ÖGB scharf kritisiert. SPÖ-Bildungssprecherin Petra Tanzler bemängelte die Umstellung von Sachpaketen im Wert von 100 Euro auf 80 Euro Gutscheine. Diese Änderung solle zurückgezogen werden und stattdessen soll es eine Erhöhung geben.
Auch die ÖGB und die Arbeiterkammer sind empört darüber, dass es ausgerechnet dieses Jahr, wo so viele unter „massiver Inflation und Teuerung“ leiden, statt zu einer Anpassung zu einer Kürzung gekommen ist. „Hier wird bei denen gekürzt, die dringend auf jede Unterstützung angewiesen sind. Das Schulstartpaket ist ein kleines, aber wichtiges Element in der Bekämpfung von Kinderarmut.“, so die Bereichsleiterin für Bildung in der Arbeiterkammer Wien Ilkim Erdost.
Die Arbeiterkammer bietet daher eine finanzielle Unterstützung für armutsgefährdete Familien mit bildungsspezifischen Ausgaben für ihre Kinder. Der Verein Flüchtlingsprojekt Ute Bock bietet Menschen in der Grundversorgung ohne Anspruch auf den Gutschein eine Unterstützung in der Anschaffung von Schulsachen.
(nw)
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