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Zadic-Ministerium vergibt 22 Millionen-Auftrag an eigenen Digitalchef

Das Justizministerium vergab einen Auftrag von 22 Millionen Euro an den eigenen Chief Digital Officer – fast 20-mal so hoch wie der letzte Auftrag. Der Auftragnehmer gibt sich vom hohen Betrag selbst überrascht.

Benedikt Faast

Wien, 17. November 2022 | Es ist nicht das erste Mal, dass man zusammenarbeitet: Das Justizministerium und der Chief Digital Officer der Justiz, Martin Hackl. Hackl ist gemeinsam mit Philipp Haubner Gesellschafter der digital fast forward (DFF), einer IT-Management-Firma aus Stegersbach.

Auftragsvolumen fast verzwanzigfacht

Und ebenjene Firma hatte bereits Ende 2020 einen Rahmenvertrag mit dem Ministerium von Alma Zadic (Grüne) abgeschlossen. Der damalige Auftragswert des 48-monatigen Rahmenvertrages hatte bei 1,173 Millionen Euro gelegen und für Kritik bei den NEOS gesorgt. Diese versuchten mittels parlamentarischer Anfrage, mehr zu den Aufträgen herauszufinden. Im Jahr 2021 sollten drei weitere Aufträge für “IT-Unternehmens-Architektur”-Leistungen folgen. Die Auftragswerte blieben hier unterhalb der Millionengrenze und variierten von rund 200.000 bis zu 700.000 Euro.

Doch bei der neuesten Vergabe, die seit 7. November 2022 abgeschlossen ist, schießt der Auftragswert für “IT-Enterprise-Architekturleistungen” ins Auge: 22.020.000 Euro. Das fast Zwanzigfache des bis dahin größten Auftragsvolumens.

Auftragnehmer über Volumen selbst überrascht

Auf ZackZack-Nachfrage meint Hackl, dass er “über den publizierten Auftragswert selbst überrascht war.” Soweit Hackl es nachvollziehen könne, errechne sich die “publizierte Auftragssumme bei Inanspruchnahme aller in der Rahmenvereinbarung möglichen Verlängerungs- und Überziehungsoptionen. Meinem Eindruck nach unterscheiden sich darin auch die Berechnungsgrundlagen für die beiden Rahmenvereinbarungen.”

Das Justizministerium beantwortet die ZackZack-Nachfrage, wieso sich das neue Auftragsvolumen dermaßen von bisherigen Projekten unterscheide, dass man, anders als sonst, das maximale ausschöpfbare Volumen veröffentlicht habe. Die Bundesbeschaffung GmBH (BBG) habe den Auftrag mit der dreifachen Höhe der aus derzeitiger Sicht erwartbaren Menge beziffert. Den erwartbaren Auftragswert sieht das Ministerium jährlich bei 1,84 Millionen Euro – hochgerechnet auf die vier Jahre des Rahmenvertrags wären das 7,36 Millionen.

Kein Interessenkonflikt für Ministerium und Auftragnehmer

Dass Hackl Auftragnehmer des Ministeriums und Chief Digital Officer der Justiz ist, stellt weder für das Ministerium noch für Hackl ein Interessenkonflikt dar. Das Ministerium sagt: Hackl sei zu keinem Zeitpunkt Bediensteter im Dienststand des BMJ. Die Funktion des Chief Digital Officers nehme er nur “im Rahmen der Leistungserbringung durch die digital fast forward OG neben anderen Aufgaben” ein. Hackl argumentiert ähnlich: Er sei kein Mitarbeiter des Ministeriums und die Aufgabenbereiche seien sehr klar abgegrenzt.

Auf Hackls “LinkedIn”-Seite sieht die Abgrenzung (Stand 17.11.) weniger klar aus. Dort wird das Ministerium als siebenjährige Berufserfahrung angeführt, der dortige Posten als Chief Digital Officer seit vier Jahren.

Einziges Angebot

Doch noch ein weiteres Detail ist auffällig an der Ausschreibung. Digital fast forward war das einzige Unternehmen, das ein Angebot einreichte. Das Ministerium führt dies auf die “angespannten Situation am IT-Markt zurück.” Ausgeschrieben wurde der Auftrag am 14. Juni 2022. Hackl gibt an, dass er Anfang 2022 – im Zuge einer Angebotslegung auf Basis der vergangenen Rahmenvereinbarung – informiert worden sei, dass eine Ausschreibung geplant sei. Im Juni habe er über die Publikation der BBG von der konkreten Ausschreibung erfahren.

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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