Stattdessen Wiener Impfstart-Foto
ZIB Spezial, Kanzlerfotos vor der Impfung, Pressekonferenz, Analyse der Pressekonferenz – viel Trubel der Bundesregierung um die erste Impfung. Doch die Internationalen Medien sprangen auf die türkis-grüne Show nicht an. Von den internationalen Titelseiten prangte stattdessen ein Foto von der Wiener Impfung – ohne Politiker.
Wien, 28. Dezember 2020 | Sonntag, 27. Dezember 9:05 Uhr, die erste Corona-Impfung in Österreich wurde erteilt. Mittendrin statt nur der dabei: Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober, die gemeinsam mit den Erstgeimpften auf engem Raum in der Medizinischen Universität Wien vor den Kameras posierten. Begleitet wurde die Impfung von einer dreistündigen ZIB Spezial, Fotos der Bundeskanzleramtsfotographen, einer Pressekonferenz von Kurz und Anschober sowie anschließender Analyse ebenjener.
„Impfstoff nur wirksam, im Beisein von Kurz“
Schnell wurde die Kritik an der Inszenierung der Bundesregierung laut. Insbesondere das Beisein von Sebastian Kurz sorgte für Verwunderung in den sozialen Netzwerken. Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann stellte mit Blick auf die Regierungsinszenierung die These auf: „Der in Österreich verwendete Covid19-Impfstoff ist nur wirksam, wenn er im Beisein von Sebastian Kurz und einer Fernsehkamera verabreicht wird.“ Auch die etwas holprigen Konversationen zwischen den Regierungsmitgliedern und den Erstgeimpften sorgten im Netz für Kopfschütteln.
"s´DRUMHERUM" pic.twitter.com/gGFF4Tjfek
— Klecksa (@Anpatzer) December 27, 2020
SPÖ-Abgeordneter Andreas Kollross fand deutliche Worte zum Auftritt von Kurz und Anschober: „Ich finde diese Kanzlershow nur mehr unerträglich und geschmacklos. Pressekonferenz zu den ersten 5 Impfungen. Österreich verkommt mit Kurz zum Reality-TV. Wie so oft ein nichtssagendes Statement. Hauptsache live und in Farbe.“
Internationale Medien ignorieren Kurz-PR
Die internationalen Medien sprangen auf die Inszenierung der Bundesregierung jedoch nicht an. Statt Fotos der Impfung in Gesellschaft der Bundesregierungsmitglieder zu übernehmen, benutze die New York Times stattdessen ein Foto, das die Impfung der Stadt Wien zeigte. Darauf zu sehen war Dr. Christoph Wenisch, Leiter der Infektionsabteilung der Klinik Wien Favoriten, wie er siegreich die Faust ballte. Sich inszenierende Politiker sucht man auf dem Foto vergeblich.
Die @nytimes berichten über den Impfstart in Wien. Sie haben ein Foto von Dr. Wenisch gewählt, das wohl am Ehesten als Sinnbild für das steht, was die WienerInnen fühlen: Erste Erleichterung und Zuversicht. Das hat man auch vor Ort ganz stark gespürt. 💪🏼#CoronavirusAT #wien pic.twitter.com/buRPuWVaiz
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) December 27, 2020
Auch die Jerusalem Post verzichtete auf die Kanzler und Gesundheitsminister-Show und druckte stattdessen Dr. Wenisch ab.
Iconic picture of Dr. Wenisch, head of COVID-19 ward in Vienna, getting vaccinated – also in today's @Jerusalem_Post. Epitomizes everything we're hoping for in 2021 pic.twitter.com/hbWK9tybqz
— Hannah Liko (@HannahLiko) December 28, 2020
In der Tageszeitung „Kurier“ verteidigte man in einem Kommentar die Inszenierung der Bundesregierung. „Die erste Impfung wurde von der Bundesregierung groß inszeniert. Das ist gut so, weil Hoffnung gehört inszeniert.“ Die internationalen Medien sahen dies ein bisschen anders.
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk