Samstag, Juli 27, 2024

Kogler als Held der Stunde – Kommentar

Kommentar

Die ÖVP greift mit aller Macht die Justiz an. Der Befreiungsschlag für die WKStA kam am Donnerstag von den Grünen: Seit Donnerstag müssen die Korruptionsermittler nicht länger im Vorhinein über geplante Maßnahmen berichten. Es ist ein Meilenstein für die Korruptionsbekämpfung in Österreich. Der Held der Stunde heißt Werner Kogler.

Thomas Walach

Wien, 19. Februar 2021 | Die politische Lage im Land spitzt sich dramatisch zu. Die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel war erst der Anfang einer Reihe von Schlägen gegen die politische Korruption in Österreich. Wie gefährlich die Ermittlungen der WKStA für Türkis sind, weiß man in der ÖVP und überzieht die Justiz mit Angriffen, wie man sie sonst nur aus Ungarn, Polen oder Trumps Amerika kennt. Die Grünen – sonst in so vielen Belangen als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet – werden sich in diesen entscheidenden Wochen plötzlich ihrer Macht bewusst, gegen die Erwartung Vieler. Die Grünen haben ihre rote Linie gefunden.

Werner Kogler, Vizakanzler und in Vertretung Alma Zadics amtierender Justizminister, gab den Korruptionsermittlern, was diese am Dringensten brauchten. Er schaffte die lähmende Berichtspflicht an die türkise Oberstaatsanwaltschaft ab. Bisher galt ein Erlass, der ausgerechnet die Staatsanwälte der WKStA verpflichtete, wesentliche Ermittlungsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen oder Telefonüberwachungen spätetstens drei Tage vorher anzukündigen. Die Ermittler hegen den Verdacht, dass entscheidende Aktionen in der Vergangenheit vorab verraten wurden. Die ehemalige Korruptionsstaatsanwältin Christina Jilek sagte im Ibiza-Untersuchungsausschuss in aller Deutlichkeit: Sie hat kein Vertrauen in den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs.

Kogler greift ein

Am Donnerstag wurde der lähmende Erlass aufgehoben, und zwar von Werner Kogler persönlich. Es ist ein überdeutliches Signal an den Koalitionspartner mit realpolitischen Auswirkungen. Die türkise ÖVP kämpft in den Ermittlungen rund um verdeckte Geldflüsse an den innersten Kreis um Kanzler Kurz um ihr Überleben – das ganze System Türkis steht plötzlich auf tönernen Füßen. Die neue Volkspartei ist in die Ecke gedrängt und schlägt panisch um sich. Kogler stellt sich nun beschützend vor den schlimmsten Feind der ÖVP – die Justiz. Das schmerzt.

Die WKStA – eine Elitetruppe von handverlesenen Staatsanwälten in der Justiz – war in der Verganenheit nicht frei von Fehlern. In der BVT-Causa ließ sie sich von der FPÖ politisch instrumentalisieren, in manchen Fällen, wie der Causa “Stadterweiterungsfonds”, erreichte sie überraschend keine Verurteilungen. Doch sie kann auch harte Schläge gegen die Korruption vorweisen: Die erstinstanzlichen Verurteilungen von Karl-Heinz Grasser & Co. oder die ersten Anklagen im Ibiza-Komplex gegen HC Strache und Walter Grubmüller gehören dazu.

Kogler hält der WKStA im Kampf gegen den eigenen Koalitionspartner den Rücken frei. Jetzt liegt es an den Ermittlern, sich zu beweisen.

Titelbild: APA Picturedesk

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