Showdown im Nationalrat: bei der von der SPÖ einberufenen Sondersitzung ging die Opposition mit der Regierung hart ins Gericht. SPÖ-Chefin Rendi-Wagner kritisierte vor allem das lahme Tempo bei den Impfungen: „Das schafft kein Vertrauen“. Auch NEOS-Chefin Meinl-Reisinger mahnte die fehlende Strategie an und forderte einen Impfgipfel.
Wien, 13. Jänner 2021 | Die SPÖ und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) haben sich im Nationalrat einen Schlagabtausch über die Corona-Impfungen geliefert. Während SPÖ-Chefin und Infektiologin Pamela Rendi-Wagner das „Impf-Chaos“ kritisierte und „mehr Tempo“ forderte, warf Anschober der SPÖ Populismus vor. Das Tempo der Impfung werde alleine durch Zulassung und Lieferung von Impfstoffen bestimmt.
Anschober verschweigt Kurz-Show
Das stimmt nicht ganz: Durch das Bund-Länder-Kompetenzgerangel verzögert sich laut Experten die Auslieferung noch mehr. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte aufgrund massiver Kritik am fehlenden Impfplan die Impfungen zur Ländersache erklärt. Sein Kabinettschef Bernhard Bonelli soll daraufhin Gesundheitsminister gespielt und die Länderchefs kurzfristig über das Umschwenken informiert haben. Diese waren darüber verärgert, denn Logistik sowie Impfärzte sind auf die Kurz-Änderung dem Vernehmen nach nicht vorbereitet.
Kritiker werfen der Regierung vor, die Verantwortung auf die Länder abzuschieben, sich im Falle eines Impf-Erfolgs aber selbst ob der inszenierten Entschlossenheit feiern lassen zu wollen.
Dramatische Folgen: SPÖ ortet Regierungsversagen
Die SPÖ hatte eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen, um von Anschober Antworten zum „Impf-Chaos“ der letzten Wochen einzufordern. Rendi-Wagner warf der Regierung vor, Österreich deutlich schlechter durch die Pandemie geführt zu haben, als andere Länder – sowohl was die Todesfälle angeht als auch bezüglich der wirtschaftlichen Folgen. Gerade deshalb dürfe bei der Impfung nun kein einziger Tag versäumt und keine Impfdosis gebunkert werden. Dennoch habe es Chaos beim Impfstart und Pannen bei der Dokumentation gegeben:
„Das schafft kein Vertrauen.“
Israel habe gezeigt, dass man innerhalb einer Woche eine Million Menschen impfen könne – mit guter Planung und Organisation. Auch Dänemark sei sehr erfolgreich, dort seien bereits alle Bewohner von Pflege- und Altenheimen geimpft. „Impfungen retten Leben und sie sichern unseren Wohlstand“, sagte Rendi-Wagner: „Es ist die einzige Chance, die Tür Richtung Normalität zu öffnen.“ Aktuell stehe Österreich aber bei einer Durchimpfungsrate von 0,5 Prozent der Bevölkerung. „Es braucht mehr Tempo“, forderte Rendi-Wagner. Denn bei dieser Geschwindigkeit brauche man vier Jahre, um 60 Prozent der Bevölkerung zu erreichen.
Anschober warf der SPÖ vor, „nicht besonders korrekt“ und populistisch zu argumentieren. Das Tempo der Impfung in Österreich und europaweit werde allein durch Zulassung und Lieferung von Impfstoffen bestimmt. Informationen dazu, wann welche Zielgruppen zum Zug kommen sollen, werde man laufend aktualisieren. Problem: Das Impf-Dashboard ist ein „Fake“-Dashboard, denn es zeigt nicht die tatsächlichen Impfzahlen, sondern mittels Computerprogramm prognostizierte Daten.
Welcher Impfstoff zum Einsatz komme, werde unter anderem von dessen Eigenschaften abhängig sein, „sodass eine freie Wahl auch aufgrund der Verfügbarkeit nicht möglich sein wird“. So sei der Biontech/Pfizer-Impfstoff wegen der Lagertemperatur von minus 70 Grad nicht zum Einsatz bei niedergelassenen Ärzten geeignet. Allerdings sei derzeit kein bedeutender Qualitätsunterschied zwischen den Impfstoffen anzunehmen.
Zurückgewiesen wurde von Anschober, dass sich Österreich zusätzliche Impfdosen außerhalb des auf EU-Ebene verhandelten Rahmens hätte sichern können. Dies wäre vertragswidrig gewesen, betonte der Minister.
Auch NEOS kritisieren fehlenden Impf-Fortschritt
Während FPÖ-Chef Herbert Kickl gegen Regierung, SPÖ und jegliche Maßnahmen schoss, konzentrierten sich die NEOS – genau wie die SPÖ – auf das Impf-Chaos. „Herr Minister, das war verkorkst“, übte auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger Kritik am Impf-Fortschritt. „Je länger Sie schwadronieren, desto mehr ist schiefgelaufen in Ihrem Ressort“, schloss Meinl-Reisinger aus Anschobers ausufernder Rede. Man fordere eine echte Impfstrategie und einen Impfgipfel. Sie verstehe nicht, warum sich Anschober hinstelle und sich selbst lobe, obwohl man sehe, wie viel besser andere Länder seien. Man müsse die Frage stellen, ob es an „Leadership“ und „echten Management-Qualitäten“ fehle.
Doch ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz ist sich sicher: „Es gibt einen Impfplan.“
(wb/apa)
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