Ab morgen wird gelogen, dass sich türkise und blaue Balken biegen. Nur so schaffen ÖVP und FPÖ den gemeinsamen Sieg. Danach wird Kickl dem Bundespräsidenten vorgeworfen.
Morgen beginnt die Phase des Wahlkampfs, die man als „heiß“ bezeichnet. Während sich der Himmel auf Regen umstellt, beginnen medial Hitzeferien von dem, was man nach der Wahl wieder als „Wahrheit“ bezeichnen wird.
Ich stelle mir das auf der persönlichen Ebene durchaus als schWierig vor, soweit in einzelnen Medien wie Heute oder oe24 dieses „W“, das ich zur besseren Kenntlichkeit großgeschrieben habe, nicht längst durch ein inseratenwirksames „m“ ersetzt worden ist. Wie schreibe ich, dass Karl Nehammer die „politische Mitte“ vertritt? Das geht bei Heute so: „Wähler sind sich einig! ÖVP ist Partei der Mitte!“
Im Text werden die beiden Rufzeichen schnell zu Fragezeichen: „Immerhin sind 30 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Volkspartei die politische Mitte vertritt. Knapp dahinter folgt die SPÖ mit 27 Prozent, gefolgt von den Neos auf Platz drei (19 Prozent).“ Mit 30 Prozent sind sich „die Wähler“ einig, dass Nehammer die „Mitte“ gehört, mit 27 Prozent sind sie sich ebenso einig, dass für Babler dort kein Platz ist.
Steuern und WKStA
Mit ähnlichen Ergebnissen „wollen Österreicher Kickl“ und wollen sie Babler nicht. Aber warum muss Kickl um jeden Preis gewollt und Nehammer gemittet werden? Warum ist Babler der Dauerverlierer? Florian Scheuba hat in einem schönen Bild zusammengefasst, warum FPÖ und ÖVP auf der Boulevardsuppe ganz oben schwimmen: „Keine Vermögenssteuern ermöglichen weiterhin ein Leben auf großem, keine WKStA weiterhin ein Leben auf freiem Fuß.“
Solche Verhältnisse sind nur möglich, wenn die Reichen ihre eigenen Huren sind und das berühmte Zitat von Thomas Schmid nur noch für ÖVP und FPÖ als Parteien der Reichen gilt.
Entenscharen
Wie erklärt man jetzt der großen Mehrheit an Nichtmillionären, dass sie verhindern sollen, dass eine reiche Minderheit an ihrer Stelle Steuern zahlt? Mit Qualität, also Fakten, geht das nicht. Die Lösung liegt in einer Stärke des Boulevards: der Masse. Eine Ente macht noch keinen WKStA-freien Sommer. Aber ganze Entenscharen sind in der Lage, die Leserschaft zuzuquaken. Daher läuft die Entenproduktion seit Wochen auf Hochtouren. Ab morgen wird ein Gang zugelegt, damit man die Wahrheiten vor lauter Enten nicht mehr sieht.
Da saniert Kickl ein Budget, und Nehammer macht Österreich sicher, und am nächsten Tag kommt das alles noch einmal, aber umgekehrt. Beide können nicht vorrechnen, wie sie Steuern senken, Menschen beschenken und damit das Budget sanieren wollen. Nehammer wirft einen „Wirtschaftsturbo“ an und wird nicht gefragt, warum das die ÖVP in den letzten 38 Jahren, in denen sie ununterbrochen regiert hat, noch nicht getan hat.
Seit dem Jahr 2000 stammen Innenminister nur von ÖVP und FPÖ. Zwei gescheiterte Innenminister versprechen jetzt, endlich mit dem islamischen Staat aufzuräumen. Warum Kickl und Nehammer keinen einzigen Hassprediger ausgewiesen haben, wissen nicht einmal die Schulkinder, die von Polizeibeamten in der Nacht abgeholt und in Schubhaft gesteckt wurden.
Morgen starten ÖVP und FPÖ ihren gemeinsamen Versuch, die letzten Balken zum Biegen zu bringen. Mit der Wahrheit über ihre Pläne würden sie abstürzen. Mit einem letzten Schwall an Lügen greifen sie gemeinsam nach der Kanzlerschaft.
Rote Enten?
Aber, lautet ein Einwand an dieser Stelle, lügen die anderen nicht genauso? Die einfache Antwort lautet Nein. Die Neos sind vielleicht fad, aber sie schenken über ihren Plan, eine alte ÖVP mit etwas mehr Bildung zu werden, reinen Wein ein. Babler ist ein besonders traditioneller Sozialdemokrat, was bei allem, was mit Gerechtigkeit zu tun hat, wohl gut ist, und bei allem, wo es um Sicherheit geht, irgendwo in der goldenen Zeit der SPÖ steckengeblieben ist.
Die Grünen sind anders, weil Werner Kogler anders ist. Der Kern seiner Botschaft ist klar: „Ich bin für das Klima und froh, dass das Klima zwischen dem Koal und mir gut ist“. Der „Koal“ ist Karl Nehammer, und Kogler ist der Werner, der sich mit ihm weiter „zusammensetzen“ will. Das ist ein einfacher und verständlicher Plan mit einem klaren Ziel: Regierungssitz zum Sitzenbleiben.
Die letzte Ente
Am Wahlabend verschwinden die Enten. Nur eine einzige wird noch gebraucht. Sie quakt: „Der Erste muss den Auftrag zu Regierungsbildung erhalten!“ Das ist bekanntlich Unsinn, und man erkennt das nicht nur daran, dass es gequakt wird. Die Verfassung gibt dem Bundespräsidenten bei Regierungsbildungen bekanntlich jede Freiheit. Thomas Klestil hat sie im Jahr 2000 bis zur Drohung mit einem Expertenkabinett und einer Minderheitsregierung genützt, weil er eines verhindern wollte: eine Regierung mit Jörg Haiders FPÖ.
Damals waren ÖVP und FPÖ noch ziemlich unterschiedliche Parteien. Heute ist das anders. Kurz hat der ÖVP eine freiheitliche Strategie und Nehammer hat ihr ein freiheitliches Programm gegeben. Wenn sich die beiden Verlobten in der Wahlnacht in die Arme sinken, kommt zusammen, was längst aneinander angewachsen ist.
Van der Bellen wird Kickl keine Auftrag zur Regierungsbildung erteilen, auch, weil die ÖVP andere Pläne hat. Sobald sich ÖVP und FPÖ geeinigt haben und vor den Bundespräsidenten treten, weiß die ÖVP: Der Bundespräsident, der Kickl als Innenminister abberufen hat, kann ihn nicht zum Kanzler machen.
Dann werden empört und überrascht freiheitliche Spitzen aus Salzburg, Oberösterreich und ein paar anderen Bundesländern aufstehen und sich selbst mit einem klaren „Niemals lassen wir Herbert im Stich!“ ins Spiel bringen.
So bekommt die ÖVP, was sie will: den Rechtsblock, mit dem sie den Regierungswagen wieder auf die Orbán-Spuren bringen kann. In Heute, Kurier, Presse, Krone und oe24 werden wir lesen, dass sie es für Österreich tut.
Nachtrag um 09.20 Uhr: Kaum ist der Kommentar draußen, kommt das: