ÖVP-Parteispenden
Das Verfahren gegen die ÖVP-nahe Werbeagentur „Mediaselect“ wurde eingestellt. Sie stand im Verdacht, als Drehscheibe für Parteispenden gedient zu haben. Trotz einer Vielzahl an Indizien kommt es zu keiner Anklage. Einer der Gutachter im Verfahren war der Ehemann von ÖVP-Mandatrin Carmen Jeitler-Cincelli.
Wien, 29. April 2020 | Gegen die Agentur „Mediaselect“ ermittelt seit 2012 die Justiz. Sie stand im Verdacht, als Drehscheibe für verdeckte Parteispenden an die ÖVP gedient zu haben. Anklage soll nun keine Erhoben werden – trotz einer Vielzahl an verdächtigen Indizien.
Reicht nicht für Anklage
Wie das „Profil“ berichtet, erhoben die Ermittler verdächtige Zahlungen von Großkonzernen an die Mediaselect, aber auch Rechnungstexte, die nicht den wahren Zweck wiedergaben oder ein Bankkonto, das intern als „ÖVP-Konto“ bezeichnet wurde. Angeklagt wird aber nicht.
Gegenüber dem „Profil“ soll die Staatsanwaltschaft Wien das Verfahren zur Gänze eingestellt haben. Begründung: „Eine subjektive Tatseite der Beschuldigten war im Zweifel nicht erweislich.“
Zahlungen erwiesen
Die Agentur nahm jahrelang Inseratenschaltungen für die ÖVP vor. Die Mediaselect soll, so der Verdacht, zudem jahrelang Geld verwaltet haben, das über verdeckte Zahlungen zusammengekommen sein soll, verwendet zugunsten der ÖVP.
So flossen von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich in den Jahren 2002, 2006 und 2008 insgesamt 251.000 Euro an die Mediaselect. Die Casinos Austria sollen 2002, 2004 und 2006 insgesamt 219.000 Euro überwiesen haben.
Laut „Profil“ wird das Verfahren eingestellt, obwohl die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass zumindest ein Teil dieser Gelder verdeckte Parteispenden darstellten. Das ist allerdings nicht notwendigerweise strafbar. Ermittelt soll wegen Untreue geworden sein. Zwei Hauptbeschuldigte, der frühere Lotterien-Chef Leo Wallner und der ehemalige Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ, Ludwig Scharinger, sind mittlerweile verstorben. Auch die ÖVP galt als Beschuldige. Alle Betroffenen haben die Vorwürfe stets bestritten.
Schon im Sommer Aufregung um ÖVP-Gutachter
Das Verfahren rund um die Mediaselect sorgte zuletzt im Sommer für Aufregung. Damals wurde bekannt, dass Georg Jeitler einer der Gutachter im Verfahren war. Jeitler war Klassenkamerad von ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior. Verheiratet ist er mit dem ÖVP-Urgestein Carmen Jeitler-Cincelli, sie kandidierte 2017 für die „Liste Sebastian Kurz“. Jeitler-Cincelli gilt nicht nur wegen ihres ÖVP-Abegordententicketes als Kurz-Vertraute.
Politurgestein und ZackZack-Herausgeber Peter Pilz sagte damals: “So wie es unüblich ist, Familienmitglieder von Bankräubern in die Bankenaufsicht zu setzen, so kann ein ÖVP-Ehemann nicht Gutachter in einem für die ÖVP gefährlichen Verfahren sein.“ Nun wurde das Verfahren eingestellt.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk