Warum ausgerechnet das Nicht-Sterben-Können mit dem Altern zu tun hat und wie wir den Prozess möglicherweise stoppen könnten erklärt Biochemikerin Renée Schroeder im zweiten Teil der ZackZack-Serie “UNSTERBLICH”.
Die Altersforschung hat in den letzten Jahrzehnten einige spannende Erkenntnisse gewonnen. Stellen Sie sich vor, was Forscherinnen durch den Kopf geht, wenn sie eine Wurmmutante finden, die älter wird als ihre sonst identischen Wurmgenossen. Das bedeutet, dass durch genetische Veränderungen die Lebenserwartung sich ändern könnte.
Ist Altern verschiebbar?
Mit dieser Erkenntnis hat die Altersforschung enormen Aufwind bekommen, denn das bedeutet, dass das maximale Alter, welches wir erreichen könnten, nach hinten verschiebbar sein könnte. Diese Frage ist noch nicht abgesichert: da wird noch heftig debattiert ob dem so sein könnte. Also machten sich ForscherInnen auf den Weg, den Schlüssel zur Abschaffung des Alterns zu finden.
Aber warum altern wir überhaupt?
Gleich vorweg: Auf- und Abbau von unseren Molekülen ist ein fester Prozess des Lebens! Alles geht einmal kaputt. Alles was aufgebaut wird, wird auch wieder abgebaut. Unser Stoffwechsel garantiert es, dass alles was aufgebaut wurde auch wieder abgebaut wird, wenn es nicht mehr ganz funktionsfähig ist. Wir nehmen Nahrung auf, bauen diese ab, wandeln einiges in Energie um und machen eigene Stoffe daraus. Das gilt für unsere Moleküle und auch für unsere Zellen.
Warum altern unsere Zellen und warum altert unser Körper? Dass Zellen sich teilen und vermehren ist die Grundlage des Lebens. Wenn die Zelle alt und beschädigt ist, stirbt sie normalerweise und wird abgebaut. Das ist ebenfalls eine Grundeigenschaft des Lebens. Ganz anders könnte es aber mit einem ganzen Organismus sein. Ein Tier oder eine Pflanze könnte ja seine Milliarden Zellen immer wieder erneuern und dabei selbst immer frisch und jung bleiben. Das ist ja auch so. Wir erneuern ständig (fast) alle unsere Zellen, auch in unserer Jugend. Und es gibt Tierchen wie die Hydra, die altern nicht, weil sie ihre Zellen ständig erneuern. Sie stirbt trotzdem, weil sie aufgefressen wird. Die Hydra werde ich Euch in einer späteren Episode genauer vorstellen.
Bei uns Menschen funktioniert dieser Erneuerungsprozess irgendwann nicht mehr. Wenn wir altern funktioniert der Abbau nicht mehr richtig. Wir werden oft krank und bekommen chronische Beschwerden und unsere Zellen scheinen sich nicht mehr zu erneuern.
Alte Zellen sollten spezifisch entfernt und erneuert werden
Warum altern Zellen und welche Schäden richten sie an? Alte Zellen teilen sich nicht mehr, sie können weder ihre DNA-Schäden reparieren, noch können sie sterben. Stattdessen reichern sie sich an und entzünden das benachbarte Gewebe. Alte „seneszente“ Zellen verursachen Krankheiten, die den Alterungsprozess beschleunigen. Sie sollten in den kontrollierten Zelltod (Apoptose) gehen, damit neue Zellen sich aus Stammzellen entwickeln können. Das können sie aber nicht mehr.
Apoptose ist, im Unterschied zu Nekrose, ein kontrollierter Zelltod. Im Alter scheinen diese alten Zellen einiges verlernt zu haben. Sie können nicht mehr sterben! Es wäre aber unbedingt notwendig, um nicht zu altern, dass diese alten Zellen entfernt werden. Diesen Prozess nennt man „Senolyse“, das spezifische Sterben von alten Zellen. „Seneszent“ heißt alternd, und „Lyse“ heißt „sich auflösen“.
Eine mögliche Therapie gegen das Altern wäre daher, alte Zellen spezifisch zu beseitigen ohne junge Zellen zu treffen. Was wir brauchen, sind „senolytische“ Drogen. Das wären Drogen, die alte Zellen entfernen, ohne die jungen Zellen anzugreifen. Solch eine geniale Droge mit dem Namen FOXO4-DRI stelle ich Euch nächste Woche vor.
Titelbild: Othmar Wicke / ZackZack