Freitag, April 26, 2024

NÖ-Rechnungshof entfernte ÖVP-nahe Magazine aus Prüfbericht

Verwirrung um einen Prüfbericht des niederösterreichischen Rechnungshofes: Darin fehlen plötzlich Passagen zu Inseraten in ÖVP-nahen Magazinen, die in der Rohfassung noch genannt wurden.

Benjamin Weiser

Wien, 14. Dezember 2022 | Die Inseratencausa in Niederösterreich kommt für die Volkspartei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zur Unzeit – in einem Monat sind Landtagswahlen und die sogenannte „Niederösterreich-Partei“ könnte ihre absolute Mehrheit verlieren. Jetzt kommt raus: ein am Dienstag veröffentlichter Prüfbericht des Rechnungshofes, der die landeseigene NÖ Familienland GmbH unter die Lupe nimmt, wurde um gewisse Stellen mit ÖVP-Bezug gekürzt. Es geht um folgende Passage im Endbericht für den September:

Screenshot Endbericht: Faksimile ZackZack.

In der Rohfassung, die ZackZack vorliegt, wurden noch konkrete Medien genannt, in denen die NÖ Familienland GmbH inseriert haben soll. Darunter „Familie“ des ÖVP-Familienbundes oder das ÖVP-nahe Seniorenmagazin „endlich Frei-Zeit“. Im Endbericht (Screenshot) werden sie nun nicht mehr namentlich genannt.

Auf Nachfrage sagt der Landesrechnungshof, die im Rohbericht genannten Medien würden einer „internen Unterlage“ entspringen. Sie seien daher angeblich „vertraulich“ zu behandeln und deshalb rausgenommen worden. Warum sie dann zuvor überhaupt in der Rohfassung standen, bleibt unklar. Von NÖ Familienland GmbH war bislang keine Stellungnahme zu bekommen. Diese wird entsprechend nachgereicht.

Herausgegeben wird das Blatt „endlich Frei-Zeit“ von den NÖs Senioren, einer offensichtlichen Parallelorganisation zum niederösterreichischen ÖVP-Seniorenbund. Beide Senioren-Häuser sitzen in der St. Pöltner Ferstlergasse 4 – der Parteizentrale von Johanna Mikl-Leitner.

Inserate von Landes- und Bundesregierung

Wirft man einen Blick in das Magazin, fallen einem mehrere interessante Dinge auf. Auf den ersten Seiten grüßen Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec und Ex-Landtags-Vize Herbert Nowohradsky. Darunter prangen die Logos des Seniorenbundes, der Tageszeitung „NÖN“ oder der Niederösterreichischen Versicherung. Ein paar Seiten weiter gibt die Landeshauptfrau im großen Interview zu verstehen: „Wir sind die Niederösterreich-Partei“.

Munter inseriert wird auch, etwa in der Juli/August-Ausgabe. So gönnte sich das Land Niederösterreich eine halbe Seite, um „erfrischend genussvoll Radfahren in Niederösterreich“ zu bewerben. Auch der mehrheitlich im Landesbesitz befindliche Energieversorger EVN schaltete ein halbseitiges Inserat. Die Bundesregierung ließ es sich derweil nicht nehmen, ihre Impfkampagne ganzseitig zu schalten. So weit, so vernünftig, könnte man über diese Kampagne urteilen. Wäre da nicht die parteinahe Herausgeberschaft sowie die eher geringe Leserschaft der zehn bis elf Mal jährlich erscheinenden „endlich Frei-Zeit“: man schickt das Papier laut eigenen Angaben an rund 55.000 „Mitgliedshaushalte“.

Opposition läuft heiß

Folgt man der Mediadaten-Broschüre von „endlich-Frei-Zeit“, kostet ein ganzseitiges Inserat in der Gesamtausgabe bis zu 3.940 Euro, ein halbseitiges kostet 2.090 Euro. Für elf Ausgaben pro Jahr macht das 43.340 Euro beziehungsweise 22.990 Euro – allein für dieses ÖVP-nahe Spezialheft. Das klingt zunächst nach nicht viel. Doch wenn man bedenkt, wie viele kleine Magazine im ÖVP-Kosmos insgesamt herumschwirren dürften, kann sich eine beträchtliche Summe aufstauen.

Die Opposition in Niederösterreich ist jedenfalls ziemlich wütend. Aus informierten Kreisen heißt es, für morgen werde eine Allparteien-Pressekonferenz anberaumt. Da könnte das eine oder andere Inseratenthema angesprochen werden. Und der Rechnungshofbericht. Zu dem wollen NEOS am Donnerstag eine Stellungnahme abgeben.

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

26 Kommentare

  1. Mich wundert, dass Tintifax (Tintenfass), Gerda und andere nicht ausreiten, um diese Praxis anzuprangern. Mich wundert das. Zu diesen Themen hört und liest man wenig von den Parteipostern. Mich wundert das.

  2. Wir sind alt genug, um eine wichtige Lehre ziehen zu können. Wenn etwas zu Ende geht, dreht es sich in extremo. Es scheint fast, dass es ein Naturgesetz ist: Von Korruption über Wähler:innenbetrug bis Plateauschuhe und Glockenhosen, immer wenn etwas in extremo landet, ist es am Ende.

    Die Logik ist, dass das, was “zieht”, einfach noch mehr ausgereizt wird, weil es “zieht”. Dem können sich soziale Gemeinschaften offenbar nicht entziehen. Also reitet man sich immer tiefer rein.

    Bei Glockenhosen kann man drüber lächeln – und dann Röhrljeans und Karotten basteln. Bei Korruption schluckt man. Flächendeckendes Print ist am Ende und wird künstlich mit unlauteren Mitteln am Leben erhalten. Wenn Inseratenkorruption nicht mehr sein darf, sterben alle diese Prints. Ein Kartenhaus bricht zusammen.

    20.000 € sind nicht viel. Aber 100 Zeitschriften mit 20.000 € bedient zu haben, sind auch 2 Millionen €. Das ist wahr. 2 Millionen €, die nicht als Wahlkampfkosten deklariert werden müssen.

    • Interessanter gedanklicher Ansatz! 👍
      Vielleicht ist das sogar ein Thema in physikalisch begründbarer Analogie?
      Der Drehimpuls zB als eine Erhaltungsgröße in unserem Universum…

      https://de.wikipedia.org/wiki/Drehimpuls

      Folgen des Drehimpulserhaltungssatzes:

      Aus der Drehimpulserhaltung ergeben sich verschiedenste Phänomene: Der Eiskunstläufer, der bei der Pirouette moderat dreht, wenn er die Arme und Beine weit nach außen gibt, dreht sich schneller, wenn er Arme und Beine anzieht, also nahe zur Drehachse bringt.

      Der Grund dafür ist folgender: Sind die Massen der Arme und Beine weit von der Drehachse, dann ist sein Trägheitsmoment groß. Bringt er die Massen von Armen und Beinen näher zur Drehachse, so verringert sich sein Trägheitsmoment . Da das Produkt aus Trägheitsmoment und Winkelgeschwindigkeit aber gleich bleiben muss, erhöht sich entsprechend die Winkelgeschwindigkeit, wenn sich das Trägheitsmoment verkleinert.

      Oder, wenn der Planet, der sich auf einer Ellipsenbahn um seinen Stern bewegt, umso schneller ist, je näher er diesem ist. Diese Konsequenz des Drehimpulserhaltungssatzes hat Johannes KEPLER bereits herausgefunden. Er formulierte das 2. KEPLER-Gesetz: Der Fahrstrahl eines Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen…

  3. Beide Senioren-Häuser sitzen in der St. Pöltner Ferstlergasse 4 – der Parteizentrale von Johanna Mikl-Leitner.

    Alle Fäden laufen bei ihr zusammen und trotzdem wird gegen sie nicht ermittelt…

    Die Justiz unter grün läuft wie geschmiert…

  4. Die WKSta sollte endlich gezielt die ganze ÖVP, insbesonders die Nö Parteizentrale
    auseinandernehmen, Mafia PARAGRAPH anwenden und der Spuk wäre bald beendet. Das ist schon lange keine Partei mehr, sonder ein Konglomerat Wirtschaftskrimieller mit Auswüchsen die man sich gar nicht mir vorstellen will.

  5. Schwarz hin oder türkis her für mich stellt sich die Frage was sind das für Landesbeamte. Ein Mensch der denkend ist muss in NÖ verzweifeln.

  6. Scheint ein beliebter Schmäh bei den schwarzen zu sein. Wenns eng wird beruft man sich auf die angebliche “Vertraulichkeit”. Kein Wunder, dass Land auf Land ab das Informationsfreiheitsgesetz von den Schwarzen blockiert wird.

  7. NÖ im Griff der schwarzen Brut. Denen ist nichts zu schmutzig.
    Hannerl die Ziehmutter vom Kurzen zieht eiskalt ihr Programm durch….und viele Niederösterreicher folgen ihr wie Lemminge.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Benkos Luxusvilla in Italien

Denn: ZackZack bist auch DU!