Peter Pilz kommentiert
Für den Winter haben Anschober und Köstinger keinen Plan. Damit lassen sie Tausende Betriebe und Millionen Touristen im Stich. Die betroffenen Schigebiete schaffen keinen Selbstschutz – vor Corona und Ballermann.
Peter Pilz
Wien, 06. September 2020 | „Es gibt zurzeit noch keine definitiven behördlichen Covid 19-Schutzmaßnahmen für den kommenden Winter.“ Das lesen Tausende Hoteliers, Gastwirte und Touristen, die sich überlegen, noch einmal am Arlberg Schi zu fahren. Am 4. Dezember geht es los: mit Hunderten Gondeln und Hütten und keinem Plan.
Screenshot Ski Arlberg.
In unseren Bergen hat der Tourismus einen eigenen Kalender: Gegen Ende der Sommersaison wird der Winter vorbereitet. Im Oktober schließen die meisten Betriebe und machen Anfang Dezember wieder auf. Pläne, die im Oktober fertig werden, kommen zu spät.
Damit steht fest: Der Anschober/Köstinger-Plan wird nicht rechtzeitig fertig. Beide Minister folgen dem Beispiel des Unterrichtsministers, der zu Schulbeginn auch keinen Plan hatte.
Aber was machen Schiregionen von Amadé bis Arlberg ohne klare Regeln aus Wien? Die Antwort findet sich auf ihren Websites: Sie pfuschen, von den Aufstiegshilfen bis zu den Umfallhilfen. Das ist kein Wunder: Wenn die betroffenen Seilbahnunternehmer mit Hüttenwirten, Barbesitzern und ihren Bürgermeistern selbst einen Plan machen müssen, kommt immer dasselbe heraus: Alles bleibt so, wie es ist. Zuerst werden die Gondeln gefüllt, dann die Hütten und dann die Schifahrer.
Genau deshalb geht es nicht ohne Regeln aus Wien. Aber dort dreht sich alles um den Ampel-Basar.
Rauffahren
Ski Arlberg stellt fest: „Seilbahnen gelten in Österreich rechtlich als öffentliche Verkehrsmittel, eine Reduktion der Fahrgastkapazitäten ist derzeit rechtlich nicht vorgegeben. Jedenfalls werden jedoch in unserem Skigebiet bei geringerem Fahrtgastaufkommen die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Eine grundsätzliche Personenlimitierung ist nicht vorgesehen, kann jedoch kurzfristig nötig sein und muss daher ausdrücklich vorbehalten werden.“
„Bei geringerem Fahrtgastaufkommen werden die Kapazitäten nicht ausgeschöpft.“ Das liegt in der Natur der Gondel. Nur am Arlberg hält man das für einen Plan.
In Ischgl schreibt man ganz offen: „Eine Limitierung der Personenzahl im Skigebiet ist vorerst nicht vorgesehen.“ Wer kommt, der fährt. Das ist der Plan.
Umfallen
In Ischgl bekennt man offenherzig: „Die größten Einschnitte wird es für das Ibiza der Alpen wohl nach dem Skifahren geben. Après Ski in seiner bisherigen Form mit prall gefüllten Bars und ausgelassenen Partys, wofür Ischgl berühmt und berüchtigt ist, ist nach den gesetzlichen Vorgaben aktuell nicht möglich. Wie genau das neue Corona-konforme Après Ski aussehen soll, ist allerdings noch nicht bekannt.“
Dann kommt der Schutz: „Auch in den Bergrestaurants ist ein Mund-Nasen-Schutz Pflicht. Am Tisch selbst ist das Tragen aber nicht notwendig.“ Dazu kommen ein paar Plexiglaswände. Nicht nur in Ischgl klammert man sich an die Hoffnung, dass Plexiglas Corona-lawinensicher macht.
In Serfaus, in Kitzbühel, im Zillertal ist es um nichts besser. Nur Kärnten geht vielleicht einen anderen Weg: Dort überlegten die Verantwortlichen im August ernsthaft, den Indoor-Betrieb der Hütten eine Saison lang auszusetzen.
Die Kärntner Vernunft macht an den Landesgrenzen halt. Überall sonst begünstigt die Entscheidungskette die Infektionskette.
Letzte Hilfe: Alkoholverbot
Bar und Schihütte werden unter einer Voraussetzung zur Corona-Falle: Alkohol. Wenn Ballermänner saufen, fallen Masken und Distanzen. Das ist das Corona-Grundgesetz des Einkehrschwungs.
Wenn die Bundesregierung versagt, müssen die Länder einspringen. Dazu haben sie ein wirksames Instrument: das Alkoholverbot. In Hütten ohne Schnaps besteht die Chance, Familien in der Schipause und Beschäftigte beim Servieren zu schützen.
Von Günter Platter bis Wilfried Haslauer liegt es jetzt an den Landeshauptleuten.
Titelbild: APA Picturedesk