Samstag, September 14, 2024

Wien Energie: Opposition fordert Kommission, FPÖ Ludwigs Rücktritt

Wien Energie:

Die Situation rund um Wien Energie sorgt für dicke Luft in der Wiener Stadtregierung. NEOS und die Oppositionsparteien fordern geschlossen Aufklärung. Die FPÖ geht sogar noch weiter.

Wien, 30. August 2022 | Während die Verhandlungen um staatliche Unterstützung der Wien Energie noch laufen, fordern der pinke Koalitionspartner der Wiener SPÖ und die Opposition Aufklärung. Die FPÖ möchte gar Anzeige erstatten und fordert den Rücktritt von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Ludwig selbst meldete sich erst am Dienstag zu Wort und war bei einer Pressekonferenz um Beschwichtigung bemüht.

Zoff in der Stadtregierung

NEOS, der Koalitionspartner der SPÖ in Wien, üben harsche Kritik an den Vorgängen in der Wien Energie. Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Chef der Wiener NEOS, forderte am Dienstag via Aussendung “schonungslose Aufklärung”. Die bekannt gewordenen Geschäftsvorgänge seien “untragbar”, befand er.

Das “Schlamassel” gehöre im Detail aufgeklärt. „Das aktuelle Krisenmanagement der Wien Energie ist unzureichend und ihrer Kommunikation fehlt jeglicher Willen zur Transparenz“, urteilte Wiederkehr. Es müsse alles dafür getan werden, damit nicht Steuerzahler zur Kasse gebeten werden und die Versorgung der Wiener müsste vorangestellt werden. Er forderte auch, dass sich langfristig Regularien und Gesetze ändern, um künftig umfassende Kontrollen zu ermöglichen und Transparenz zu gewährleisten.

U-Kommission nicht möglich, aber Rechnungshof prüft

Auch die FPÖ fordert neue Kontrollmöglichkeiten, wobei die Blauen auch auf den Umstand verwiesen, dass NEOS zuletzt einer Reform der gemeinderätlichen Untersuchungskommission zugestimmt hätten, in der diese Möglichkeit eben nicht aufgenommen wurde.

Die Grünen kündigten an, eine schriftliche Anfrage an Bürgermeister Ludwig richten zu wollen. Sie fordern ebenfalls eine Untersuchungskommission. Dafür wolle man auf die Wiener ÖVP zugehen. Diese dürfte damit sehr einverstanden sein, hat sie doch selbst im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag „volle Transparenz“ gefordert. ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner ortete indes auf Twitter eine Mitschuld der NEOS: “Es ist erstaunlich, dass sie nichts hinterfragt und alles mitgetragen haben.”

Aktuell dürfte eine U-Kommission nicht möglich sein, da ausgegliederte städtische Unternehmen hier nicht Untersuchungsgegenstand sein können. Dazu müsste zuvor das Stadtparlament eine neuerliche Änderung beschließen. Allerdings hat der Rechnungshof am Dienstag angekündigt, die Wien Energie zu prüfen.

FPÖ will Ludwig und Hanke anzeigen

Die FPÖ prüft außerdem eine Anzeige gegen Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) wegen “Verdachts des Amtsmissbrauchs”, wie Parteichef Dominik Nepp und Klubobmann Maximilian Krauss erläuterten. Ludwig habe mittels Notkompetenz Mittel für die Wien Energie aus dem Stadtbudget freigemacht. Darüber hätte er umgehend den zuständigen Ausschuss informieren müssen. Die erste Tranche von 700 Mio. Euro gab es im Juli, wie Nepp betonte. Erst im September darüber zu informieren – wie es offenbar angedacht sei – sei zu spät. Für die Blauen ist Ludwig rücktrittsreif.

Wien Energie weist Spekulationsvorwürfe zurück

Für die Freiheitlichen handelt es sich bei der Causa um den bisher größten Finanzskandal der Stadt. Es gehe keineswegs nur um Sicherstellung (“Margins”) von zukünftigen Käufen. Vielmehr dürfte es sich um nicht gedeckte Leerverkäufe in der Höhe von 13 Milliarden Euro handeln, behaupteten die Freiheitlichen.

Auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat die hinter der finanziellen Schieflage der Wien Energie stehenden Geschäfte im “Ö1“-Morgenjournal am Dienstag als “mutmaßlich spekulativ” bezeichnet. Für eine genaue Beurteilung lägen zwar noch nicht ausreichend Informationen vor, es stehe aber fest, dass der Energieversorger “riesige Verpflichtungen” eingegangen sei, die er jetzt nicht erfüllen könne.

Die Wien Energie wies solche Spekulationsvorwürfe am Dienstag in einer Aussendung zurück: “Ein Spekulationsverbot ist in unseren Risikohandbüchern dezidiert festgehalten, wir tätigen selbstverständlich keine Leerverkäufe.“ Die Geschäftstätigkeit werde jährlich unabhängig geprüft. Man handle vorausschauend, daher sei man in Gespräche mit dem Bund eingetreten.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

13 Kommentare

13 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Sicherheitsrisiko „Kickl“

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!