Wahlduell
Am Mittwoch kam es auf ORF 3 zum großen Aufeinandertreffen zwischen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Gernot Blümel (ÖVP). Ludwig nahm dabei altbekannte Schmähs des Finanzministers auseinander. Auch bei den Casino-Chats wirkte der türkise Minister nicht ganz sattelfest.
Wien, 01. Oktober 2020 | Mit Spannung wurde das ORF 3-Wahlduell zwischen Bürgermeister Michael Ludwig und ÖVP-Kandidat Gernot Blümel erwartet. Gleich beim ersten Thema krachten zwei unterschiedliche Ansätze aufeinander. Blümel wünsche sich für Wien, ganz wie in den ÖVP-geführten westlichen Bundesländern, eine Sperrstundenvorverlegung in der Gastronomie. Ludwig konnte dem Vorschlag wenig abgewinnen: man würde die ohnehin schwer getroffene Gastronomie noch mehr belasten. Menschen würden um 22 Uhr kaum schlafen gehen und daraufhin in illegalen Klubs oder im Privaten weiterfeiern. In der “kontrollierten Gastronomie” wäre es für Ludwig durch Registrierung und Einhaltung der Hygienemaßnahmen sicherer, und zwar ohne die Wirtschaft zusätzlich zu belasten.
Gemeinsames für Bundesregierung nicht im Vordergrund
Erstaunt war der Bürgermeister, als Blümel die geschlossenen Bundesgärten in Wien während der Ausgangsbeschränkungen ansprach. Blümel betonte davor, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Wien äußert wichtig sei.
Die Schließung der Bundesgärten durch Ministerin Elisabeth Köstinger sei für Ludwig aber ein Beweis, dass das Gemeinsame für die Bundesregierung nicht im Vordergrund stehe. Die Aktion rund um die Bundesgärten, die ungefähr so groß wie der fünfte Wiener Gemeindebezirk (Margareten) sind, war schon damals auf großes Unverständnis bei Stadt und Bürgermeister gestoßen.
Schwimmkurs mit Blümel
Richtig ins Schwimmen kam der türkise Finanzminister bei den am Mittwoch publik gewordenen Chatprotokollen zwischen ihm und dem ehemaligen Novomatic-Chef Harald Neumann. Blümel wich der Frage nach den Chats weitläufig aus, er sei „natürlich regelmäßig in Kontakt mit Unternehmern“ – auch in der Corona-Krise, betonte Blümel.
Dass die Chats aus dem Juni 2019 – also acht Monate vor der Corona-Epidemie in Österreich – stammen, war für Blümel nur eine Randnotiz. Auch damals habe er bereits mit Unternehmern in Kontakt gestanden, zudem sei dies nach dem Ende der türkis-blauen Regierung gewesen. Allerdings sind die Nachrichten äußert nah am Ermittlungsstart der Casinos-Affäre.
Glaube keiner Statistik, die du…
Zurück bei der Wien-Politik, ließ Bürgermeister Ludwig den Finanzminister so richtig auflaufen. Bereits in den vergangenen Wahlduellen erzählte Blümel die Geschichte vom „Bremsklotz“ Wien. Wien solle laut Blümel wieder an die „Spitze des Wohlstandes“ gelangen. Er führte dazu eine Statistik über das Wiener Haushaltseinkommen an.
Der Bürgermeister schien auf die Anführung Blümels Statistik nur gewartet zu haben. Mit lausbübischem Lächeln spitzte Ludwig die Ohren als Blümel die Statistik erwähnte und konterte:
„Ich glaube, Herr Finanzminister, Sie haben lange suchen müssen, um so eine Statistik zu finden. Wir haben natürlich das größte Bruttoregionalprodukt mit 100 Milliarden Euro. Wir stehen auch an der Spitze des Bruttoregionalproduktes pro Kopf. Und die Statistik, die Sie anführen, ist damit zu begründen, dass wir das jüngste Bundesland sind. Wir haben einen überproportionalen Anteil an Kindern und Jugendlichen, die das Haushaltseinkommen drücken.“
Bei den Einkommen der Über-40-Jährigen ist Wien laut Statistik an der Spitze. Ludwig bezeichnet auch deswegen Wien als den Wirtschaftsmotor. Blümel müsse sich keine Sorgen machen, Wien wieder an die Spitze zu führen, denn „Wien ist bereits an der Spitze“. Einen kleinen Seitenhieb gegen die ÖVP konnte sich der Bürgermeister dann doch nicht verkneifen. Er sei sehr stolz auf die Wiener, die in der „Früh aufstehen“, in Anspielung auf den Kurz-Sager, der behauptet hatte, in Wien würden immer weniger Leute in der Früh aufstehen.
Das Duell gibt es hier zum Nachsehen.
(bf)
Titelbild: Screenshot/ORF
