In Zukunft soll statt der WKStA ein türkiser Putztrupp im Bundeskriminalamt Handys auswerten. So will es die grüne Justizministerin.
Alma Zadic ist dabei, der Korruptionsbekämpfung den größtmöglichen Schaden zuzufügen. Ihr Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 sieht vor, dass in Zukunft die Kriminalpolizei das Monopol auf die Handyauswertung bekommt. Bei der Staatanwaltschaft landet nur das, was die Kripo durchlässt. Hätte das Gesetz bereits 2019 gegolten, wäre Sebastian Kurz heute noch Bundeskanzler und Thomas Schmid Chef der ÖBAG.
Worum geht es konkret? Derzeit hat die ÖVP die Auswertung zweier Handys zu fürchten: des Benko-Handys und des privaten Pilnacek-Handys. Bei Benko geht es um Korruption an der Spitze des ÖVP-Finanzministeriums bis tief in die Partei und ihre Finanzen hinein. Bei Pilnacek geht es um alles, weil der mächtige Justiz-Chef im Detail wusste, wer in der ÖVP gerade was zu befürchten hatte und dazu ein Strafverfahren „daschlogn“ lassen wollte.
System „Pilnacek-Holzer“
Der erste große Versuch, gleich nach Auftauchen des Ibiza-Videos die WKStA lahmzulegen, ist bekanntlich misslungen. Justiz-Sektionschef Pilnacek stürzte, doch seine Nummer 2, der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Hans Fuchs, überlebte als der „liebe Hans“, wie ihn die grüne Justizministerin in Chats nannte. Alma Zadic hatte Pilnacek nur zögerlich fallen gelassen. Sein System tastete sie nicht an.
ÖVP-Innenminister hatten dafür gesorgt, dass das Bundeskriminalamt von türkisen Parteipolizisten geführt wurde. Andreas Holzer ist der Kopf einer Kriminalpolizei, die einfarbenblind ist. Rote, grüne und blaue Spuren sieht sie exzellent. Nur bei der Farbe „Türkis“ scheint sie beidäugig blind zu sein.
„keine Daten vorhanden“
Als Justizministerin kennt Alma Zadic die Chronologie der verlässlichen SOKO-Blindheit besser als viele andere:
- Gemeinsam mit OStA-Chef Fuchs verhinderte die SOKO des Bundeskriminalamts die Aufklärung von „Schreddergate“ im Bundeskanzleramt von Sebastian Kurz. Die Spur führte ganz nach oben. Bevor die Handys der türkisen Schreddermänner sichergestellt und ausgewertet werden konnten, wurde die Suche erfolgreich abgedreht.
- Eine zweite SOKO untersuchte parteinahe Vereine und schaffte es, kein einziges Konto von ÖVP-Tarnvereinen wie „Pro Patria“, wo Karl Nehammer unter dem Verbindungsnamen „Mars“ für das „Aktiv Team“ der ÖVP die Fäden zog, zu öffnen.
- Von Anfang an fand die SOKO Tape erfolgreich nichts auf den Handys von Strache, Gudenus und den anderen Beschuldigten. Am 2. September 2019 erstattete die SOKO einen Anlassbericht, „wonach keine Möglichkeit bestünde, die mittels Signal-Messenger übermittelten Nachrichten zu entschlüsseln und lesbar zu machen.“ Die WKStA stellte der SOKO ein Ultimatum: Wenn die Signal-Nachrichten auf den Handys von Strache bis Sidlo nicht gesichert würden, gäbe die WKStA die Geräte nicht aus der Hand. Am 27. September 2019 war es so weit. Die WKStA teilte der SOKO mit, „dass die Signal-Nachrichten von den IT-Experten der WKStA entschlüsselt werden konnten“. Zum ersten Mal war die WKStA stärker als die SOKO des Bundeskriminalamts.
- Beim Handy von Raiffeisen-Chef Walter Rothensteiner geschah genau dasselbe. Holzers Ermittler hatten nur eine „Sicherungskopie“ des Handys erstellt. Dabei waren keine E-Mails sichtbar geworden, „weil auch die letzte Version der Auswertungssoftware des Bundeskriminalamts diese nicht zu sichern vermag“. Kaum ging es um die ersten türkisen Handys, fehlte Holzer und seinen Beamten die passende Software. Die SOKO wollte das Handy zurückgeben – doch die WKStA gab das Handy nicht aus der Hand und stellte schnell fest: Es „konnte bereits nach kurzer Einsicht festgestellt werden, dass am Mobilgerät E-Mails mit Bezug zur CASAG im sachverhaltsrelevanten Zeitraum gespeichert sind“.
