Samstag, Juli 27, 2024

Ausgerechnet: Noch immer bekommen Frauen weniger gezahlt

Weniger Geld für die gleiche Arbeit. Am 16. Februar war Equal Pay Day. Noch immer wird Frauen in Vollzeitbeschäftigung rund 13 Prozent weniger gezahlt als Männern. Systematische Diskriminierung am Arbeitsmarkt ist der Grund dafür.

Wien | Schließt man Teilzeitbeschäftigte und nicht ganzjährig Beschäftigte von der Rechnung aus, kommen wir dieses Jahr auf einen Gender-Pay-Gap von 13 Prozent. Damit fiel der Equal Pay Day dieses Jahr auf den 16. Februar. Frauen haben also dieses Jahr rechnerisch 47 Tage gratis gearbeitet. Einen Tag mehr noch als im Vorjahr, die Einkommenslücke ist also größer geworden.

Zwischen klebrigen Böden und gläsernen Decken

Frauen bekommen für die gleiche Arbeit weniger gezahlt. Einerseits liegt das daran, dass in Branchen, wo vermehrt Frauen arbeiten, schlechter gezahlt wird. Denken wir beispielsweise an Beschäftigte in systemrelevanten Jobs wie Pflegerinnen oder Lehrerinnen. Andererseits bekommen Frauen auch in der gleichen Branche weniger gezahlt als männliche Kollegen. In der Literatur nennt man diese Diskriminierung aufgrund des Geschlechts den „unerklärten Teil“ des Gender-Pay-Gaps. Diesen Teil der Lohnlücke nennt man deshalb “unerklärt”, weil er sich nicht unmittelbar auf Charakteristika der erwerbstätigen Frauen und Männer zurückführen lässt. Also beispielsweise nicht auf Unterschiede bei der beruflichen Position oder beim Alter. Woran machen wir nun fest, dass Frauen aufgrund des Geschlechts weniger verdienen? Das lässt sich zum Beispiel bei der Zusage von Gehaltserhöhungen veranschaulichen: Obwohl Frauen gleich oft wie Männer nach einer Gehaltserhöhung fragen, bekommen sie viel seltener tatsächlich eine. Weitere Phänomene, die niedrigere Löhne bei Frauen erklären können, sind beispielsweise die “gläserne Decke”. Diese hindert Frauen daran, in Führungspositionen zu kommen. Der Begriff der „klebrigen Böden“ soll verbildlichen, dass Frauen im Niedriglohnsektor überrepräsentiert sind und dort stecken bleiben.

Mehr Lohntransparenz für weniger Gender-Pay-Gap

Ein Mittel, um diese Ungleichbehandlung endlich zu beenden, ist volle Transparenz bei den Löhnen. Einen Bericht über ausbezahlte Löhne müssen bis jetzt nämlich nur Unternehmen mit einer bestimmten Anzahl an Mitarbeiter:innen veröffentlichen. Und das wohlgemerkt nur intern. Dabei würde echte Lohntransparenz – auch nach außen – tatsächlich helfen, den Gender Pay Gap zu verkleinern.

Eigentlich ist Equal Pay Day erst am 11.Mai

Der Equal Pay Day im Februar zeichnet ein trügerisches Bild. Denn in die Berechnung fließen ausschließlich Einkommen aus Vollzeitbeschäftigung. Dabei ist Teilzeitarbeit ein großer Faktor für die Lohnlücke zwischen Männer und Frauen. Teilzeitarbeit ist weiblich: Jede zweite Frau in Österreich arbeitet Teilzeit. Zusätzlich stemmen Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit. Sie sind es, die einspringen, wenn der Kindergarten früh schließt oder pflegebedürftige Angehörige Betreuung brauchen. Das zeigen uns die Daten jedes Jahr aufs Neue: 2021 gaben knapp 40 Prozent aller weiblichen Teilzeitbeschäftigten an, aufgrund von Betreuungsaufgaben in Teilzeit zu arbeiten. Seit Jahrzehnten lassen wir die Frauen im Land mit einer völlig unzureichenden Pflege- und Betreuungssituation allein. Weil sie die Familienarbeit schultern reduzieren sie ihre Lohnarbeit deutlich, irgendwer muss es ja machen. Den Preis dafür zahlen sie spätestens dann, wenn sie mit der mickrigen Alterspension auskommen müssen.

Unbezahlte Arbeitslast als Hauptgrund für Teilzeitarbeit

Damit wir die Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern endlich schließen können, muss die unbezahlte Arbeit fair aufgeteilt werden. Spielen Väter bei der Sorgearbeit eine größere Rolle, werden Frauen freigespielt und können mehr Erwerbsarbeit nachgehen. Ein flächendeckendes Kinderbetreuungsangebot, und zwar so eines, dass auch mit Vollzeit vereinbar ist, ist zentral für die Entlastung von Frauen. Eine bessere Pflegeinfrastruktur ist ein weiterer Schlüssel, wenn es darum geht, Frauen endlich von der unbezahlten Sorgearbeit ein wenig zu entlasten.

Marie Hasdenteufel, aus Karlsruhe stammend, hat es nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt nach Wien verschlagen. Am Momentum Institut forscht sie zur Einkommens- und Vermögensverteilung sowie zum Arbeitsmarkt. In Wien hat sie den Master in Economics an der Wirtschaftsuniversität absolviert.

Titelbild: ZackZack/Miriam Mone

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