Brisante Schmid-Aussage:
ZackZack enthüllte einst die teure Weinverkostung des ÖVP-nahen PR-Beraters Rosam. Zu Gast: Politiker und Manager. Laut Schmid-Aussage hat das bestimmte Hintergründe. Eine Chat-Nachricht verrät auch gut dotierte BMF-Zahlungen an Rosam. Jetzt geht der umtriebige Weinkenner in die Offensive.
Benjamin Weiser
Wien, 25. Oktober 2022 | Wolfgang Rosam ist ein Hans Dampf in allen Gassen. Der Kärntner tritt als ÖVP-naher PR-Berater im TV auf, ist aber auch als Lobbyist und Herausgeber des Gourmet-Magazins „Falstaff“ tätig. Für die Gastrobranche ist sein Medium eine Art Gatekeeper. Wer dort gepriesen wird, kann sich eines gewissen Kundenzulaufs sicher sein. Darauf ist Rosam stolz: „Zwei Millionen User und Leserinnen vertrauen auf Falstaff Weinpunkte! Das ist die Basis der Falstaff Weinredaktion!“, wie er zu ZackZack sagt.
Schmid: Rosam nutzte Weinabende für Lobbying
Allerdings gibt es auch jene Schlagzeilen, die Rosam weniger gefallen dürften. So deckte ZackZack auf, dass unter dem Motto „Weihnachts-Degustation“ eine Jury aus Politikern und Managern edlen Rotwein (Flaschen-Wert bis zu 10.000 Euro) in Rosams Domizil verkostet hatte. Im Anschluss an das Event wurde die Wein-Bewertung im „Falstaff“ beworben, die illustre Tester-Runde blieb den Lesern derweil verborgen.
Einer der Verkoster: der damalige Finanzminister Hartwig Löger. Dessen Ministerium beglückte den „Falstaff“ im selben Quartal (4, 2018) mit Inseraten in Höhe von 13.708 Euro. „Die nehmen wir nicht mehr“, stellt Rosam gegenüber ZackZack klar. Er sei „geheilt von derlei Aufträgen“. Bis auf einen Auftrag der Agentur Rosam Grünberger seitens des Landwirtschaftsministeriums unter Elisabeth Köstinger habe man hiervon Abstand genommen.
Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid legte jetzt vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein umfassendes Geständnis ab, in dem auch die Weinverkostungen von Rosam thematisiert wurden. Schmid sieht darin quasi ein Vehikel für Rosams Geschäfte: „Ein anderes ‚Geschäftsmodell‘ war das von Wolfgang Rosam. Dieser hat ebenfalls für Dr. Schelling (Ex-Finanzminister, ÖVP, Anm.) lobbyiert, indem er Weinverkostungen bei sich zuhause veranstaltet hat, zu denen er Politiker, Geschäftsleute und auch seine Kunden eingeladen hat und dort Stimmung gemacht hat für Dr. Schelling. Rosam hat bei diesen Abenden auch natürlich seine Kunden mit Politikern zusammengebracht.“
90.000 netto aus dem Finanzministerium
Ein brisanter Vorwurf, wird damit doch eine fragwürdige Vermischung unterschiedlicher Geschäftstätigkeiten und Rollen nahegelegt. Wirft man einen Blick in die WKStA-Ermittlungsakten, ist dort eine Chat-Nachricht dokumentiert, wonach sich Rosam im Juli 2016 beim damaligen BMF-General Schmid über eine Auftragssumme beschwert.
Darin schreibt Rosam an Schmid: „Im Vertrag mit dem BMF steht eine Vertragszeit von Jun- Nov 2014. Danach wurde nochmals bis März 2015 schriftlich von Pasquali (BMF-Sprecher, Anm.) verlängert. Spindi (Ex-Finanzminister, ÖVP, Anm.) schied im Sept aus, HJS (Hans Jörg Schelling, Nachfolger von Spindelegger, Anm.) hat den Vertrag von Spindi erfüllt. Wenn wir bis Ende Nov begrenzen sind von 90.000€ Vertragssumme nur 75.000€ erfüllt worden. Besser und fairer geht‘s nicht. Ich verzichte auf 15.000€, was ich nicht müsste. Danke für dein feedback ob du das so willst (sic!).“
Was sagt Rosam dazu, dass ihm ausgerechnet das Ministerium, deren Chefs er reihenweise zu Tisch bat, einen lukrativen Auftrag verschafft hat? Der wehrt sich und geht in die Offensive. Seit 2015 schon betreue er nicht mehr das BMF, gibt der Multi-Geschäftsmann auf ZackZack-Nachfrage zu verstehen. „Ich hatte einen Auftrag von Finanzminister Spindelegger 2014 zur medialen Beratung des Ministeriums für ein Jahr. Auftragssumme 90.000 Euro netto. Dann schied Spindelegger frühzeitig aus und Schelling erfüllte den gültigen Vertrag.“ Er, Rosam, habe allerdings statt 12 dann 18 Monate „um dieselbe Auftragssumme, also ohne Erhöhung (obwohl sechs Monate längere Arbeit)“ gearbeitet.
