Donnerstag, April 25, 2024

“Gurkerl” – Zuerst Mitarbeitermangel, jetzt fast 300 Kündigungen

Beim Lieferdienst “Gurkerl” sollen 290 Stellen gestrichen werden, dabei hat das Unternehmen zuletzt noch händeringend nach Personal gesucht. Ein Kontrahent bietet indes den Gekündigten Jobs an.

Wien | Bereits im Dezember 2022 sorgte ein “Standard”-Artikel, in dem sich der mittlerweile Ex-Gurkerl-Chef Maurice Beurskens beklagte, keine neuen Mitarbeiter zu finden, für Aufregung. Das sorgte angesichts des niedrigen Gehalts bei gleichzeitig familienfeindlichen Arbeitszeiten für Lagerkräfte für Unverständnis. Wie die Tageszeitung jetzt, nur zwei Monate später, berichtet, scheint sich die Situation beim Online-Lebensmittelhändler in eine ganz andere Richtung entwickelt zu haben.

Logistik wird automatisiert

290 der rund 1.000 Mitarbeiter soll das im 23. Bezirk ansässige Unternehmen demnach zur Kündigung angemeldet haben. Die Zahl wurde von “Gurkerl”-Sprecher Manuel Kalleder weder bestätigt, noch dementiert. Es heißt aber, dass der “Frühwarnsystemprozess für Kündigungen angestoßen” worden sein soll. Grund sei die Vollautomatisierung des Logistikzentrums, welche an den Standorten Frankfurt und München bereits im Gange sei. Beim tschechischen Eigentümer, der Rohlik-Gruppe, will man so die Produktivität steigern und schneller in die Gewinnzone kommen. “Die Notwendigkeit, Platz für die Automatisierung zu schaffen, bedeutet, dass sich der Personalbedarf verringert”, so Kalleder.

Der geplante Umbau wird sich aber auch auf die Kunden auswirken. Während der Umstrukturierung werden sich auch die Kapazitäten im Angebot reduzieren, heißt es. Ob es weiterhin Lieferungen am selben Tag geben wird und gleich viele Bestellungen wie bisher aufgenommen werden, lässt Kalleder noch offen.

Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen

Wie “Personen, die das Unternehmen kennen”, gegenüber dem “Standard” angeben, seien auch fehlende Strukturen und schlechte Organisation verantwortlich dafür gewesen, dass nun der Rotstift angesetzt wird. Von “Gurkerl” heißt es dazu, dass man den Standort in Wien automatisieren müsse, um profitabel zu wachsen.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Unternehmen Schlagzeilen macht. Zuletzt gab es immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen. Im Kältebereich des Lagers steht jede Stunde eine zehnminütige Aufwärmpause zu, um diese wahrzunehmen, müssen Angestellte aus- und wieder einstempeln, auch Toilettenpausen würden von der Arbeitszeit abgezogen, so entstehen schnell Minusstunden, erzählen dem “Standard” ehemalige und aktuelle Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen.

Auch gegenüber ZackZack packte eine ehemalige Mitarbeiterin im vergangenen Dezember aus. Auch sie berichtete über familienfeindliche Arbeitszeiten und Zwölf-Stunden-Schichten, die vor allem vor Weihnachten Usus gewesen seien. Klickt man sich durch Kununu, die Bewertungsplattform für Arbeitgeber, raten die meisten von einem Job bei Gurkerl ab.

Billa bietet gekündigten “Gurkerl”-Mitarbeitern Jobs an

Der Lieferdienst ist vor allem in den Pandemiejahren enorm gewachsen. Das ist jetzt, wo Corona und Lockdowns nicht mehr den Alltag bestimmen, vorbei. Online-Lieferdienste haben es in Österreich aufgrund der hohen Supermarktdichte im Land zudem schwer, sich zu behaupten. Ausgerechnet einer der größten Platzhirsche in Österreich, Rewe, bietet den gekündigten “Gurkerl”-Mitarbeitern jetzt einen Job in der Logistik des Billa Onlineshops an.

„Wir haben erst Mitte November 2022 in Wien Floridsdorf ein zweites Onlinelager neben Wien Inzersdorf eröffnet und suchen daher geeignete Logistik-Mitarbeiter:innen, denn wir wollen weiter gesund wachsen. Erfolgsfaktor ist für uns die Verschränkung von stationärem Handel und Onlinehandel, um unseren Kund:innen in jeder Lebenslage den besten Service anbieten zu können“, so David Renker, Leiter des Billa Online-Shops in einer Aussendung am Freitag.

Titelbild: ZackZack

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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4 Kommentare

  1. “Gurkerl” – Zuerst Mitarbeitermangel, jetzt fast 300 Kündigungen Na und!

    Ein völlig korruptes System, das buchstäblich über Leichen geht, in dem die Krankheit gefördert wird und nicht die Gesundheit.

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