Donnerstag, März 28, 2024

Russland händigt Schafe für mobilisierte Männer aus

In der stark verarmten sibirischen Provinz Tuwa wird den Familien, aus denen ein Mann für den Krieg in der Ukraine mobilisiert wurde, ein kurioser Ausgleich angeboten. Anlass dafür sind die starken Unruhen, die die Mobilmachung ausgelöst hat.

Wien, 30. September 2022 | Seitdem der russische Präsident Wladimir Putin eine “Teilmobilisierung” angekündigt hat, ist es in ganz Russland zu starken Unruhen gekommen. Insbesondere in ärmeren Provinzen und Teilrepubliken, in denen ethnische Minderheiten leben, wird verhältnismäßig stärker mobilisiert als in den Großstädten. Deswegen gehen die Menschen seit einigen Tagen auf die Straße, um gegen den Einsatz als “Kanonenfutter” zu demonstrieren.

Schaf und Kohle pro mobilisierter Mann

Um dieser Stimmung entgegenzuwirken zu beruhigen, kriegen in der Region Tuwa im Süden Sibiriens Familien pro mobilisierten Mann ein Schaf und Kohle, berichtet der Pressedienst der Republik Tuwa auf seinem offiziellen Portal. “Durch die gemeinsamen Bemühungen der Behörden und der engagierten Einwohner sollen die Angehörigen und Freunde der Soldaten das Gefühl haben, dass sie mit den Problemen des Alltags nicht allein gelassen werden”, heißt es weiter.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung erklärt, es habe gestern mit der Übergabe der Schafe begonnen. An einem Tag wurden bereits 91 Familien mit jeweils einem Schaf versorgt. Im Bezirk Bai-Taiga wurden zusammen mit dem Kleinvieh auch Erdäpfel an Angehörige verteilt. Einige Bezirke sollen begonnen haben, Kohle an die Haushalte mit wehrpflichtigen Männern zu verteilen. Diese Maßnahmen sollen der Anfang der Unterstützung für betroffene Familien sein, lässt der Leiter der Region wissen.

Zuvor wurde vom Militärkommissariat in Tuwa mitgeteilt, dass die Mobilisierung in der Region “teilweise” abgeschlossen sei. Demnach sollen etwa 700 Personen mobilisiert worden sein. Im Zuge der Teilmobilisierung kam es in der Region zu großen Aufständen. So auch am Donnerstag in der Hauptstadt Kysyl. Diese wurde von der Polizei jedoch brutal niedergeschlagen. Lokalen Medien zufolge wurden dabei 20 Frauen festgenommen.

Hohe Armut und starke Isolation

Tuwa ist nicht nur die Heimatregion des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, sondern auch eine der isoliertesten und ärmsten Regionen Russlands. Die Hauptstadt kann man nur mit einem Flugzeug oder über eine einzige Straße erreichen. Für viele Bewohner ist der vertragliche Militärdienst eine Möglichkeit, der Armut zu entfliehen.

Die Region hat mit 34,1 Prozent den höchsten Anteil der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze lebt. Laut Angaben des russischen föderalen Dienstes für staatliche Statistik “Rosstat” beträgt das durchschnittliche monatliche Pro-Kopf-Einkommen umgerechnet ungefähr 350 Euro.

(nb)

Titelbild: OLEKSANDR GIMANOV / AFP / picturedesk.com

Nura Wagner
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15 Kommentare

  1. Die Annexion der Gebiete wird ein enormes Propagandadesaster für V. Putin. Wenn die Ukrainer diese Gebiete wieder befreien zeigt das, dass Russland nicht mal in der Lage ist sein eigenes Territorium zu verteidigen.

  2. Schleierhaft! Sabotage Nordstream Thema ist aus den Medien verschwunden. Kann es sein das die USA und die Ukraine dahintersteckt und die Mainstream Weltmedien manipuliert um die Pipeline Sprengung zu vertuschen.

  3. Schafe für die Familien der jungen Männer, die Putin für eine abstruse politische Fehleinschätzung in den Tod schickt.

    Putin selbst stolziert lieber – umgeben mit zig Leibwächtern und seinen üblichen Speichelleckern – in seinem vergoldeten Palast herum und hält sinnbefreite Reden.

    An die Front schickt er dafür die jungen Männer aus den bäuerlichen Provinzen.

    Einen Truppenbesuch an der Front riskiert er nicht. Vielleicht müsste er sich von den schlecht ausgerüsteten und miserabel versorgten Soldaten zu viele Vorwürfe anhören. Dieses Risiko geht er nicht ein, der Photo-Macho.

  4. Putin hat heute alle Masken fallen gelassen. Bei seiner 50ig-minütigen Rede im gold-weißen Prunksaal sprach er 10 Minuten über die Heimholung der Gebiete und dass sie nun rus Territorium seien, das sie fortan als rus Territorium verteidigen werden. Nun wird aus der rus Spezialoperation militärisch ein Verteidigungskrieg. Legistisch wandelte sich der rus Angriff zur Verteidigung. Zynisch. 40 Minute sprach er über de “dekadenten Westen”, die “dumme USA” und die “einfältige EU”, die RU angriffen und zu zerstören versuchten. Eine Hassrede, wie wir eine solche seit Hitler auf England gerichtet, nicht mehr gehört haben. Die Ukraine wurde aufgefordert, sich zu ergeben, den Krieg zu beenden (ja ER sprach von Krieg, obwohl er das laut Gesetz nicht darf und nun 15 Jahre Gefängnis drohen) und in Verhandlungen zu treten.

    Verzweifelt ist er, ja. Aggressiv und hasserfüllt, weil man seinem Militär nicht einfach machen ließ. Es ging von Anfang an gegen UNS. Jetzt hat ers zugegeben.

  5. V. Putin hat verloren. Das weiss er, das weiss J. Biden, E. Macron usw.
    Jetzt kommt es darauf an V. Putin nicht den Grund zu liefern Atomwaffen oder Chemiewaffen einzusetzen um es vor seinen Generälen und der Bevölkerung rechtfertigen zu können.
    Die Schlinge muss jetzt von innen um ihn gelegt werden, also Zeit schinden.

    • Oh die Gründe dafür hat er heute geschaffen. Die Anexion der Gebiete, erklärt 4 Bundesländer der Ukraine zu russischem Territorium. Bei Rückeroberung von der Ukraine wird laut RU Militärdoktrin nun rus Boden angegriffen, was den Einsatz ALLER Mittel im Ausland erlaubt. Wir können davon ausgehen, dass es vor allem taktisch-terroristische Angriffe sind, die auf uns gerichtet sein werden, nachdem die rus Auslandspropaganda nicht zum Ziel geführt, eine Mehrheit zu generieren, RU “einfach machen zu lassen”.

  6. Ein Schaf für ein Menschenleben!
    Es ist kaum zu ertragen.
    Hoffentlich wird der Verbrecher bald eingefangen.

    • Fleisch ist Fleisch. Das ist der zynische Hintergrund, der zu solchen Aktion führen kann, ohne dass es einem unerträglich vorkommt. Ja, es ist unerträglich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Reservisten nun Militärgeschäfte stürmen, um sich Kleidung, Schuhe, Waffen zu besorgen, weil sie gar nicht damit rechnen, dass sie von ihrem Militär ordentlich ausgerüstet werden können.

      Das Schaf wird geschlachtet werden müssen, weil wohl kaum das Futter bezahlbar sein wird. In Kombination mit der Gewissheit, dass unausgerüstete Infanterie eine schlechte Überlebeschance hat in einem Krieg, wird die Schlachtung des Hammels dann wirklich grausig. Man frisst dann symbolisch die eigenen Kinder.

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