Samstag, April 27, 2024

Unverständnis für »Gurkerl«-Chef – Bietet nur 1.850 Euro-Gehalt

Das ist eine Unterüberschrift

Der Chef eines Lebensmittel-Lieferservices klagt über Mitarbeitermangel. Doch das sorgt angesichts eines angebotenen Gehalts von 1.850 Euro brutto im Monat für breites Unverständnis.

Wien, 15. Dezember 2022 | Das Geschäft beim Online-Lieferdienst „gurkerl.at“ läuft gut. Chef Maurice Beurskens erwartet für das Jahr 2022 90 Millionen Euro Umsatz, ein Plus von 40 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Das Unternehmen soll weiter wachsen, doch das gestaltet sich aufgrund fehlender Mitarbeiter als schwierig, so Beurskens gegenüber dem „Standard“.

Während bei „Gurkerl“ 100 Fahrer auf der Warteliste stehen, fehle dieselbe Anzahl von Mitarbeitern im Lager. Schuld sei laut dem Unternehmer die Politik, die es nicht schaffe, „die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen“. Der Verwaltungsaufwand bei der Einstellung von Mitarbeitern aus dem Ausland sei zu hoch.

Lagerarbeiter verdienen nur 1.850 Euro brutto

Doch die Nutzer im „Standard“-Forum und viele andere in den sozialen Netzwerken vermuten einen anderen Grund, warum sich niemand als Lagerarbeiter bewerben will. Lagerkräfte verdienen beim Online-Lieferdienst durchschnittlich 1.850 Euro brutto im Monat, viel zu wenig, meinen viele. Dass sich bei rund 1.400 Euro netto bei Zehn-Stunden-Schichten und Arbeiten in der Nacht und am Wochenende niemand bewerben möchte, wundert nur wenige. Würde man den Mitarbeitern ein besseres Gehalt bieten, würden auch mehr in diesem Job arbeiten wollen.

Inklusive Zulagen schauen im Durchschnitt 2.200 Euro brutto am Ende des Monats für jeden Arbeiter heraus, gibt Buerskens gegenüber ZackZack an. Mit 1.850 liegt das Gehalt somit knapp über dem Kollektivvertrag (1.816 Euro). Eine laut dem Unternehmer “im Branchenvergleich überdurchschnittliche” Bezahlung, man biete “verschiedene familienfreundliche Arbeitszeitmodelle” an. Mitarbeiter könnten dabei aus einer Vier- und Fünftagewoche und zwischen 30 und 38,5 Stunden wählen, heißt es.

Eine, die gekündigt hat

M. (Name von der Redaktion geändert), eine junge Studentin aus Wien, hat ihren Lager-Job beim Lieferdienst in Wien Liesing an den Nagel gehängt. Dabei sei das Gehalt aber nicht ausschlaggebend für die Kündigung gewesen. Wenig Geld zu verdienen wäre sie auch von bisherigen Studenten-Jobs gewohnt gewesen, erzählt sie gegenüber ZackZack. Vielmehr konnte sie mit den Arbeitszeiten nicht mehr leben.

Laut der Ex-Teilzeit-Mitarbeiterin hätten die Vollzeitkräfte jetzt zur Weihnachtszeit besonders viel zu tun. „Diese müssen jetzt vor Weihnachten teilweise Zwölf-Stunden-Schichten machen.“

Arbeitskräftemangel hausgemacht?

Dass Mitarbeiter oft dort fehlen, wo die Arbeitsbedingungen vergleichsweise weniger gut sind, ist bei Weitem kein neues Phänomen. ZackZack hat sich dem Problem Arbeitskräftemangel ausführlich im Sommer gewidmet. Jene Zeit, in der vor allem die Gastronomie über fehlende Mitarbeiter im Service und in der Küche klagte. Es zeichnet sich ein ähnliches Bild wie jetzt bei den fehlenden Kräften im „Gurkerl“-Lager.

40 Stunden zu familienfeindlichen Arbeitszeiten bei einem Gehalt nur knapp über dem sowieso schon niedrigen Kollektivlohn zu arbeiten, wollen anscheinend immer weniger Menschen. Die steigenden Lebenskosten sorgen dafür, dass es für immer mehr Menschen mit einem solchen Gehalt knapp am Ende des Monats wird.

Wehleiden der Arbeitgeber um vermeintlichen “Mangel”

Mit der Klage über einen „Fachkräftemangel“ würde von manchen Arbeitgebern und ihren Vertretungen sehr oft andere Ziele verfolgt, wie etwa “das Festhalten an relativ schlechten Lohn- und Arbeitsbedingungen oder mehr Arbeitsmigration in Niedriglohnbereichen”, kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl bereits im Sommer. Um Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen, müssten daher die Unternehmen bessere Jobs anbieten, anstatt billige Lösungen zu suchen.

Bei “Gurkerl” betont man, dass das Unternehmen “gerne bei der Integration von Mitarbeiter:innen in den Arbeitsmarkt unterstützt”. Derzeit sei beispielsweise der Aufwand für das Anmelden von Mitarbeitern – ganz gleich welcher Herkunft – für ein stark wachsendes Unternehmen ohne großen Verwaltungsapparat schier unmöglich. “Wir denken, dass durch Digitalisierungsmaßnahmen seitens Politik und Behörden Prozesse optimiert und die Wirtschaft weiter gefördert werden würde”, meint Beurskens.

(mst)

Titelbild: ROMEO GACAD / AFP / picturedesk.com (Symbolbild)

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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18 Kommentare

  1. Das alte Lied. Billigarbeiter aus nicht EU Ländern und im nu bleibt mehr Gewinn.
    Deswegen will man auch ausgebildete Fachkräfte in der Pflege importieren. Da braucht man auch keine Rahmenbedingungen ändern, Gehälter schon gar nicht.
    Die Finanzierung der Ausbildung wird somit auch ausgelagert.
    Das nennt man Wertschätzung auf österreichisch.

  2. Ich habe das in meiner Branche nach fast 15 Jahren, davon zirka die Hälfte bei meiner jetzigen Firma netto. Ich verdiene derzeit das meiste in meinem Leben.
    Mein erster Gehalt damals war 1054,– netto.

    Für einen Anfangsgehalt sind ca. 1500,– netto gegen ein Arbeitslosengeld und das 14x im Jahr ein schöner Lohn.

    • Das erweckt beinahe den Eindruck, als ob jede/r der/die ka Hackn hat mit einem Schlag seine/ihre Sorgen loswerden könnt, bei solchen und ähnlichen Ausbeutern …
      Und selbst wenn, solche und ähnliche Jobs gibts ah ned unbegrenzt in Hülle und Fülle, sodass man Erwerbsarbeitslosigkeit restlos beseitigen wird können. Man kann ned einfach so losziehen und so tun also ob es stimmen würd wie man so schön sagt (‘wer hackln wü, findt ah a Hackn’) …
      Erwerbsarbeitssuchende* strafen tagtäglich, solche Sprüche lügen …

      *Trotz aller Bemühungen (vom Arbeitsamt kontrolliert), müssen sich viele von ihnen mit der beinharten Realität abfinden, dass ihre Bemühungen alleine, entgegen der Klischees (soziale Hängematte, wer a Hackn wü, findt ah ane, usw.), nicht zum (von der Gesellschaft ‘krampfhaft herbei gesehnten’) Erfolg führen.

  3. Also diese arbeitszeiten….
    Das ist alles wegen KTM die sich mit ihrer Spende an die schwarze Brut flexible Arbeitszeiten gekauft hat….
    Für mich KORRUPTION….

    Dafür kassierte KTM Kunstförderug und EU Hilfen in der hohe von 126 Millionen Euro….
    Coronahilfen von 11 Millionen wovon er sich selbst 7 Millionen als Provisión ausgezahlt hat ..

    https://kontrast.at/ktm-corona-hilfen/

    Das ist Amtsmissbrauch, diebstahl und veruntreuung von Steuergelder und korruption…

    Was macht eigentlich die Justizministerin so….ausser korrupte Justiz schützen…

    Die gehören alle incl Zadic vor Gericht….

  4. Mit 1.850 liegt das Gehalt somit knapp über dem Kollektivvertrag (1.816 Euro). Eine laut dem Unternehmer “im Branchenvergleich überdurchschnittliche” Bezahlung,

    Hahaha ich lach mich kaputt….darfst 10 Stunden hackln und er redet von überdurchschnittlich gute bezahlung…

    • Damit es NOCH deutlicher wird : Die 1850 sind Monatslohn.
      Rechnet man das auf eine Stunde runter sind es grad mal einige Cent mehr. Da wird das “Überdurchschnittlich” schneller zum zynischen Hohn.

  5. Die Lohnnebenkosten (AN u AG) und die Relation der Arbeitslose müsste überdacht werden, jetzt viel mehr als noch vor 3 Jahren. Es hilft nix, wenn Abgaben zu stemmen sind, die Kalkulation nicht passt, der Mitarbeiter kein Auskommen hat und dann in der Arbeitslose auch kein Geld bekommt und dann die VP und NEOS mit einem Gehalt von 1800 keinen Bezug dazu finden, die abgeleitete Arbeitslose unter 1000 liegt.
    Freund von mir arbeitet bei Gurkerl als Lieferant, aber für ihn passt es, die Leute sind in Ordnung, gut, er wird nicht in die Pension damit gehen.

    • Immer diese Raunzerei bzgl. Lohnnebenkosten !
      Was soll dort eingespart werden ?
      Krankenkassenbeiträge sind Lohnnebenkosten – hier zu sparen geht auf die Gesundheit.
      Pensionsversichungsbeiträge sind Lohnnebenkosten – jede Änderung führt zu sofortigen Pensionskürzungen; auch bei zukünftige Pensionsberechtigten würde es logischerweise zu kleineren Pensionen kommen.

      • Pensionskürzungen wird es sowieso geben, real und nominell. Die Masse zahlt.
        in den Nachbarländern gibt es nirgends 30 % LNK
        Es bräuchte ein Konzept der Neuverteilung. kann ja später wieder auf das heutige Niveau zurück angepasst werden. Aber viele Firmen ächzen unter den Personal-/LN-Kosten.
        wir zahlen wie die Deppen an Personen Höchstpensionen wie OeNB, SV, Politik (selbst für 6 Mon), braucht es wirklich 7000 Euro Pension? Kenn einen Juristen der PVA, der kaufte sich fast jedes 2. Monat einen Oldtimer.. weil er nicht das Geld an die Familie vererben wollte. Ginge es nicht auch mit 3000? Fallen damit auch nicht ums Essen.
        Es gab die LNK-freien Dienstnehmer (geförderten 5000 oder so), da wurde es gut aufgenommen. In der Corona-Krise war die Übernahme der Kosten (inkl LNK) wesentlich.

  6. Was kümmern an so an Gstopftn, Gschichtn wie,

    Armuts- und Existenz(minimum)-Grenzen …

    #alsowirdstattdessendiepolitikzuagsudertwäueswaratwegndeorbajtsscheichn

  7. Ein Scheixxxlohn und dann noch ungute Arbeitszeiten ?
    Dieser Chef braucht dringend einen Arzt, der tickt nicht richtig.

  8. wieviel verdient der gurkerl-chef?
    inkl boni und eventuellen gewinnbeteiligungen?

    er sollte einfach dazu verpflichtet werden mindestens ein halbes jahr den job als lagerarbeiter zu machen und auch nicht mehr verdienen dürfen.

    und dann schau ich mir an, was er dazu sagt.

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