Mittwoch, April 24, 2024

Grunderwerbsteuer: Am Problem vorbei – Ausgerechnet

Das ist eine Unterüberschrift

Der Finanzminister will dafür sorgen, dass ein Eigenheim wieder leistbar wird. Dafür will er die letzte vermögensbezogene Steuer senken, die noch nennenswerte Einnahmen abwirft: Die Grunderwerbsteuer. Aber kommt die Senkung der Steuer bei den Käufer:innen überhaupt an?

Marie Hasdenteufel

Eine 80-Quadratmeter-Wohnung in Wien kostet derzeit rund 375.000 Euro, Tendenz steigend. In den letzten 15 Jahren hat sich der Immobilienpreisindex in Österreich verdoppelt. Wohnraum zu kaufen ist für viele Familien unmöglich geworden. Wer ein Medianeinkommen verdient und durchschnittlich spart, muss fast 70 Jahre sparen, um genug Geld für den Wohnungskauf wegzulegen. Dazu kommen verschärfte Kreditregeln. Das Eigenheim auf Pump ist seither für viele illusorisch.

Die Senkung der Grunderwerbsteuer löst dieses Problem nicht einmal annähernd. Mit einem Steuersatz von nur 3,5 Prozent auf den Kaufpreis, wäre die Steuerersparnis kaum der Rede wert. Die Senkung der Grunderwerbsteuer senkt die Immo-Preise weit nicht so deutlich, dass sich auch Durchschnittsverdiener:innen ein Eigenheim leisten können. Wird eine Immobilie vererbt oder verschenkt, verringert das die Steuer zusätzlich. Wer eine Wohnung im Wert von 375.000 Euro erbt, zahlt lediglich 3.752 Euro an Grunderwerbsteuer.

Steuer trifft nur die, die es sich leisten können

Ohnehin tragen die Steuer jene, die sie sich locker leisten können. Daten zeigen, dass nur jeder 4. Haushalt im unteren Einkommensfünftel im Eigenheim wohnt. Im höchsten Einkommensfünftel sind es hingegen 7 von 10 Haushalte.

Dazu kommt, dass real die Steuer sowieso die Verkäufer:innen tragen. Käufer:innen reagieren viel empfindlicher auf Preisänderungen als Verkäufer:innen. Wenn der Preis steigt, sind plötzlich viel weniger Käufer:innen bereit, ein Haus zu kaufen. Verkäufer:innen reagieren weniger stark. Wenn die Immobilienpreise sinken, dann nehmen sie ihre Angebote nicht so schnell vom Markt, sondern verkaufen eben zu niedrigeren Preisen. Von einer Senkung hätten die Verkäufer:innen also deutlich mehr. Das sagt uns die wissenschaftliche Literatur.

Eine Steuersenkung beim Kauf von Immobilien unterstützt jene, die staatliche Krücken eigentlich nicht brauchen. Das sind einerseits Menschen mit sehr hohem Einkommen, die sich hunderttausende Euro an Kaufpreis leisten können. Andererseits sind es jene, die Immobilien besitzen und verkaufen.

Vermögende zahlen kaum Steuern

Die Grunderwerbsteuer ist hierzulande die letzte vermögensbezogene Steuer, die noch nennenswerte Einnahmen bringt. Sie wächst mit den Immobilienpreisen mit. 2021 spülte sie rund 1,7 Milliarden Euro in unseren gemeinsamen Haushalt. Von 100 Steuer-Euros kommen überhaupt nur vier aus vermögensbezogenen Steuern: Mehr als zwei Euro trägt die Grunderwerbssteuer bei. Senken wir sie jetzt, tragen Vermögende so gut wie nichts mehr zum Staatshaushalt bei.

Reformbedarf gibt es daher in die entgegengesetzte Richtung. Wer nur eine Wohnung in seinem Leben kauft, soll dafür weiterhin nur mit 3,5 Prozent besteuert werden. Wer allerdings genügend Kleingeld für zwei oder mehr Immobilien übrig hat, oder als Unternehmen im Immobiliengeschäft aktiv ist, kann sich auch einen höheren Steuersatz locker leisten. Das würde nicht nur unsere Steuereinnahmen erhöhen, es würde vor allem dazu beitragen die Spekulation mit Wohnraum zu erschweren und damit auch langfristig zu sinkenden Immobilienpreisen führen.

Titelbild: ZackZack

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13 Kommentare

  1. Man könnte ja die GrundERWERBsteuer abschaffen und dafür die jährliche Grundsteuer progressiv gestalten. Wer mehr oder sehr viele m2 kontrolliert kann auch mehr und mehr in die Staatskasse einzahlen, die Vermögenssteuer sind ohnehin gering. Zudem werden sich die Industriellen Grundstückshorter überlegen, ob sie nicht das eine oder andere verkaufen, wenn die progressive Grundsteuer hoch genung ist.

  2. Grundsteuer – also der Besitz von Grund wird aber jährlich fällig und trifft alle (mit Besitz)…

    Die hat man “vergessen” zu erwähnen?

  3. “Wer eine Wohnung erbst, zahlt lediglich € 3.752,- GrESt.”
    Bei Schenkung od. Erbschaft kommt ein Stufentarif zum Einsatz. Zusätzl. zur Grundb.Eintragungegeb. von 1,1%, kann beim Verkauf eine Immobilienertragssteuer bis zu 30% anfallen.
    Wer sein Geld nicht in Urlaub, sondern ins Eigenheim steckt, sich ein Häuschen auf dem Land errichtet, ist also der Depp, der aus seinen Steuern Sozialwohnungen mitfinanziert, damit andere billig wohnen können und seine Erben dürften für seine Leistung nochmals brennen. Würde manchen so gefallen.

    • Nicht jeder hat das Glück zu erben. Mittlerweile ist erben auch die so ziemlich einzige Möglichkeit zu einer Eigentumswohnung in der Stadt zu kommen. Das gilt auch für Leute mit höherem Bildungsabschluss. Wäre es ihnen lieber, die Leute müssten auf der Straße hausen weil es keine Sozialwohnungen gibt? Ich hab kein Problem damit wenn mein Steuergeld für Sozialwohnungen verwendet wird, das ist mir jedenfalls lieber als wenn man es der ÖVP Klientel in den Allerwertesten schiebt.

      • Warum sollte es mir lieber sein, daß Leute auf der Straße hausen? Mich stört aber, daß man jene, die der Gesellschaft nicht zur Last fallen, schröpfen will. Die Grunderwerbsteuer trifft nicht die Superreichen und auch nicht nur die Wiener, sondern jeden Österreicher, der selbst für seine Bedürfnisse aufkommt. Wenn Wien ein Wohnungsproblem hat, dann hat das Gründe.

        • Sch//Wach//Sinn !!
          Die Grunderwerbsteuer trifft sehr wohl die reichere Schicht.
          Kenne keinen einzigen Durchschnittsverdiener, der schon als junger Mensch fast 400.000 Euro auf der hohen Kante hat. Gibt mehr als genug 40-jährige, die sich nicht mal 50.000 erspart haben.

  4. Warum wird im Artikel vergessen den Grund für diesen Aktionismus zu nennen, 20% Eigenkapital beim Erwerb eines Gründstücks/Bau, wenn man einen Kredit dafür benötigt.

    Die FMA beschließt ein Gesetz um junge Menschen vor Überschuldung zu schützen und die Regierung führt es ad absurdum, welch Wunder mit dem Giebelkreuz im Rücken, die wollen ja weiter Geld verdienen.
    Nicht die jungen Familien als Nutznießer sind hier das Ziel, sondern die Spekulanten.

  5. Die Immobilienspekulanten wird das freuen. Was beim weniger betuchten Immobilienkäufer wirklich ins Geld geht ist die Maklergebühr. Und was das Eigenheim auf Pump betrifft, gut das man da endlich die Notbremse gezogen hat. Was man da in den letzten Jahren zu sehen bekam hat einen gelegentlich sprachlos zurückgelassen. Erst der Hausbau (ca. 600.000,–) im OÖ Hinterland, bequemer Weise gleich mit Pool und neuem Familien Van und dann steht auch schon der Storch vor der Haustür. Das war in den letzten Jahren eher die Regel als die Ausnahme.

    • Für die Ausübung des Immobilienmaklergewerbes ist ein einschlägiger Uni-oder FHS Abschluß samt 1-jähriger Praxis nötig. Bei Abschluß einer 3-jährigen spezifischen berufsbild. Schule oder erfolgreichen Lehrabschlußprüfung als Immobilien-u.Bürokaufmann ist jeweils eine 2-jährige fachliche Tätigkeit u. eine Befähigungsnachweisprüfung für die Konzession erforderlich.
      Lernen muß sich lohnen. Darum sollen die Makler von ihrer Tätigkeit auch (gut) leben können.

      • Für die Ausübung eines Gewerbes sind mindestens die gleichen Voraussetzungen gefordert, bei einem Großteil braucht es 3 oder mehr Jahre fachliche Tätigkeit. So gesehen kommen Makler recht schnell zu ihrer Ausbildung.

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