Donnerstag, April 25, 2024

“Herumkoffern”: Stress in der deutschen Ampel

Erst frontete Wirtschaftsminister Robert Habeck live seine Ampel-Koalitionspartner, dann disste SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert Habeck zurück. Harte Vorwürfe und böse Worte schippern durch die deutsche Regierung.

Berlin/Wien | Wer am Dienstagabend die deutsche ARD-Nachrichtensendung “tagesthemen” einschaltete, bekam einen denkwürdigen Auftritt von Vizekanzler und Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck präsentiert. Schnell wurde den Zusehenden klar: In der Ampel stimmt was nicht.

In Deutschland regieren SPD, Grüne und FDP miteinander. Und derzeit richten sich die Koalitionspartner in Fernsehberichten gegenseitig “Freundlichkeiten” aus. Auslöser für Habecks Wutausbruch, den deutsche Medien kurz darauf als “kontrollierte Entladung” bezeichneten, war ein geleakter Gesetzesentwurf zum Heizungsaustausch. Der war nämlich zum Ärger Habecks in der “BILD” gelandet und wurde dort zum “Heiz-Hammer”, der wenig überraschend für Furore sorgte.

“Mit Absicht zerstört”

Habeck unterstellte im Fernsehen, dass es einen Maulwurf in den eigenen Regierungsreihen gegeben haben müsse: „Wir haben eine Frühkoordinierung in der Regierung, das heißt nur wenige Leute kriegen die Gesetzentwürfe, dass man drauf guckt und sagt: Hört mal zu, da haben wir noch Gesprächsbedarf, das könnt ihr nicht in die Ressortabstimmung geben. Also ein ganz frühes Frühwarnsystem. Das machen wir mit allen Gesetzentwürfen.” Im Gespräch mit Anchorwoman Caren Miosga zog er weiter vom Leder: „Da ist noch nie etwas durchgestochen worden oder rausgekommen. Hier ist der Gesetzentwurf an die ‘BILD’-Zeitung, und ich muss also unterstellen, bewusst geleakt worden, um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden. Und insofern sind die Gespräche, wie finanziert man es genau, eine abgestimmte Ressortvorlage, eine Einigung möglicherweise mit den Koalitionspartnern zerstört worden. Wahrscheinlich mit Absicht zerstört worden, des billigen taktischen Vorteils wegen.“

Kritiker meinten daraufhin eine subtile Rüge an FDP-Finanzminister Christian Lindner herausgehört zu haben, arbeitet dessen Ehegattin doch bei der “Welt”, die mit “BILD” zum Axel-Springer-Verlag gehört.

Und dann kam Kevin

Etwa 24 Stunden später sollte Runde zwei des verbalen Bitchfights folgen, ebenfalls in der ARD – dieses Mal allerdings in Person von Kevin Kühnert, Ex-Parteirebell und derzeitiger SPD-Generalsekretär. Anders als Habeck, der bei seinem Interview vor einer schmucklosen Gardine postiert worden war, ließ sich Kühnert offenbar in einem Park abfilmen.

Kühnert blieb dann in seinen Anspielungen hörbar weniger nuanciert. Er teilte offen gegen Habeck aus: Habeck habe “anscheinend in seiner eigenen Partei ein bisschen Druck auf dem Kessel”. Er könne das verstehen, es würden derzeit große Themen in der Ampel verhandelt. Aber “man sollte mit dem Druck nicht so umgehen, dass man jetzt einfach in alle Richtungen deswegen koffert”, so Kühnert weiter.

Koffer-Koalition?

Das gegenseitige “Herumkoffern” ist nur die nächste Spitze in einem seit Wochen schwelenden Streit innerhalb der Ampelkoalition. Unter den Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne herrschen schon seit längerem Konflikte zu diversen Themen, angefangen beim Autobahnausbau, über ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen bis hin zum Etat für 2024.

Habeck beschwichtigte aber in den “Tagesthemen”: “Das Miteinander im Kabinett ist tadellos, wir können die Dinge ruhig und ganz normal bereden”. Aber ein bisschen Partei-Ego spiele immer mit: “Wir kriegen sie halt nicht über die politische Ziellinie gebracht, weil dann immer wieder geschaut wird, wie ist der mediale Echoraum, was macht mein nächster Parteitag, wo sind die nächsten Landtagswahlen”.

Man müsse sich in der Regierungskoalition wieder “auf uns selbst konzentrieren und uns noch mal klarmachen, welches Privileg es ist, in dieser Regierung zu sein, klarzumachen, dass auch Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist”.

Titelbild: Screenshot ARD/Montage ZackZack/Thomas König

Anja Melzer
Anja Melzer
Hält sich für die österreichischste Piefke der Welt, redet gerne, sehr viel und vor allem sehr schnell, hegt eine Vorliebe für Mord(s)themen. Stellvertretende Chefredakteurin. Sie twittert unter @mauerfallkind.
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4 Kommentare

  1. Die deutsche Regierung merkt, dass die Bevölkerung nicht mehr mehrheitlich hinter ihr steht. Die Abrechnung 2025 ist gewiss. Um grösseren wirtschaftlichen Schaden abzuwenden, ist das aber fast schon zu spät. Und je näher die Wahl rückt, um so grösser werden die internen Differenzen, weil jeder dann noch sein Leiberl retten möchte. Den Schaden zahlt der deutsche Steuerzahler, und auch wir in Österreich werden von der Erosion des deutschen Wirtschaftsstandorts erfasst.

    • Wen soll man dann wählen? Die AfD? Die Linke spaltet sich gerade. Wagenknecht will eine neue Partei gründen. CD/CSU ist mit Merz nicht besser.
      Übringends Berater von Habeck ist jemand jemand von Black Rock, und von Scholz von Goldman Sachs.

      • Der Habeck-Berater könnte ihm einmal eine Nachhilfestunde geben, was man unter Insolvenz versteht.

    • Man muss hoffen, dass die Ampel-Regierung vorher platzt, bevor der Schaden zu gross ist. Aber die von dieser dt. Regierung heraufbeschworene Kriegsgefahr könnte das alles noch sekundär werden lassen. Wenn Deutschland im Krieg ist, wird Habeck keine Windräder mehr bauen oder Heizungen verbieten, der Trottel.

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