Samstag, Oktober 5, 2024

Nach Militärputsch-Plan: Bolsonaro muss Pass abgeben

Der ultrarechte Ex-Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, plante mit Mitstreitern einen Militärputsch, um trotz Wahlniederlage an der Macht zu bleiben. Das berichtet die „New York Times“ unter Berufung auf Quellen der brasilianischen Polizei.

Gegen vier Vertraute Bolsonaros wurde am Donnerstag ein Haftbefehl entlassen, gegen weitere 21 wird ermittelt. Sie sollen federführend an der Planung eines Militärputsches beteiligt gewesen sein. Dem Ex-Präsidenten selbst soll der Pass entzogen werden. Ihm wurde außerdem der Kontakt zu anderen Personen, gegen die ermittelt wird, untersagt. Wie das Höchstgericht bereits im Juni 2023 entschied, darf Bolsonaro bis 2030 zudem nicht bei der Präsidentschaftswahl kandidieren.

Wie die „New York Times” berichtet, könnte auch Bolsonaro selbst verhaftet und angeklagt werden.

Militärs zu Putsch gedrängt

Im November 2022, kurz nachdem Bolsonaro die Wahl gegen den amtierenden Präsidenten Lula da Silva verloren hatte, modifizierte er ein heikles offizielles Dokument so, dass er damit seinen politischen Gegner, Höchstrichter Alexandre de Moraes, verhaften hätte können. Regierungsdokumente aus der Zeit Bolsonaros legen nahe, dass Alexandre de Moraes mit israelischer Spionagesoftware überwacht wurde. Denn die Behörden konnten jeden seiner Schritte nachverfolgen.

Bereits im Juli 2022, drei Monate vor der Präsidentschaftswahl, scharte er bei einem Treffen einige hochrangige Militärs um sich und drängte sie laut Ermittlungen der brasilianischen Polizei zu einem Putsch. Was genau dort besprochen wurde ist unklar – Bolsonaro scheiterte mit seinen Umsturzplänen jedoch.

Geplante Falschinformationen

Kernstrategie der Bolsonaro-Putschisten war es laut „New York Times“ gezielte Falschinformationen bezüglich des brasilianischen Wahlsystems zu streuen. In Brasilien werden elektronische Geräte zur Stimmabgabe verwendet. Die Bolsonaro-Vertrauten streuten wochenlang Gerüchte, wonach diese Geräte manipuliert seien. So wollte man das Wahlergebnis, bei dem er knapp verlor, delegitimieren und den Weg für eine Akzeptanz des Militärputsches freimachen.

Aufnahmen von dem Treffen im Juli 2022 legen nun offen, dass Bolsonaro keine Beweise für etwaige Wahlmanipulationen seiner Gegner hatte: „Ich habe keinen Beweis, Mann. Aber etwas Seltsames passiert“, sagte Bolsonaro einem Teilnehmer des Treffens.

Andere Aufnahmen belegen, wie er Militärs und Minister dazu auffordert, einen öffentlich Brief zu unterschreiben, wonach dem brasilianischen Wahlsystem nicht getraut werden könne. Ein solcher Brief kam nie zustande.

Bolsonaros damaliger Verteidigungsminister unterstützte die Pläne seines Präsidenten jedenfalls. Laut brasilianischer Polizei bezeichnete er die Wahlbehörde Brasiliens als „den Feind“.

Dass sich Bolsonaros Vertraute bewusst waren, dass sie den Boden des Gesetzes verließen, zeigt ein Chatverlauf zwischen dem damaligen Bolsonaro-Intimus Mauro Cid und einem Armeeoffizier. Darin hofft der Armeeoffizier, dass Bolsonaros Unterstützer „wissen, was sie tun“. Cid antwortete: „Ich auch. Wenn nicht, werde ich verhaftet“. Der Armeeoffizier fragte dann, ob es Indizien für einen Wahlbetrug gebe. „Nichts“, antwortete Cid. „Kein Hinweis auf Betrug“.

Mauro Cid wurde kurz nach der Wahl Lulas zum Präsidenten verhaftet und arbeitet seither mit den Ermittlern zusammen.

Der Fall zeigt: Brasiliens Demokratie konnte dem Würgegriff Bolsonaros im Herbst 2022 knapp entkommen. Seine engsten Vertrauten müssen sich bald vor den Organen des Rechtsstaats verantworten. Sollte auch Bolsonaro selbst angeklagt werden, hatte der amtierende Präsident Lula, der durch eine politisch motivierte Anklage mehr als 500 Tage im Gefängnis verbrachte, am Donnerstag schon eine Nachricht bereit: „Was ich mir für Bolsonaro wünsche, ist die Unschuldsvermutung, die ich nie hatte.“


Weiterführender Artikel: “New York Times” über den geplanten Putsch

Titelbild: ALEJANDRO PAGNI / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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