Maskenpflicht völlig unklar
Am Tag 1 für die Hälfte von rund 700.000 Schülerinnen und Schülern in Österreich glänzte Bildungsminister Heinz Faßmann mit der Verordnung höchst uneindeutiger Maßnahmen. Heißt es am Ende wieder, die Maskenpflicht in Schulen hätte nach seiner Verordnung nie wirklich gegolten, wie schon bei dem „Verbot“ privater Treffen, das nie wirklich galt?
Wien, 18. Mai 2020 | Der türkise Bildungsminister Heinz Faßmann hat beschlossen, dass die Schulen wieder öffnen. Denn für den Bildungsminister sind Schüler Humankapital, das es nicht zu verlieren gelte, wie er im Ö1-Morgenjournal am Montag bei der Begründung für die Schulöffnung sagte. Am 18. Mai durften daher nach wochenlanger Corona-Pause Österreichs Volksschul-, NMS-, Unterstufen- und Sonderschul-Schüler wieder in die Schule. Da die Pandemie noch nicht vorüber sei, müssten allerdings Sicherheitsmaßnahmen auch in den Schulen eingehalten werden, hieß es vonseiten des Bildungsministeriums. Hier lohnt es sich genauer hinzusehen.
Masken-Chaos geht weiter
Dabei sorgte ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann bereits letzte Woche für Verwirrung: in dem an Schulen ausgeschickten Pressepapier des Ministeriums war von einer „Maskenpflicht am Weg in die Schule und am Weg nach Hause“ die Rede. Das Ministerium stellte inzwischen klar, dass ein Mund-Nasen-Schutz lediglich in öffentlichen Verkehrsmitteln zu tragen sei. Das Masken-Chaos geht nun mit dem Erlass der neuen Verordnung weiter. Auch der vom Bildungsminister geforderte „Hausverstand“ bei der Umsetzung der Auflagen hilft hierbei nicht wirklich.
Maskenpflicht – ausgenommen Unterrichtszeit
Die “Verordnung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21 (C-SchVO)” wurde mit 13. Mai 2020 erlassen. In Punkt 4 der Verordnung wird unmissverständlich vorgeschrieben:
Pikant: Unterrichtszeiten beinhalten die laut Schulunterrichtsgesetz vorgeschriebenen Pausenzeiten. Auch Juristen bestätigten gegenüber ZackZack: Pausenzeiten sind Teil der im Schulzeitgesetz geregelten Unterrichtszeiten. Das heißt im Klartext: Auch in Pausen dürfte eigentlich keine Maskenpflicht gelten! Einigen Medien – von ORF, über Krone, bis APA – fiel die offensichtliche Fehlannahme, es gelte Maskenpflicht auch in Pausen, heute allerdings nicht auf. Die Verordnung sagt das eine, die Empfehlung etwas anderes: Was gilt? Der Bildungsminister sagte über die Umsetzung der Anordnungen, dass hierbei “Hausverstand” nötig sei. Nicht nur ZackZack wendet Hausverstand an: so, wie es gemeinhin kommuniziert wird, stimmt es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht:
Mein Humankapital wollte in großer Pause eben Jause auspacken, ruft der Prof.dazu auf die Pause im Schulhof zu verbringen.
Maskenpflicht außerhalb der Klasse ☝️Da saß es nun bei Sonnenschein im Schulhof, hungrig, mit dem Jausenbrot in der Hand und der Maske auf?
— Anne H. (@BarAnna5) May 18, 2020
Mund-Nasen-Schutz: Empfehlung oder Muss?
Die Verwirrung allein durch die Verordnung ist aber nicht das einzige Problem. Das Bildungsministerium gab zusätzlich noch ein Hygienehandbuch für Österreichs Schulen heraus, in dem „Empfehlungen“ für die Umsetzung der Auflagen und Hygienemaßnahmen abgegeben werden.
Ein Mund-Nasen-Schutz, so die „Empfehlung“ im Hygiene-Handbuch, „muss“ von allen Personen, die sich im Schulgebäude bewegen, getragen werden.
Ausnahme ist der „gewohnte Aufenthaltsraum“ – also in der Regel die eigene Klasse. Hier muss unter Einhaltung der Sicherheitsabstands-Regeln kein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Die Regelung orientiert sich also in der Empfehlung des Bildungsministeriums nicht an der „Unterrichtszeit“, sondern an den Räumlichkeiten, während die Verordnung den Mund-Nasen-Schutz außerhalb der Unterrichtszeit vorschreibt.
Bislang unhinterfragt
Die angebliche Maskenpflicht sorgt offensichtlich auch in der österreichischen Medienlandschaft für Verwirrung. Das zeigt ein Blick auf den ORF: Im Ö1-Morgenjournal vom Montag hieß es wortwörtlich:
„Die Kinder müssen im Schulgebäude grundsätzlich Masken tragen, abnehmen dürfen sie sie nur auf ihren Plätzen“
Im “Journal um Acht” ist erneut von einer “Maskenpflicht mit Ausnahme am eigenen Platz in der Klasse” die Rede. Woher kommt diese Info? Weder die Verordnung, noch die Empfehlung des Bildungsminister ließe darauf schließen, dass die Kinder ihre Masken nur auf ihrem Platz abnehmen dürfen. Ein Blick auf die Webseite des ORF macht die Verwirrung komplett: Hier ist von einer “Maskenpflicht außerhalb der Klasse” die Rede.
Auch die Krone verbreitet die angebliche Vorschrift einer Maskenpflicht auch in Pausen:
“Die Vorgaben des Unterrichtsministeriums sehen vor, dass sofort beim Betreten des Schulgebäudes die Maske aufgesetzt werden muss, diese darf nur im Klassenraum abgenommen werden”,
scheint sich die “Krone” am vergangenen Samstag sicher.
Nahegelegt oder verordnet?
Auch die APA berichtet, dass der “Minister heute nicht öffentlich” über Lockerungen – “Stichwort: das Tragen von Masken in den Pausen” – nachdenken wolle. Im Ö1-Morgenjournal am Montag setzte man im Interview mit dem Bildungsminister die Maskenpflicht voraus:
„Muss diese Maskenpflicht beim Verlassen der Klasse eigentlich sein?“
Heinz Faßmann antwortet daraufhin, dass die Maßnahmen „nahegelegt“ wurden, weil das Virus noch nicht verschwunden sei. Was jetzt: Nahegelegt oder verordnet?
Keine Antworten vom Bildungsminister
Gilt die Maskenpflicht nun, oder nicht? Verordnung oder Empfehlung? Das Bildungsministerium war für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. ZackZack hätte gerne gefragt, ob dem Ministerium die missverständliche Formulierung in der Verordnung bewusst ist – und was sich der Minister eigentlich dabei gedacht hat. Eines scheint ihm aber klar zu sein: Die Verordnung schafft keine klaren Auflagen und Regeln. Ansonsten müsste er wohl nicht den notwendigen „Hausverstand“ in deren Umsetzung betonen.
(lb)
Titelbild: APA Picturedesk