Mittwoch, Juni 26, 2024

Kickl/Nehammer oder Babler: Hahnenkampf oder Wahlkampf

Die SPÖ muss klären, ob einige ihrer Spitzen Wahlkampf oder Hahnenkampf führen. Sonst ist der Weg frei für das Duell der Verlobten: „KIckl gegen Nehammer“.

Am Tag nach der EU-Wahl wusste der Kurier, was die ÖVP wollte: „´Babler ist nicht im Rennen um den Bundeskanzler´, lautet das offizielle Wording, das am Montag von ÖVP-Parteimanager Christian Stocker ausgegeben wurde.“

Bei der EU-Wahl wurde die SPÖ Dritte, knapp hinter der Kanzlerpartei ÖVP und erstaunlich nahe an der FPÖ. Für die Nationalratswahl könnte das aus zwei Gründen Gutes verheißen: Erstens schneiden Protestparteien wie die FPÖ bei EU-Wahlen in der Regel besser ab als bei den Wahlen, die zu einer Regierung in Wien führen; und zweitens kann sich die SPÖ als einzige Kanzleralternative zum Rechtsblock von FPÖ und ÖVP präsentieren. Dort streiten zwei Parteien mit freiheitlichem Programm um kein einziges Thema, sondern nur um eine Entscheidung: ob Kickl nicht nur den Ton angeben, sondern auch Kanzler werden darf.

Von Millionärssteuern und Preisdeckeln bis zur Verhinderung von Klassenmedizin wäre die SPÖ ihr einziger Gegner. Damit er das Duell mit Kickl führen kann, muss Andreas Babler nur noch ein Hindernis überwinden: seine eigene Partei. Das hat eine Geschichte, die in Wien beginnt.

Leberwurst und Taktik

Jenseits der Wiener Stadtgrenzen verfolgt Michael Ludwig seit Jahren nur eines: Hans Peter Doskozil. Andreas Babler war für Ludwig ein Instrument, um Doskozil zu erledigen. Als das auf einem wirren Parteitag gelungen war, tat Ludwig mit seinem Instrument das, was man immer macht, wenn man nicht weiß, was man damit anfängt: Er legte seinen Parteichef einfach weg, und mit ihm den Spitzenkandidaten und eine ganze Nationalratswahl.

Im Herbst, hört man aus der Wiener SPÖ, will Ludwig nach Bablers Misserfolg die Regierungsverhandlungen selbst führen. Mit Peter Hanke hätte er einen Stadtrat, der es in einer Regierung mit der ÖVP bis zum Grasser der SPÖ bringen könnte. Doskozil hat weniger vor. Er will nur abrechnen.

Aber warum fallen Ludwig und Doskozil einem Kandidaten, der mit Unterstützung seiner Partei alle Chancen auf den Kanzler hätte, in den Rücken? Bei einem Impulspolitiker wie Doskozil ist es wohl sein Zustand als dauerbeleidigte Leberwurst. Bei dem bedeckten Taktiker Ludwig könnte eine alte Wiener Überlegung mitspielen: Wenn der Bund türkis-blau ist, bleibt ein angeschlagenes Wien rot.

Am 29. September geht es um eine Richtungsentscheidung, die darüber bestimmt, ob Österreich als nächster Dominostein in der EU nach rechts kippt. Bis jetzt scheint das Ludwig und Doskozil entgangen zu sein.

Kickl schäumt auf Abruf

Aber auch hier wartet ein Trost: ÖVP und FPÖ geht es nicht viel besser. Von Innenminister und Verteidigungsministerin bis Bildungsminister und Landwirtschaftsminister regiert die ÖVP mit einem Personal, das erstmals auch im Maß der Amtsunfähigkeit mit der FPÖ gleichzieht. Aus einem Team politischer Witzfiguren ragt Nehammer nur durch den Kanzlerbonus heraus. Verliert er die Wahl, kann er im Gegensatz zu Sebastian Kurz durch fast jeden in der Partei ersetzt werden.

Bei Kickl verhält es sich anders. Der Strache-Nachfolger hat nicht den erwarteten EU-Kantersieg eingefahren. Kickl ist kein geborener Führer. Er mobilisiert weit weniger als seine Vorgänger. Als erster FPÖ-Führer füllt er nicht einmal den Favoritner Reumannplatz.

Seine FPÖ führt Kickl mit einer kleinen, ihm treu ergebenen Gruppe im Parlamentsklub. Im Gegensatz zu parteiinternen Konkurrenten wie Manfred Haimbuchner oder Marlene Svazek kann er sich auf keine starke Landespartei stützen. Wenn beim letzten Schritt zur Kanzlerschaft der FPÖ nur noch Kickl im Weg steht, kann ihn die Partei leicht mit dem Verweis auf seine drohende Anklage durch die WKStA umgehen. Kickl schäumt auf Abruf.

Was ihre Spitzen betrifft, gibt es zwischen den drei Parteien nur einen Unterschied: FPÖ und ÖVP stehen bis zum Schluss hinter Spitzenkandidaten, von denen sie nicht überzeugt sind. Hahnenkampf oder Wahlkampf – nur die SPÖ hat diese Entscheidung noch nicht getroffen.

Hähne und Medien

In Wahlkämpfen fällt früh die Entscheidung, worum es geht. Wenn große Fragen wie Inflation, Mieten, Reichensteuern, Pflege und Gleichberechtigung von Frauen im Zentrum stehen, lautet die natürliche Aufstellung „SPÖ gegen ÖVP/FPÖ“. Da spricht vieles für die SPÖ. Wenn die SPÖ allerdings zulässt, dass es stattdessen um internen Streit über das Personal geht, hat sie verloren.

Man kann Journalisten und ihren Zeitungen kaum vorwerfen, dass sie das alles spüren. Für Bundesländerzeitungen mit ihrer traditionellen Nähe zur ÖVP erleichtern die roten Hähne, das Duell „Nehammer – Kickl“ auszurufen.

Am Boulevard ist das wie immer anders. Dort verfolgt die WKStA Herausgeber, weil ihr etwas aufgefallen ist: ein Zusammenhang zwischen Millionen für Inserate und Artikeln für die ÖVP. Unter Sebastian Kurz soll sich die ÖVP Österreich, Kronen Zeitung und Heute ganz einfach gekauft haben. Das war 2017 und 2019.

2024 ist einiges anders. Die Kronen Zeitung wartet noch ab. Dafür setzt Heute auf Herbert Kickl und die FPÖ. Eva Dichand weiß, was sie tut. Kickl garantiert ihr Schutz vor Millionärssteuern und Inseratenmangel. Beide werden als Beschuldigte von der WKStA verfolgt. Die Herausgeberin wird wohl wissen, dass Kickl auch beim Rechttsstaat zum kurzen Prozess neigt.

Bei den Fellners ist alles auf Schiene. oe24 trat als Erster zum Apport an: Die Wahl wird zum schwarz-blauen Duell“. Ludwig und Doskozil könnten das verhindern. Noch.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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