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Ibiza-Ausschuss: Erstes Zeugnis – Wer war gut, wer kann es besser?

Ibiza-Ausschuss

Wien, 11. Juni 2020 | Der Ibiza-Ausschuss macht 2 Wochen Pause. Aber schon vier hitzige Tage haben wir hinter uns. Grund genug, um den Fraktionen ein erstes Zeugnis auszustellen. Was können die Fraktionen noch besser machen? Was machen sie gut?

Fraktionschefin: Stephanie Krisper

Die Fragen von Stephanie Krisper treffen öfter wunde Punkte. Sie scheint optimal vorbereitet, ist voll in der Causa Ibiza drin – und hat so manche Dokumente, die am Weg in den Ausschuss irgendwo hängenblieben.

Dass die NEOS immer wieder Dokumente vorlegen, die nicht im Akt sind und somit nicht allen Fraktionen vorliegen, stört die ÖVP immer mehr. Gerstl und Sobotka bildeten teilweise schon eine Allianz, wenn es darum ging, Krisper auszubremsen – für Krisper aber wohl nur ein Beleg: Sie weiß dann, dass sie am richtigen Weg ist.

Weil auch Helmut Brandstätter bei der Befragung Gudenus’ etwas Licht in den FPÖ-Wasserskandal brachte, sorgen sich die NEOS offensichtlich um echte Aufklärung. Hoffentlich auch dann, wenn Strabag oder Haselsteiner Thema werden sollten.

Aber weil es noch immer Luft nach oben gibt, vor allem was eine Gesamterzählung rund um den Ausschuss angeht, gibt es keine Bestnote. Gerade die ganze Geschichte und die Frage, wofür Ibiza wirklich steht, muss erzählt werden, wenn wirklich aufgeklärt werden soll.

Fraktionschef: Jan Krainer

Auch der SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer bringt den unbefangenen Vorsitzenden Wolfgang Sobotka regelmäßig zum Explodieren. Schon öfter degradierte dieser Krainer zum Schulkind, während Sobotka in die Rolle des strengen Lehrers schlüpfte. Mit zu vielen Unterstellungen würde Krainer arbeiten, heißt es dann. Kritik ist manchmal durchaus berechtigt. Aber: Wenn Krainer von der Annahme „Es regnet“, zum Schluss „Die Straße ist nass“ kommt, dann ist das keine Unterstellung. Für Sobotka aber schon.

Die Silberstein-Attacke der ÖVP gegen Krainer wurde von den NEOS aufgedeckt, Krainer hielt sich hier vornehm zurück.

Die jungen Abgeordneten Kucharowits und Holzleitner wachsen langsam in ihre Rolle. Sie beginnen verbissener und strenger zu werden, das wird notwendig sein.

Trotzdem: einfach ist es nicht für SPÖ, gerade wenn es um die Casinos geht – die Novomatic die “sponsert” wohl gerne, über Parteigrenzen hinweg. Hier gebe es noch einiges aufzuklären. Das ehemalige Parteimitglied Dietmar Hoscher entschuldigte sich. Dabei könnte er durchaus einiges, was die Postenbesetzungen in den Casinos angeht, wissen.

Man will, aber es läuft noch nicht so ganz. Hoffentlich wird es noch besser, die Republik hätte es dringend nötig.

Fraktionschef: Christian Hafenecker

Einfach hat sie es nicht, die FPÖ. Ibiza war ja zuerst einmal ein Totalschaden der Ex-Ikone HC Strache. Das Handy von Strache erhärtete die Verdachtsmomente.

Unter dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“, geht die FPÖ dennoch in die Offensive. Am eigenen Auge bleibt man blind, dafür wird der türkise Fleck der türkis-blauen Ibiza-Regierung ordentlich ins Visier genommen.

Der erfahrene Martin Graf, stolzer Rechtsaußen-Parteirecke, weiß schon, wie man befragt und brachte die Türkisen schon mal in Bedrängnis. Die FPÖ-Kampagne „Der Schwarze Faden“ ist bisher bloß eine “Infoplattform” für Journalisten, trotzdem versucht die Partei, die weiß wie Opposition geht, ein Gesamtbild zu erzählen. Aber nur das türkise – als “patscherte” der zwei Ibiza-Parteien hat man es eben schwer. Weil von der FPÖ kam, dass es mehr Videos gebe (was es noch aufzuklären gilt), schafft sie es sogar noch zum einem “Befriedigend”.

Fraktionschefin: Nina Tomaselli

Erst seit Kurzem wieder im Nationalrat, haben David Stögmüller und Nina Tomaselli noch keinerlei U-Ausschusserfahrung. Das ist das erste Handicap.

Das zweite Handicap liegt ebenfalls auf der Hand: Zu ungestüm kann man gegen den Koalitionspartner ÖVP auch nicht ausrücken. Stögmüller und Tomaselli brachten dennoch auch die Türkisen in Bedrängnis. Der seltsam gescannte Auszug aus dem Rothensteiner-Notizbuch kam von den Grünen.

Eine klare Strategie fehlt aber, eine stringente Geschichte wird bisher nicht erzählt, einige Befragungsrunden wirken etwas verschenkt. Spannend wird es noch werden, wenn dann ÖVP-Granden geladen sind.

Fraktionschef: Wolfgang Gerstl, Betragensnote: Nicht Zufriedenstellend

Die Performance von Wolfgang Gerstl lässt nicht nur die Journalisten im Ausschuss schaudern. Was seine Interventionsversuche während Pressekonferenzen betrifft, zeigten sich auch andere Fraktionen entsetzt. Die Schikanen gegen Journalisten sind aber nur eine praktische Konsequenz seiner Befragungsstrategie. Auch bei manchen Auskunftspersonen ist Gerstls Priorität: Woher haben manche Leute Akten, die der ÖVP ordentlich unangenehm sind? Vor allem Kollege Florian Klenk musste das am eigenen Leibe spüren.

Das alles wäre schon genug für ein “Nicht genügend”, trotzdem kommt von Gerstl noch mehr Negatives: Die türkis-blaue Ibiza-Regierung soll konsequent als FPÖ-Alleinregierung erzählt werden. Gesetzeskäufe, verschwiegene Parteispenden und Postenschacher – damit soll die ÖVP nichts zu tun gehabt haben. Dass bei Gerstl dann selbst noch eine mögliche Befangenheit vermutet wird, überrascht nicht besonders, weil -wie Strache sagte: „Die Novomatic zahlt alle.“

Der ÖVP-Fraktionsführer muss deshalb als einziger auch mit einer Betragensnote vorlieb nehmen.

In der Redaktion gibt es noch andere Meinungen bezüglich Notenvergabe. Hier können Sie ein Zeugnis lesen, das dieses beeinsprucht.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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