Erste Wahlprogrammpunkte fast ident mit Blauen
Die ÖVP Wien hat zwar noch immer kein Wahlprogramm für die Wahl am 11. Oktober vorgestellt, erste Details dringen jedoch über den Rechtsboulevard nach außen. Dabei setzen die Türkisen auf alte FPÖ-Forderungen.
Wien, 08. September 2020 | Eine „anständige Mitte-Rechts-Politik“ wolle Gernot Blümel mit der ÖVP in Wien durchsetzen. Bei der Vorstellung der ersten Punkte des türkisen Wahlprogramms, scheint der Finanzminister allerdings auf die Mitte vergessen zu haben. Denn die Punkte zum Thema Migration decken sich fast exakt mit alten FPÖ-Forderungen. Bereits in der ZIB 2 flirtete Blümel offen mit potenziellen FPÖ-Wählern und lobte die blaue Migrationspolitik: „Vieles war da schon richtig“.
Blümel kupfert bei Gudenus ab
Der zusehends unbeliebte Finanzminister möchte die Vergabe der Gemeindebauwohnungen an eine Deutschprüfung koppeln. Ein Zugang zum Gemeindebau soll nur mehr mit Deutschkenntnissen auf B1-Niveau möglich sein. Eine alte Forderung der FPÖ, die Johann Gudenus bereits 2011 ins Spiel gebracht hatte. Die Wiener Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) erteilt der Forderung Blümels gegenüber ZackZack eine Absage:
„Die Forderung der ÖVP ist verfassungsrechtlich gar nicht möglich.“
Bereits jetzt ist die Vergabe der Gemeindebauwohnungen klar definiert. So werden Menschen, die länger in Wien wohnen, durch den von Bürgermeister Ludwig ins Leben gerufenen Wien-Bonus rascher behandelt. Gaál betont, dass im Integrationsprogramm der Stadt Wien „der Erwerb der deutschen Sprache an erster Stelle steht. Denn gute Deutschkenntnisse sind auch der Schlüssel zur Integration.“
Die FPÖ versucht im Rechtaußen-Rennen derweil, die enteilte ÖVP wieder zu einzuholen. Den Wiener Freiheitlichen geht die Forderung Blümels nicht weit genug. Sie verlangen den Zugang zu Gemeindebauten nur mehr für österreichische Staatsbürger. Blümels Deutschpflicht für Gemeindebauten ist im FPÖ-Wahlprogramm ebenso enthalten.
Das FPÖ-Programm für die Wien-Wahl 2020 könnte auch von der ÖVP stammen. Oder umgekehrt? Screenshot: FPÖ Wien.
Blümel gegen 100 Kinder
Auch die Forderung von NEOS, SPÖ und Grünen, 100 Kinder aus den Elendslagern in Moria aufzunehmen, ist für Blümel ein No-Go. Hier bedient er sich ein weiteres Mal bei Gudenus und der FPÖ. Gegenüber der „Kronen Zeitung“ wird der Minister so zitiert: „Die falsch verstandene Willkommenskultur muss in Wien ein Ende haben“.
Zahlreiche Presseaussendungen des ehemaligen freiheitlichen Klubobmanns Johann Gudenus enthalten eine ähnliche Wortwahl. Die Schließung des Ernst Kirchweger-Hauses ist noch einer der Blümel-Punkte, der von der FPÖ genauso gefordert wird.
Ähnlichkeiten zwischen Blümel und Gudenus
Rechtsruck unter Kurz
Der massive Rechtsruck der ÖVP rundet das Bild der letzten Jahre ab. Bereits 2018 verkündete Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Interview: „Vieles von dem, was ich heute sage, ist vor drei Jahren noch massiv kritisiert und als rechtsradikal abgetan worden, das hat sich geändert.“
Zu den massiven Rechtaußen-Forderungen der ÖVP äußerte sich Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). “How low can you go”, twitterte der SPÖ-Politiker – wie tief kann man sinken, fragt Czernohorszky, mit Verweis auf die Wurzeln der ÖVP als einst bürgerliche und christlich-soziale Stadtpartei.
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk