Ausgerechnet:
Kommende Woche wird der Finanzminister ein Budget im Zeichen der akuten Teuerungskrise vorlegen. Wie gerecht werden die Teuerungslasten verteilt? Wer wird entlastet? Und wer bezahlt es?
Alexander Huber
Wien, 08. Oktober 2022 | Kommende Woche wird Finanzminister Brunner sein Budget vorstellen. Es wird ganz im Zeichen der Teuerungskrise und des Krieges in der Ukraine stehen. Die aktuellen Krisen überdecken, woran es in unserem Staatshaushalt seit Jahren hapert: Bei der Bildung wird es wieder keinen großen Wurf geben, die Pflegereform reicht hinten und vorne nicht. Gleichzeitig verzichtet der Finanzminister bereitwillig auf die Einnahmen aus den Krisengewinnen der Unternehmen.
Langfristige Entlastung nur für hohe Einkommen und Unternehmen
Die Anti-Teuerungspakete der Regierung schlagen mit hohen Ausgaben zu Buche. Viele dieser Maßnahmen sind einmalige Zahlungen. Deren entlastender Effekt für Familien, Pensionist:innen und Haushalte mit nur kleinem Einkommen wird bereits im Frühjahr wieder verpufft sein. Immerhin werden nun zumindest manche Sozialleistungen, etwa die Familienbeihilfe, regelmäßig an die Teuerung angepasst. Ebenfalls dauerhaft wirken andere strukturelle Maßnahmen. Die (teilweise) Abschaffung der kalten Progression, die Senkung der Körperschaftsteuer und die Wertsicherung bei manchen Sozialleistungen. Diese verringern allerdings die jährlichen Einnahmen des Staates und machen das Budget fragiler und weniger flexibel. Garantierte Einnahmen fallen weg, die Ausgaben bleiben aber und werden mehr. Die Abgeltung der kalten Progression und die geringere Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist vor allem ein Zuckerl für Besserverdienende und Superreiche. Sie tragen künftig weniger zum Staatshaushalt bei.
Aus Corona-Fehlern nicht gelernt
Man kennt es aus den USA: Große Konzerne zahlen kaum Gewinnsteuern, erhalten aber überbordende staatliche Subventionen. Dieses Phänomen hat nun auch Österreich erreicht. Mit den Corona-Hilfen wurden manche Unternehmen massiv überfördert. Mit dem Energiekostenzuschuss kommt nun der nächste Mammut-Ausgabenposten dazu. Abermals wird Geld an Unternehmen verteilt, unabhängig davon, ob diese es auch tatsächlich brauchen. Auf eine Rückgabe-Klausel wird erneut verzichtet. Hätte der Finanzminister aus den Fehlern der Corona-Krise gelernt, wäre selbstverständlich: Wer trotz Krise(n) Gewinne macht, aber Subventionen aus Steuergeldern kassiert hat, muss die Hilfen zurückzahlen.
Wer ausgibt, muss auch einnehmen
Liberale attestieren dem Staat gerne ein Ausgaben-Problem. In Wahrheit haben wir seit Jahren ein Einnahmen-Problem – und zwar in ihrer Zusammensetzung. Drei Viertel des staatlichen Budgets werden durch Abgaben auf Arbeit und Konsum finanziert. Gleichzeitig verzichtet der Finanzminister immer noch auf eine Übergewinnsteuer, obwohl eine solche international längst selbstverständlich ist. Ebenfalls selbstverständlich sind Vermögenssteuern. Österreich marschiert mit dem vorgelegten Budget in die entgegengesetzte Richtung: Die Steuer auf Unternehmensgewinne wird in den nächsten beiden Jahren um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt. Damit erhöht der Finanzminister automatisch jährlich das Defizit und den Schuldenstand – und liefert sich auf diese Weise selbst die Argumente für Ausgabenkürzungen, die auf Sicht zu befürchten sind. Ein Sozialstaat ohne ausreichende Finanzierung ist für die Superreichen kein Problem. Sie werden das nicht spüren, dafür aber die große Mehrheit der Menschen in Österreich – wenn die Schulen schlechter ausgestattet sind, die Klassen noch größer, die Wartezeiten im Spital noch länger.
Budget ohne Zukunftsplan
Das erhöhte Budget für das Bundesheer und die Anti-Teuerungsmaßnahmen werden im Zentrum der Diskussionen rund um das Budget stehen. Einen angenehmen Aspekt hat das für den Finanzminister: Die Aufmerksamkeit wird von jenen Bereichen weggelenkt, die seit Jahren dringend mehr Geld brauchen: Wir werden älter, es braucht wesentlich mehr Geld für Pflege, in der Gesundheitsvorsorge oder bei den Pensionen. Auch im Bildungsbereich stagnieren die Ausgaben seit Jahren. Tausende offene Lehrer:innen-Stellen zu Schulbeginn und eine beginnende Pensionierungswelle sind nur die akutesten Baustellen an Österreichs Schulen.
Für das aufgestockte Heeresbudget und die Entlastungsmaßnahmen sind viel Wirbel und Eigenlob zu erwarten. Die strukturellen Probleme auf der Einnahmen- und Ausgabenseite und die dringend notwendigen Investitionen in Pflege, Bildung und Pensionen werden – schon wieder – auf die lange Bank geschoben.
Alexander W. Huber ist Experte für Inflation und Sozialstaat am Momentum Institut. Er beschäftigt sich mit sozialen und räumlichen Ungleichheiten, Steuerthemen und den Kosten des täglichen Lebens. Studiert hat er Volkswirtschaft an der WU Wien.
Titelbild: ZackZack