Montag, Oktober 14, 2024

Russland händigt Schafe für mobilisierte Männer aus

In der stark verarmten sibirischen Provinz Tuwa wird den Familien, aus denen ein Mann für den Krieg in der Ukraine mobilisiert wurde, ein kurioser Ausgleich angeboten. Anlass dafür sind die starken Unruhen, die die Mobilmachung ausgelöst hat.

Wien, 30. September 2022 | Seitdem der russische Präsident Wladimir Putin eine “Teilmobilisierung” angekündigt hat, ist es in ganz Russland zu starken Unruhen gekommen. Insbesondere in ärmeren Provinzen und Teilrepubliken, in denen ethnische Minderheiten leben, wird verhältnismäßig stärker mobilisiert als in den Großstädten. Deswegen gehen die Menschen seit einigen Tagen auf die Straße, um gegen den Einsatz als “Kanonenfutter” zu demonstrieren.

Schaf und Kohle pro mobilisierter Mann

Um dieser Stimmung entgegenzuwirken zu beruhigen, kriegen in der Region Tuwa im Süden Sibiriens Familien pro mobilisierten Mann ein Schaf und Kohle, berichtet der Pressedienst der Republik Tuwa auf seinem offiziellen Portal. “Durch die gemeinsamen Bemühungen der Behörden und der engagierten Einwohner sollen die Angehörigen und Freunde der Soldaten das Gefühl haben, dass sie mit den Problemen des Alltags nicht allein gelassen werden”, heißt es weiter.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung erklärt, es habe gestern mit der Übergabe der Schafe begonnen. An einem Tag wurden bereits 91 Familien mit jeweils einem Schaf versorgt. Im Bezirk Bai-Taiga wurden zusammen mit dem Kleinvieh auch Erdäpfel an Angehörige verteilt. Einige Bezirke sollen begonnen haben, Kohle an die Haushalte mit wehrpflichtigen Männern zu verteilen. Diese Maßnahmen sollen der Anfang der Unterstützung für betroffene Familien sein, lässt der Leiter der Region wissen.

Zuvor wurde vom Militärkommissariat in Tuwa mitgeteilt, dass die Mobilisierung in der Region “teilweise” abgeschlossen sei. Demnach sollen etwa 700 Personen mobilisiert worden sein. Im Zuge der Teilmobilisierung kam es in der Region zu großen Aufständen. So auch am Donnerstag in der Hauptstadt Kysyl. Diese wurde von der Polizei jedoch brutal niedergeschlagen. Lokalen Medien zufolge wurden dabei 20 Frauen festgenommen.

Hohe Armut und starke Isolation

Tuwa ist nicht nur die Heimatregion des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, sondern auch eine der isoliertesten und ärmsten Regionen Russlands. Die Hauptstadt kann man nur mit einem Flugzeug oder über eine einzige Straße erreichen. Für viele Bewohner ist der vertragliche Militärdienst eine Möglichkeit, der Armut zu entfliehen.

Die Region hat mit 34,1 Prozent den höchsten Anteil der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze lebt. Laut Angaben des russischen föderalen Dienstes für staatliche Statistik “Rosstat” beträgt das durchschnittliche monatliche Pro-Kopf-Einkommen umgerechnet ungefähr 350 Euro.

(nb)

Titelbild: OLEKSANDR GIMANOV / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Nura Wagner

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