Samstag, Mai 18, 2024

Unsterblich Episode 7: Was sind Stammzellen?

Stammzellen sind unsterblich! Doch können wir damit den Alterungsprozess aufhalten? Biochemikerin Renée Schroeder erklärt, welche Stammzellen es gibt und wie sie uns helfen könnten, das Altern zu stoppen.

Stammzellen werden oft als die großen Hoffnungsbringer gepriesen und teilweise auch mit großer Skepsis betrachtet. Es ist auch meine Meinung und Hoffnung, dass die Medizin mit der gerichteten Anwendung von Stammzellen sehr viele Krankheiten wird heilen können und nicht nur die Symptome mindern oder behandeln. Bevor wir darüber sprechen, möchte ich genau erklären was Stammzellen sind und welche Arten von Stammzellen es gibt. Das ist für die ethische Betrachtung sehr relevant.

Die Urzelle

Stammzellen sind Zellen, aus denen sich alle Zellen eines Organismus entwickeln. Sie können sich einerseits identisch verdoppeln, was man Proliferation oder Vermehrung nennt. Andererseits können sie sich zu spezialisierten Zellen entwickeln. Das nennt man Zelldifferenzierung. Stammzellen sind sozusagen das Rohmaterial aus dem sich spezialisierte Zellen entwickeln.

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Abb. 1: Die asymmetrische Zellteilung ermöglicht es, dass sowohl neue Stammzellen gebildet werden (Selbsterneuerung) als auch Zellen, die sich spezialisieren (Differenzierung), Quelle: https://www.stammzellen.nrw.de/informieren/stammzellen-verstehen/was-sind-stammzellen

Die Verwandlung der Stammzellen

Es gibt drei verschiedene Arten von Stammzellen. Während sich unipotente Stammzellen nur zu einem einzigen Zelltypus entwickeln können, wie etwa Hautzellen, haben multi- und pluripotente Stammzellen deutlich mehr Wandlungsfähigkeit. Multipotente Stammzellen finden wir zum Beispiel in unserem Blut, wo sie sich zu Erythrozyten und Lymphozyten entwickeln können. Einen ganzen Organismus können sie aber nicht aufbauen. Das ist den pluripotenten Stammzellen vorbehalten, zu dem auch die Embryonalen Stammzellen gehören.

Embryonale Stammzellen sind die „fähigsten“ Stammzellen, weil sie sich zu allen anderen Zellen eines Organismus entwickeln können. Sie wären für die Forschung von enormer Bedeutung, vor allem, weil sie im Labor leicht gezüchtet werden können. Sie können ewig weiter gezüchtet werden und behalten ihre Fähigkeit, sich zu allen Zellen des adulten Körpers entwickeln zu können. Das Problem ist aber, dass sie aus menschlichen Embryonen gewonnen werden, was ethisch bedenklich ist und in etlichen Ländern, auch Österreich, verboten ist.

Die Lösung des ethischen Problems

Seit 2012 gibt es eine Alternative zu embryonalen Stammzellen: induzierte pluripotente Stammzellen (iPS). Das sind Stammzellen, die pluripotent sind, aber nicht aus menschlichen Embryonen stammen, sondern aus adulten Zellen reprogrammiert wurden. Das Programmieren geht also auch rückwärts! Dass die Zelldifferenzierung auch rückgängig gemacht werden kann, war eine sehr große Überraschung. Dieser Meilenstein gelang der japanischen Gruppe unter der Leitung von Shynia Yamanaka, der dafür 2012 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin erhielt. Diese Rückentwicklung oder Reprogrammierung gelang durch die Aktivierung einiger Gene, die man auch Yamanaka Faktoren nennt.  Solche Transkriptionsfaktoren sind Eiweißmoleküle, die sich vor ein Gen setzen um dieses einzuschalten.

Wir haben bereits den Transkriptionsfaktor FOXO4 in Episode 3 kennen gelernt, der in alten Zellen Probleme macht!

iPS-Zellen haben ein sehr hohes medizinisches Potential, ohne ethisch problematisch zu sein. Es gibt viele Anwendungen von iPS-Zellen in den Bereichen Gentherapie, Krankheitsmodellierung und Arzneimittelentwicklung.

Stammzellen sind unsterblich!

Stammzellen können sich ewig weiter teilen. Menschliche embryonale Stammzellen gelten als unsterblich: Sie altern nicht, können sich unbegrenzt vermehren und jedes Gewebe des Organismus bilden. So könnten sie den Alterungsprozess aufhalten.

Unser aktuelles Wissen über menschliche Stammzellen macht es möglich, den Alterungsprozess zu verzögern und die Gesundheit und Lebensdauer zu verbessern. Stammzellbehandlungen können eine entscheidende Rolle bei der Verzögerung des Alterungsprozesses spielen. Zusammen mit Anti-Aging-Genen kann eine Stammzellinfusion einen hochentwickelten Schutzschild schaffen, der die Auswirkungen des Alterns verhindern oder verlangsamen kann.

Ein erhöhter Verschleiß der natürlichen Stammzellen des Körpers erhöht die Zellschädigung und beschleunigt den natürlichen Alterungsprozess. Eine Stammzelltherapie in Kombination mit Anti-Aging-Genen kann möglicherweise den Prozess der Zellalterung auffangen.

Titelbild: Renée Schroeder / pixabay, Montage ZackZack

Renée Schroeder
Renée Schroeder
Renée Schroeder ist eine der führenden Biochemikerinnen Europas. Als Wittgenstein-Preisträgerin lehrte sie an der Universität Wien. Heute lebt sie auf dem Salzburger Leierhof und beschäftigt sich mit wilden Kräutern, die sie verarbeitet. Für ZackZack beschreibt sie die ebenso folgenreichen wie weitgehend unbekannten Entwicklungen der technischen Eingriffe in die Grundlagen unseres Lebens - bis hin zur Abschaffung des Alterns.
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6 Kommentare

  1. Bis vor kurzem glaubte ich, dass diese Anti-Alterungs-Forschung zwar extrem cool, aber letztendlich eine reine Luxusbeschäftigung unserer Wohlstandsgesellschaft ist. Inzwischen bin ich zur Erkenntnis gelangt, dass es für das gesunde Fortbestehen unserer Zivilisation essentiell ist, dass wir möglichst langsam altern. Der Demographische Wandel ist weltweit voll im Gange, fast überall, außer derzeit noch in Afrika, sinkt die Geburtenrate. In den nächsten Jahrzehnten wird sich die Alterspyramide weiter nach oben verschieben, es wird weniger Menschen im mittleren Alter, aber viele Seniorinnen und Senioren geben. Es wird unerlässlich sein, dass Menschen länger im Erwerbsleben bleiben, was rein menschlich nur zumutbar (und auch technisch nur möglich) ist, wenn die Menschen möglichst lange gesund bleiben und langsamer altern.

    Dazu kann ich dieses Video sehr empfehlen: https://youtu.be/LBudghsdByQ?si=xMqyI8-buYvUMxR0

    • Derzeit scheint noch das Bevölkerungswachstum das Problem zu sein. Die Erdbevölkerung nimmt noch zu. Wohlstandserscheinungen sind das Hobby einer privilegierten Minderheit. Derzeit gelingt es auch nicht den Wohlstand inklusive die Gewinne aus Produktionseffizienz auf der Erde gerecht zu verteilen. Daß sich das niemals ändert und daher die von Ihnen geforderte Intervention hochnotwendig sein wird, halte ich für eine gewagte Prognose.

    • Ja, die Ultragstopften investieren in ein längeres Leben, juhu! Gleichzeitig kommen Klimawandel, alle weiteren Umweltkatastrophen, Artensterben und Spermageddon auf uns zu. Die Armen sollen hackeln, krank werden, für inadäquate und unnütze Untersuchungen und Behandlungen blechen und wenns Geld aus ist, dann dürfen sich ehebaldig einsargen lassen.

      Liebe Kapitalistische Arschgeig*en, ist euch zu wünschen dass die Schere zwischen Leistung und Wertschätzung noch weiter auseinandergeht. Lasst eure Kohle für euch “arbeiten” und kaufts euch Unmengen Stammzellbehandlungen. Ich werds nimmer erleben, euer ewiges Leben. Zum Glück!

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