Samstag, Juli 27, 2024

René Benko: Totalschaden im Kartenhaus

René Benko ist am Ende. Von Raiffeisen bis zur ÖVP wird bald klar sein, wen der Immobilien-Jongleur aus der Kurz-Familie mitreißt.

Das Geld für die Maroni hat er noch. Aber die meisten der Gäste, auf die er so stolz war, dürften ihm abhandengekommen sein. René Benko wird heuer im kleinen Kreis törggelen.

Derzeit befindet sich der Immobilien-Oligarch im freien Fall. Erst in ein paar Monaten werden wir wissen, wie tief er gefallen ist und wen er dabei mitgerissen hat.

Faktischer Geschäftsführer

Der Fußtritt, mit dem ihn seine wichtigsten Geldgeber vor die Tür gesetzt haben, markierte wohl das Ende. Mit dem Sturz kommen auch die Verfahren. Bei einigen geht es um Hunderte Unternehmen, seltsame Bewertungen und Ausschüttungen, dubiose Förderungen und Steuern. Seit seiner ersten Verurteilung tritt Benko nicht mehr als Geschäftsführer auf. Offiziell hat er mit den SIGNA-Geschäften nichts zu tun.

Wenn ihn aber jetzt seine wichtigsten Geldgeber zum Rückzug zwingen, deutet das auf etwas Heikles hin: dass Benko die ganze Zeit „faktischer Geschäftsführer“ war. Dann wäre er mit einem Schlag für alles, was er vielleicht seinen Geschäftsführern umhängen wollte, selbst verantwortlich.

Bei anderen Verfahren geht es um ihn selbst. Sein Innsbrucker Steuerakt, in dem penibel beschrieben wird, wie sich Villen, Privat-Jets, Yachten und Weinkeller in „Firmenausgaben“ wandelten, liegt beim Staatsanwalt. Dort wartet auch Thomas Schmid auf ihn, aber nicht mehr als Benko-Tool, sondern als Kronzeuge.

Schaum und Schein

Es stimmt, die hohen Zinsen haben zum Benko-Absturz beigetragen. Aber sie waren nicht die Ursache. Benko war kein „normaler“ Immobilienunternehmer. Er war der Herr eines Kartenhauses, dessen Konstruktion seit Jahren bekannt war. 2019 etwa schrieb Benko Verluste von 95 Millionen Euro, aber nur kurz: Der Immobilienbestand wurde neu begutachtet und war über Nacht um 933 Millionen mehr wert. Plötzlich war genug Geld da, um dem Eigentümer eine satte Dividende zukommen zu lassen.

Die Immobilien, die so ein Vielfaches wert wurden, reichten Banken wie der Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich, ein Vielfaches an Krediten zu vergeben. Jeder steckte seine Karte ins Kartenhaus und freute sich, dass es immer höher wurde.

In normalen Immobilien- und Bankgeschäften gibt es Regeln für Bilanzierung und Kreditvergabe. Bei Kartenhäusern gilt nur eine Regel: dass man sich so viele Karten wie möglich besorgt, bevor der erste Wind ins Haus pfeift.

Wer SIGNA-Bilanzen liest, beginnt zu verstehen, was das Attribut „self made“ vor dem Ehrentitel „Milliardär“ bei René Benko bedeutete. Nicht nur die Prüfer der EZB versuchen zu klären, warum Banken wie die RLB Oberösterreich offensichtlich ohne Rücksicht auf Verluste mitmachten.

Benko, Wolf und Ho

René Benko war ein echter “österreichischer” Unternehmer, wie Sigi Wolf und Martin Ho. Von der Pratersauna bis zum Golden Quarter waren sie alle nach demselben Muster erfolgreich: Familie. Die einen hatten das Geld, die anderen die Macht und die Dritten die Akten. Im Finanzministerium wurden die Steuern gesteuert, dafür mussten sich die politischen Familienmitglieder wenig Sorgen um ihre Finanzen machen.

Die Absicherung besorgten Justiz und Medien. Die Inseratenzeitungen huldigten Benko und Kurz. Wenn es zwischendurch trotzdem eng wurde, wussten die Freundinnen und Freunde in Justizministerium und OStA, dass es wieder Zeit zum „Daschlogn“ war.

Eric Frey hat für den „Standard“ zusammengefasst: „Er hat mehr genommen als gegeben, mit Schaum und Schein gearbeitet – und steht daher auch symbolhaft für die Ära seines Freundes Sebastian Kurz.“

René Benko und Sebastian Kurz sind zwei der prächtigsten Blüten in Österreichs Wirtschaft und Politik. Jeder konnte sehen, dass sie an der Oberfläche des türkisen Sumpfs ihre Pracht entfalteten. Viele Jahre saßen Journalisten am Sumpfufer und quakten Kurz- und Benko-Hymnen. Das Netzwerk der beiden hat vom Froschjournalismus gut gelebt.

WKStA und “Krone”

Als HC Strache auf Benkos Jacht vor Ibiza saß und seinem Gastgeber von den Medienplänen mit der russischen Oligarchin und der „Kronen Zeitung“ erzählte, dürfte er Benko auf eine Idee gebracht haben. Bald darauf holte sich Benko den Hälfte-Anteil an der „Krone“ – und mit „Krone“-Erben Christoph Dichand einen Feind fürs Leben.

Dazu kam die WKStA, die sich nach den Ermittlungen rund um Benkos-Arlberg-Domizil „Chalet N“ nichts mehr „daschlogn“ lassen wollte.

Mit der Kika/Leiner-Pleite begann das Abrutschen. Insidern war klar, dass es nichts mehr gab, an das sich Benko klammern konnte. Jetzt hat er wohl die Kante, ab der der Fall frei wird, passiert.

Aber das ist noch nicht das Ende, zumindest nicht der dicke Teil davon. Jetzt kommen weitere Ermittlungen und ein Untersuchungsausschuss, in dem leicht zu klären ist, wie etwa die COVID-Millionen der COFAG vom Finanzministerium auf den Arlberg gelangt sind.

Gusenbauer

Auf der SIGNA-Homepage findet sich die Vorstellung des „Beirats“, den sich René Benko eingerichtet hat: „Dieser strategische Beraterkreis von angesehenen Persönlichkeiten aus dem Bankenwesen, aus der Politik und aus der Wirtschaft ist regelmäßig wichtiger Impulsgeber für die Weiterentwicklung der SIGNA und steht den einzelnen Managern bei Bedarf beratend zur Seite.“

„Beratend“ zur Benko-Seite standen bis zum Schluss neben ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn und ex-CASAG-Chef Karl Stoss auch Alfred Gusenbauer. Er hat bekanntlich von seiner SPÖ für den Versuch, aus SIGNA den „Viktor Adler-Fonds für gemeinnützige Spekulation“ zu machen, die höchste Auszeichnung seiner Partei erhalten: die Viktor Adler-Plakette.

So schafft es auch die SPÖ, bei Affären, von denen sie nichts hatte, am Rande dabei zu sein.

Ergänzung 9.20 Uhr:

p.s: Nach den ersten Benko-Geschichten in ZackZack versuchte man, uns mit einer Millionenklage mundtot zu machen. Auch diese SLAPP-Klage haben wir dank der Unterstützung durch unsere Club-Mitglieder gewonnen.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

75 Kommentare

75 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Die Ergebnisse der Pilnacek-Kommission

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!