Freitag, Mai 3, 2024

Glanzlichter: Gas und Pfeffer

“Hoch aggressiv” bis “völlig unverhältnismäßig”: Das Vorgehen der Wiener Polizei gegen Umweltaktivisten rund um die Gas-Konferenz wird stark kritisiert. Fotograf Christopher Glanzl hat aus nächster Nähe die Pfefferspray-Angriffe festgehalten.

Wien | Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hätte die Europäische Gaskonferenz (EGC) am Montag in einem Wiener Hotel am Parkring stattfinden sollen, dies verhinderten jedoch Umweltaktivisten von “BlockGas” und “Don’t Gas Africa” mit nicht angemeldeten Versammlungen. Ab 8.00 Uhr morgens standen sich alsbald Polizei und Protestierende sowohl neben dem Hotel am Ring wie auch in der 250 Meter davon entfernten Johannesgasse gegenüber, wo die Kundgebung teils mit Pfefferspray aufgelöst wurde.

Aggressive Polizei kesselt und sprayt

Deutliche Kritik am Polizeieinsatz kam am Nachmittag von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die die Proteste eigenen Angaben zufolge an Ort und Stelle verfolgt hatte. Die Polizei habe Demonstrierende eingekesselt, sei “sehr aggressiv” vorgegangen und habe “unverhältnismäßig Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt”, schrieb Amnesty International Österreich auf Twitter. Die Behauptung der Polizei, Demonstrierende hätten strafbare Handlungen gegen den öffentlichen Frieden gesetzt, könne “nicht nachvollzogen werden”. Amnesty zeigte sich “besorgt über die Kriminalisierung friedlicher Proteste”, der Staat habe “die Pflicht, friedliche Proteste zu ermöglichen und nicht zu verhindern, wie wir es heute gesehen haben”.

Anselm Schindler von “BlockGas” sprach von “Profiteuren des Krieges und der Inflation”, die über die nächsten Jahrzehnte die Gasinfrastruktur weiter ausbauen würden. Auch an den Küsten Afrikas und in Lateinamerikas werde agiert, Schindler ortete “koloniale Kontinuitäten”, denn die Energiearmut bliebe der jeweiligen Bevölkerung erhalten, die Ressourcen seien schließlich für “uns” in Europa.

Gegen 9.15 Uhr kam es – wie auch auf den Bildern zu erkennen – zum Einsatz von Pfefferspray, als die Gruppe trotz Unterzahl versuchte, die Reihen der Exekutive zu durchbrechen – die Landespolizeidirektion (LPD) schrieb auf Twitter von “koordinierten Versuchen, zum Veranstaltungsort vorzudringen”. Eine Person wurde durch den Einsatz von Pfefferspray beeinträchtigt.

Die zuvor bereits umstellten Teilnehmenden wurden infolge mit Absperrgittern blockiert, zahlenmäßig war die Exekutive den rund 50 Protestierenden weit überlegen, sogar Diensthundestaffel und die Sondereinheit WEGA wurden hinzugezogen. Die LPD Wien begründete das weitere Vorgehen per Twitter, dass wegen “schwerer gemeinschaftliche Gewalt” (Paragraf 274 StGB) eingeschritten werde, und daher Identitätsfeststellungen vorgenommen werden müssten.

Sogar Kritik aus der Regierung

Acht Personen haben sich laut Polizei ausgewiesen und wurden auf freiem Fuß angezeigt. 143 Personen wurden vorläufig gemäß der Strafprozessordnung festgenommen. Kritik kam auch vom grünen Justizsprecher Georg Bürstmayer via Twitter:

Unter anderem auch aus dem Ausland angereisten Aktivisten machten darauf aufmerksam, dass die Konferenz abseits der Öffentlichkeit stattfinden sollte. “Gas Is Colonialism” und “Last Winter Of Gas”, war beispielsweise auf Transparenten zu lesen. Mit den Protestaktionen werde “ein Ende der klimaschädlichen, undemokratischen und anti-sozialen Entscheidungen hinter verschlossenen Türen” gefordert, hieß es in einer Aussendung des internationalen Bündnisses “BlockGas”.

“Sind nicht die Tankstelle Europas”

“Wir haben eine koloniale Geschichte”, sagte Lorraine Chiponda von “Don’t Gas Africa”. Sie sprach von Unternehmen, die kontinuierlich die afrikanischen Ressourcen ausgebeutet und damit massive, obszöne Gewinne erzielt hätten. “Wir sind nicht die Tankstelle Europas”, ergänzte Mitstreiter Dean Bhebe aus Südafrika. Die Ausbeutung der Ressourcen habe die Ungleichheit auf dem ganzen Kontinent vorangetrieben. “Die Ernährungssicherheit von Fischereigemeinden im Senegal ist wegen neuer Gas-Explorationen gefährdet”, so Bhebe unter Hinweis auf neue LNG-Gas-Megaprojekte an den Küsten, die als Antwort auf die gesunkenen Importe aus Russland aufgrund des Angriffskriegs auf die Ukraine erfolgen.

Aus Österreich schloss sich unter anderen “Fridays For Future” den Protesten an, Global 2000 projizierte laut einer Aussendung den Schriftzug “Stop Europe’s Fossil Energy Addiction” auf das Konferenzgebäude und die Raffinerie der einladenden OMV. Aktivisten von Attac hielten am Wochenende einen Alternativengipfel ab und riefen für Dienstag um 17.30 Uhr am Stephansplatz zur Demonstration “Stoppt die Gaslobby!” auf. “Die Protestierenden werden kriminalisiert, doch die eigentlichen Verbrechen werden von der fossilen Gasindustrie hinter verschlossenen Türen beschlossen”, kommentierte Alexander Egit, Geschäftsführer bei Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, das Vorgehen.

apa | Alle Bilder: ZackZack/Christopher Glanzl

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8 Kommentare

  1. Kein Wunder, dass sich bei der Polizei keiner bewerben will und ihnen die Leute davon laufen. Wer will sich für so etwas hergeben ?! Menschen besprühen und Gewalt anwenden !!!

  2. “Aggressive Polizei kesselt und sprayt”
    Was auffällt, man kesselt ja inzwischen schon in alle Richtungen. Vielleicht sollte man doch nachdenken, dass wir es hier nur noch mit einem Machtmissbrauch zwischen oben und unten zu tun haben. Aber bitte, ich will ja nicht gestört haben, beim täglichen Messer wetzen zwischen dem linken und rechten Flügel der Gesellschaft…..

  3. Versteh nicht, warum die Redaktion “Glanzlichter” in die Schlagzeile schreibt. Strange.

  4. Pfefferspray und unangemessene Gewalt sind nur gegen Menschen erlaubt, die gegen die zerstörerischen C-Maßnahmen und damit gegen die totalitären Spinner in der Regierung demonstrieren. Da haben wir mal wieder schön auf den Pressekodex vergessen, oder?

    • Das ist schlichtweg falsch. Auch bei den C Demos wurde darüber berichtet, wenn die Polizei augenscheinlich unangemessen vorging. Hören sie endlich auf mit diesem ständigen Gejaule. Haben sie nichts Besseres zu tun, als diesen sinnlosen Opfermythos vor sich her zu tragen, als wäre er eine heilige Monstranz?

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