Samstag, Juli 27, 2024

COFAG-Förderung für „Mädchentester“

ÖVP-Familienministerin Raab schickt dem Bordellbesitzer, der in Graz mit einem Plakat „Mädchentester“ sucht, die Polizei ins Haus. Doch Raabs Parteifreund an der Spitze des Finanzministeriums ließ zu, dass seine COFAG denselben Bordellbesitzer mit mehr als 100.000 Euro förderte.

Familienministerin Susanne Raab ist empört: „Wenn ich das lese, dreht es mir den Magen um.“ Die Frauenminister findet es „unfassbar widerlich, frauenfeindlich und menschenverachtend“, dass das Grazer Bordell „Maximus“ mittels Plakat „Mädchentester“ sucht. Susanne Raab kritisiert allerdings nicht, dass der Betreiber und Besitzer der Grazer Bordellkette von der COFAG des Finanzministers von 2020 bis 2022 insgesamt 118.958,64 Euro an COVID-Beihilfen erhalten hat.

Quelle: Twitter

Finanzdienstleistungen

Wer in der Beihilfe-Transparenzdatenbank der EU nach den COVID-Förderungen für Karl und Christine Mahrers „CHARISMA GmbH“ sucht, findet eine Zeile unter den COFAG-Überweisungen an die Mahrer-Firma noch einmal „CHARISMA“. Aber diesmal deutet nichts auf den ÖVP-Stadtrat, Polizeigeneral und Geschäftsmann Karl Mahrer hin.

„Erbringung von Finanzdienstleistungen“ – so steht es in den elf CHARISMA V2-Förderungsansuchen, die die COFAG zwischen dem 20. März 2021 und dem 19. Mai 2022 genehmigt hat. Insgesamt hat CHARISMA V2 in dieser Zeit 118.958,64 Euro erhalten – zur „Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaats“. Allein am 19. Oktober 2021 hat CHARISMA V2 so mehr als 30.000 Euro von der COFAG zugesprochen erhalten.

Quelle: Beihilfe-Transparenzdatenbank der EU

Der Mitgliedsstaat ist „Österreich“. Aber was ist das CHARISMA-Wirtschaftsleben?

Guckloch

„firmeninfo.at“ gibt zum CHARISMA-„Betriebsnamen“ einen ersten Hinweis: „Guckloch“. Auf der Website der Wiener CHARISMA-Filiale wird es klarer: „Wer kennt es nicht, in vielen Laufhäusern in Wien: Preise sind unersichtlich, kontinuierliche Verhandlungen und Fake Fotos.“

Für das Problem gibt es eine Lösung: „Wir sind die Alternative zum Laufhaus. Hygienisch, echte Fotos, Preise vor Kontakt klar definiert! Unser Computersystem gibt dir genau Auskunft was Sache ist. Dadurch sind wir die Nr 1. für einfach Sex in Wien!“

Das Geschäftsmodell wird anhand der Mieten verständlich erklärt: „Unsere 5 Zimmer zu jeweils unterschiedlichen Themen sind getrennt von den Services der Mädchen zu zahlen. Preis: 15 € für 16 Minuten, 25 € für 33 Minuten.“ Die „Finanzdienstleistungen“ sind vom Bordellkunden zu erbringen.

Der entscheidende Punkt steht im letzten Satz: „Zusätzlich ist auch der Service des Mädchens zu bezahlen.“ Wie alle Laufhäuser setzt auch CHARISMA auf das Prinzip der getrennten Geschäfte: Die GmbH kassiert für Zimmer, Bühne und Getränke. Die Frauen arbeiten auf eigene Rechnung. Die COFAG, so zeigen die ZackZack-Recherchen, fördert nur die „Vermieter“ als „Immobilienunternehmer“, Ausschenker von Getränken, Erbringer von „Finanzdienstleistungen“ oder „überwiegend persönlichen Dienstleistungen“.

„After Race“

In Zeltweg lädt „Carisma“ während des Formel 1-Grand Prix zu „After Race-Parties“ mit „40 – 50 Girls“.

Wer es ländlicher will, kann in ein anderes Zimmer ausweichen: „Fühlen sie sich in unseren Steirerzimmer wie auf einer Berghütte. Das Zimmer gibt ihnen das Gefühl in einer ländlichen Umgebung mit einem Mädchen ihrer Wahl ein Abenteuer zu erleben.“

In Graz gibt es Peepshow, Laufhaus und Escort-Service, die Zentrale und das Plakat des Anstoßes. Auch beim Escort-Geschäft herrschen klare Verhältnisse: “Escortservice Graz ist eine unabhängige Vermittlungsplattform für Escort-Girls & Boys in Graz für ganz Österreich und erhält für erfolgreiche Vermittlungen eine Provision. Alle weiteren Preise für Dienstleistungen sind mit den Damen und Herren individuell zu vereinbaren und abzurechnen.” Unmissverständlich wird klargestellt: “Unsere Damen sind selbstständige Unternehmerinnen.”

Das CHARISMA-Netzwerk stellt vom Bordell bis zum Escort Service nur die “Plattform” zur Verfügung. Die COFAG sorgt dafür, dass durch den Fortbestand der Plattformen “eine beträchtliche Störung” vom “Wirtschaftsleben Österreichs” abgewendet wird.

Schönaugürtel, Graz

Die Firmenzentrale des CHARISMA-Peepshow- und Bordell-Netzwerks liegt am Schönaugürtel 13 in Graz. Dort kontrolliert Rene Wollinger als Alleineigentümer und Geschäftsführer Bordelle und Peep-Shows in Graz, Wien und Zeltweg. Dazu nützt er zwei Unternehmen: die „CHARISMA V2 GmbH“ und die „Maximus Nightlife GmbH“.

Gewinn dank COFAG

Im Anhang zur CHARISMA-Bilanz 2020 wird festgehalten: „Von den mit dem Covid-19-Gesetz beschlossenen finanziellen Maßnahmen wurde der Fixkostenzuschuss I sowie der Umsatzersatz in Anspruch genommen.“ Mit einer Förderung von mehr als 68.000 Euro gelang es der COFAG, aus dem Verlustjahr 2021 ein gutes CHARISMA-Jahr mit einem Gewinn von 19.479,18 Euro zu machen.

Rene Wollinger ist es jedenfalls ein Anliegen, mit falschen Eindrücken über seine „Mädchentester“ aufzuräumen. Ihm ginge es, wie er dem Grazer Portal “www.5min.at” erklärt, darum, „Personen zu finden, die unsere Bewerber/Innen psychisch auf diesen schwierigen – wahrscheinlich ‘den’ härtesten Job der Welt vorbereiten“. Wollinger weiß, wer das kann: „Für diese intensiven Gespräche brauchen wir keine Psychiater, sondern Menschen, die in Zukunft auch zum Kundenklientel der Damen zählen.“

Das Geschäftsmodell scheint klar: Kunden testen „Damen“ – und das Finanzministerium greift mit Beihilfen unter die CHARISMA-Arme. Der Protest gegen Finanzministerium und COFAG steht seitens der Familienministerin noch aus.

Fragen an COFAG

In einer COFAG-Stellungnahme zu fünf ZackZack-Fragen heißt es: „Damit die COFAG zu einem konkreten Fall gegenüber Dritten Stellung nehmen kann, benötigt die COFAG zur Auskunftserteilung eine schriftliche und unterschriebene Bevollmächtigung des betroffenen Unternehmens.“

Zwei Fragen hätte die COFAG dennoch beantworten können:

1. Wie viele Sexarbeiterinnen haben zwischen 2020 und 2022 Unterstützung durch die COFAG erhalten?

2. Welche weiteren Bordell- bzw. Peepshow-Unternehmen sind zwischen 2020 und 2022 von der COFAG finanziell unterstützt worden?

ZackZack stellte eine weitere Frage: “Die Begründung für einen Großteil der Förderungen lautet „Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaats“. Welche „beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben“ Österreichs hat durch den COVID-bedingten Nichtbetrieb der Bordelle und Peepshows gedroht?”

Aber COFAG antwortete nicht.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

27 Kommentare

27 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Die Ergebnisse der Pilnacek-Kommission

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!