Während der Nowruz-Festigkeiten wurden Dutzende Kinder in Diyarbakır verhaftet. Jetzt wurden drei Polizeibeamte wegen der Folter eines verhafteten Kindes angeklagt.
Wien/ Diyarbakır | Am 26. März wurden drei Polizeibeamte, darunter ein Kommissar, im Bezirk Lice, in der mehrheitlich kurdischen Provinz Diyarbakır, wegen „Freiheitsberaubung und vorsätzlicher Körperverletzung“ verhaftet. Sie sollen am 21. März, also während der Nowruz-Festlichkeiten (Persisches/Kurdisches Neujahr), ein 14-jähriges Kind entführt, gedemütigt und gefoltert haben.
Im Rahmen der Ermittlungen wurden zunächst fünf Polizisten verhaftet, von denen zwei bereits wieder freigelassen wurden. Außerdem wurden fünf weitere Beamte vom Dienst suspendiert. Nahit Eren, der Vorsitzende der Anwaltskammer von Diyarbakır, schreibt: „Die Taten fallen unter den Straftatbestand der Folter.“
Kind könnte Augenlicht verlieren
Das Kind, bekannt nur unter seinen Initialen Y.D., könnte in Folge der Misshandlungen noch sein Augenlicht verlieren und wurde dennoch nach einem Tag aus dem Krankenhaus entlassen. Y.D. war anschließend zum Gendarmerie-Kommando im Bezirk Lice vorgeladen worden, um die Beamten zu identifizieren, die ihn misshandelt hatten. Das Kind hatte die drei Beamten in Anwesenheit eines Staatsanwalts identifiziert, ohne dass sein Anwalt anwesend war, berichtete die „Mezopotamya ajansı“ unter Berufung auf der Familie des Kindes.
Was ist genau passiert?
Der 14-jährige Y.D. war zusammen mit einem zehnjährigen Freund auf dem Heimweg, als sie von Polizisten angehalten wurden. Sein Freund wurde zwar freigelassen, Y.D. aber wurde in einem Auto verschleppt, verprügelt und unter anderem gezwungen die türkische Nationalhymne zu singen. Anschließend wurde er nachts mit gefesselten Händen und verbundenen Mund in einem Sumpf in der Nähe eines Baches zurückgelassen. Ein Dorfbewohner fand das Kind in der Dunkelheit der Nacht und brachte ihn ins Krankenhaus.
Massenverhaftungen von Kindern während Nowruz
Insgesamt wurden während der Nowruz-Festigkeiten in Diyarbakır 57 Kinder verhaftet. Die Verhaftungen sollen schon in aller Frühe begonnen haben, ohne Haftbefehl durchgeführt und über den ganzen Tag fortgesetzt worden seien. Begründet wurden die willkürlichen Festnahmen mit „Propaganda für eine terroristische Organisation“. Die Kinder sollten nach 17:00 Uhr am Ende der Nowruz-Feierlichkeiten ihren Familien übergeben werden.
Eine Ermittlung gegen ein Kind sollte gemäß Artikel 15 des Gesetzes zum Kinderschutz direkt vom zuständigen Staatsanwalt durchgeführt werden. “In Diyarbakır ist es jedoch gängige Praxis, dass die Ermittlungen im Rahmen des Anti-Terror-Gesetzes von dem Staatsanwalt durchgeführt werden, der der Anti-Terror-Abteilung der Polizei zugeordnet ist”, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme unter anderem von der Anwaltsvereinigung Diyarbakır.
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