„Lautstarke Auseinandersetzung“
Das sah Schmid bei seiner WKStA-Einvernahme anders, denn die Rechnung von Rosam sei aus der Sicht des damaligen BMF-Generals „einfach zu hoch“ gewesen. Warum, bleibt unklar. Rosam hält dagegen: Schmid habe den Auftrag inklusive Umsatzsteuer gesehen, „was definitiv falsch war“. Es sei in Folge zu einer „lautstarken Auseinandersetzung zwischen Herrn Schmid und mir“ gekommen. Schmid sei „ja bekannt für seinen Jähzorn“ gewesen, will Rosam wissen.
Deshalb habe er, so der Gourmet-Herausgeber, schließlich auf 15.000 Euro verzichtet und eine Honorarnote „über lediglich 75.000 Euro netto für 18 Monate Beratung, statt der uns zustehenden 90.000 Euro“ gestellt, weil er mit Schmid nichts mehr zu tun haben wollte. Das wird gewissermaßen durch Schmids Einvernahme bestätigt. Der mutmaßlich baldige Kronzeuge in der ÖVP-Korruptionsaffäre betonte nämlich vor den Ermittlern, Rosam habe ihm das „glaube (ich) nachgetragen“. Fest steht für Rosam jedenfalls: „Die Leistungen wurden erbracht“.
„Herr Schelling ist Winzer und kennt sich aus“
Auch zu den „Falstaff“-Weinverkostungen bezieht der PR-Guru Stellung: In der Jury würden in der Tat „neben dem ‚Falstaff‘-Chefredakteur Peter Moser und mir auch Prominente“ sitzen. Auch Kunden, Bekannte, Politiker und Journalisten dürften die edlen Tropfen bewerten – Menschen, die zu Weinqualität ein Urteil fällen können, betont er. Natürlich dokumentiere man die Ergebnisse des Tastings, die Teilnehmer würden gleichwohl „online anonymisiert“.
Eine besondere Kompetenz zur fachgerechten und objektiven Beurteilung von Spitzenweinen, wie etwa die Ausbildung zum Diplom-Sommelier, dürften die Promis nicht vorweisen müssen.
ZackZack weiß: Neben WKO-Präsident Harald Mahrer nahmen im Dezember 2018 etwa Investor Sigi Wolf oder der (angeblich Noch-)Generaldirektor von Siemens Österreich, Wolfgang Hesoun, teil. Mahrer und Hesoun hatten auf Nachfrage nicht ganz kohärente Sichtweisen darüber, ob es sich beim munteren Beisammensein in Rosams Schloss-ähnlichen Anwesen um ein Treffen privater oder offizieller Natur handelte.
Im Dezember 2018 stand Schelling zwar nicht auf der Liste. Man habe ihn aber insgesamt „etwa zweimal“ zu Gast gehabt. Geht es nach „Falstaff“-Boss Rosam, berechtigterweise, denn: „Schelling ist Winzer und kennt sich aus.“ Das stimmt. Zumindest, wenn man einem Chat Glauben schenkt, in welchem Schelling Schmid bittet, sich zu erkundigen, ob ein Glücksspielkonzern Interesse an „Wein als Kundegeschenk für Weihnachten“ habe. „Wir könnten auch eigene Etiketten machen“, heißt es weiter.
Wie viel Zeit und Passion Schelling seinem Leben als Winzer widmet, ist nicht klar, immerhin hat er ein Weingut. Seinem Lebenslauf ist jedoch zu entnehmen, dass er sich die meiste Zeit vorrangig mit anderen Dingen beschäftigt haben dürfte.
So oder so: Rosam macht klar, man könne Schmid nicht glauben. Der sei selbst nie bei Rosams Festivitäten gewesen, könne deshalb auch keine Aussage dazu treffen. Da werde etwas gemutmaßt, was falsch sei und „das werde ich klagen, sofern er das nicht zurücknimmt“. Rosam brauche jedenfalls keine „Falstaff“-Verkostung, um für Herrn Schelling „Stimmung zu machen“. Dies sei eine Lüge von Schmid.
Was sagt eigentlich der ehemalige Minister zu den Wein-Chats und Lobbying-Vorwürfen? Der löschte seine Antwort auf eine ZackZack-Anfrage via Messenger-Dienst Signal wieder. Was Schelling ursprünglich geschrieben hatte, ist nicht überliefert.
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