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„Antisemitismus unter Türkis-Blau besonders schlimm“ – Nach Angriff auf Synagoge: Edtstadler in die Pflicht genommen

Nach Angriff auf Synagoge: Edtstadler in die Pflicht genommen

Nach dem Angriff auf eine Grazer Synagoge gibt es etliche Bekenntnisse, die Betroffenheit ist unüberhörbar. Einer sorgt aber dafür, dass nicht vergessen werden darf, wie laut eineinhalb Jahre lang an der Spitze der Regierung zu zahlreichen „Einzelfällen“ geschwiegen wurde.

 

Wien, 29. August 2020 | Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist seit Tagen an vorderster Front, wenn es darum geht, Stellung gegen Antisemitismus zu beziehen. Bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, betonte die Ministerin, dass es eine „nationale Strategie gegen Antisemitismus“ brauche – als hätte es vorher nichts dergleichen gegeben. Man werde im Kanzleramt eine Stabsstelle einrichten, auch eine Plattform für Bund, Länder und Gemeinden sei angedacht, versprach sie im Beisein von Rosen in Graz.

„Wann Antisemitismus in Österreich zuletzt besonders schlimm war“

Derselbe Elie Rosen, Opfer des Anschlags auf die Grazer Synagoge, saß mit der Ministerin auch in der Puls 4-Talksendung „Pro und Contra“. Ebenso mit dabei: Helmut Brandstätter von den NEOS, der Edtstadler die Betroffenheit nicht so richtig durchgehen lassen wollte.

Rattengedicht, Liederbuch-Affäre, „eine antisemitische Beleidigung nach der anderen“: all diese Einzelfälle hätten keine Konsequenzen nach sich gezogen, so Brandstätter. Edtstadler behauptete das Gegenteil, aber konnte nicht verhindern, dass ihr Konterpart die Diskussion immer wieder in Richtung türkis-blaues Versagen lenkte.

Der Täter, ein syrischer Flüchtling und Islamist, habe das Problem nicht importiert. So sah es Elie Rosen, der klarstellte: „Es gibt auch Antisemitismus von einem Katholiken“.

Gleiche Betroffenheit, andere Sichtweisen

Karoline Edtstadler interessierte sich allerdings eher für den islamistisch geprägten Antisemitismus, auch wenn sie beteuerte, es gebe auch rechten, linken, „althergebrachten“ Antisemitismus. Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative muslimischer Österreicherinnen, störte das. Sein Verein sei bekannt, es sei aber „nie von islamischer Seite Unterstützung ersucht“ worden, „um das Thema zum Beispiel im Rahmen der Wertekurse“ auszusprechen. Denn natürlich „gibt es Vorurteile“ in der islamischen Glaubensgemeinschaft, so Baghajati.

Der gesamtgesellschaftliche Dialog sei entscheidend, so Rosen, der bemüht war, die Runde auf Konsens zu trimmen. Dass das gelingen kann, zeigt das Beispiel „Shalom Alaikum“. Die Organisation bringt Jüdinnen mit syrischen Flüchtlingen zusammen. Sonia Feiger, die ebenfalls bei Puls 4 zu Gast war, betonte: diese Begegnungen gelingen gut, „durch diese Augenhöhe“ habe man eine Chance, „Vorurteile zu bekämpfen“. Das will auch Derai al Nuaimi, Landesvorsitzender Muslimische Jugend Wien: „Wir wollen eine Gesellschaft schaffen, wo das nicht mehr passiert“. Viele muslimische Jugendliche seien bei seinen Dialogprojekten überrascht, wie ähnlich Islam und Judentum eigentlich seien.

Wiener Beispiel

In Wien gibt es dafür den Campus der Religionen, eine Begegnungsstätte, die den Dialog fördern will. Bürgermeister Michael Ludwig betonte auf Twitter, mit dem neuen Oberrabbiner Wiens, Jaron Engelmayer, habe man einen großen Befürworter dieser Einrichtung. Man habe sich „einmal mehr gemeinsam gegen jede Form des Antisemitismus ausgesprochen.“

Damit das auch in Graz gelingt, brauche es neben Dialog auch Taten, das ist das Credo von Rosen. “Das Ansehen der Stadt Graz ist in der jüdischen Welt sehr angegriffen”, doch verzagen will er nicht: „Es geht darum, die positive Arbeit fortzusetzen und sich für eine aktive jüdische Gemeinschaft in Österreich voll einzusetzen”, so Rosen zur APA.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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