- Im Februar 2020 landete mit dem Handy von Thomas Schmid der brisanteste Datenträger bei der SOKO. Die SOKO-Beamten stellten schnell fest, dass auch diesmal nichts zu machen sei. Es seien „von den verfügbaren 128 GB Speicherplatz lediglich 7,2 GB belegt. Dies lässt darauf schließen, dass neben dem installierten Betriebssystem keine zusätzlichen Benutzerdaten am Gerät vorhanden sind.“ Und: „Die Anrufliste konnte nicht gefunden werden und ist daher davon auszugehen, dass sich keine Benutzerdaten am Smartphone befinden.“ Der einfache Schluss der Beamten lautete: Wir kriegen es nicht auf. Aber das macht nichts. Es soll eh nichts drauf sein. Damit war das Schmid-Handy für die SOKO erledigt.
- Die WKStA traute Holzer und seinen Beamten längst nicht mehr und ließ das Handy und sein Backup professionell untersuchen. Die Experten der WKStA fanden Zehntausende Chats und Tausende Fotos und mit ihnen zahlreiche Sachbeweise, die erstmals direkt zu Blümel und Kurz führten.
Der Rausschmiss der SOKO
Am 16. März 2022 platzte WKStA-Chefin Ilse Maria Vrabl-Sanda der Kragen. „Da eine weitere zweckmäßige Zusammenarbeit im Sinne der effizienten Strafrechtspflege nicht in Betracht kommt, sondern derzeit vielmehr eine straf- und dienstrechtliche Aufarbeitung unerlässlich scheint, entzieht die WKStA der SOKO Tape sämtliche Ermittlungsaufträge.“ Die WKStA verdächtigte damit Holzers Doppel-SOKO straf- und dienstrechtlich relevanter Taten.
Ein Grund für den Bruch waren Chats, die Holzer, Pilnacek und dessen rechte Hand, OStA-Chef Hans Fuchs, in einem schiefen Licht zeigten. In einem dieser Mails am 11. Juni 2020 verbrüderten sich Christian Pilnacek und SOKO-Chef Andreas Holzer: „Wenn Sie Unterstützung brauchen, ich bin noch da, Sie sind ein grader Michl.“ Holzer antwortet: „Danke, das freut mich und ich melde mich jedenfalls. Ich schätze Sie ebenfalls so ein.“ Pilnacek hoffte auf eine gemeinsame Zukunft: „Dann hoffe ich, dass wir nicht gemeinsam untergehen.“ Darauf Holzer: „Das hoffe ich auch nicht. Wenn, aber mit Stil…“ Pilnacek schließt: „Eben, so sind wir.“
„grade Alma“
Würde heute OStA-Chef Hans Fuchs seiner Du-Freundin, der Justizministerin, schreiben: „Wenn Du Unterstützung brauchst, ich bin noch da, du bist eine grade Alma?“ Niemand versteht, warum Alma Zadic genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Regierungsarbeit miteinander in den Wahlkampf gegeneinander übergeht, der ÖVP das größte Geschenk ihrer Ministerschaft macht. Die WKStA hat in den letzten Jahren das einzige technisch hochwertige System zur Auswertung von Datenträgern aufgebaut. Niemand weiß, warum Zadic der Korruptionsbekämpfung ihr wirkungsvollstes Instrument nehmen will.
Die Gefahr ist akut: Wenn das Zadic-Gesetz jetzt noch schnell durch den Nationalrat gedrückt wird, ist die ÖVP in Sicherheit – und die WKStA “daschlogn”.
Eines ist klar: Die Justizministerin tut das nicht für die Grünen. Abgeordnete wie Gabi Moser und Werner Kogler haben den Ruf der Grünen als einziger Partei, die verlässlich Korruption bekämpft, begründet. „Saubere Umwelt und saubere Politik“ – das ist nach wie vor das Stammkapital der Grünen. Warum ist Zadic bereit, es mit einem einzigen Gesetz zu zerstören? Mit wem hat sie das ausgehandelt – mit dem lieben Hans, dem lieben Gerhard oder dem lieben Karl?
Die Grünen sollten darauf schnell eine Antwort finden. Werner Kogler weiß, worum es geht. Er ist der Einzige, der die Notbremse ziehen kann. Es liegt an ihm.