Samstag, Juli 27, 2024

Trotz VfGH-Aufhebung – Türkis besetzt Posten weiterhin rechtswidrig

Trotz VfGH-Aufhebung

Die Beamten-Mehrheit von Türkis-Blau in der Sozialversicherung wackelt. Bis jetzt weigert sich die ÖVP, die vom VfGH aufgehobene Zusammensetzung der Gremien zu reparieren. SPÖ-Abgeordneter Rudolf Silvan dazu: “Mehrheit, die ihr absolut nicht zusteht.”

Wien, 11. März 2021 | Die SPÖ drängt die Regierung zur Reparatur der verfassungswidrigen Gremien der Sozialversicherung für Beamte, Eisenbahn und Bergbau (BVAEB). Der Verfassungsgerichtshof hat die von Türkis-Blau beschlossene Zusammensetzung schon Ende 2019 aufgehoben. Mit der Reparatur wären die Grünen künftig das Zünglein an der Waage zwischen ÖVP und SPÖ. Laut “Tiroler Tageszeitung” gibt es zwar einen Vorschlag von Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne), der aber von der ÖVP abgelehnt wird.

Unzulässige Entsendung durch Ministerium

Der Hintergrund des Konflikts ist die Frage, wer die Vertreter der Versicherten in der Sozialversicherung nominieren darf. Türkis-Blau legte bei ihrer Sozialversicherungsreform nämlich fest, dass Arbeitnehmervertreter zwar von den für Beamte, Eisenbahner und Bergleute zuständigen Gewerkschaften vorgeschlagen, aber vom Gesundheitsministerium bestellt werden. Diese Entsendung durch das Ministerium anstatt direkt durch gewählte Interessensvertreter ist jedoch unzulässig und wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits im Dezember 2019 aufgehoben.

Die Bestellung der Versichertenvertreter muss “aus dem Kreis dort gewählter Funktionsträger der zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer” erfolgen, urteilten die Verfassungsrichter. Für Eisenbahner und Bergleute wäre das die Arbeiterkammer.

Wöginger: Kein Kommentar

Einen Reparaturvorschlag hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) laut “Tiroler Tageszeitung” (Dienstag-Ausgabe) mittlerweile vorgelegt. Damit würde sich das Gewicht bei den Arbeitnehmervertretern stärker zur SPÖ verlagern und die Grünen würden zwei der bisher von der FPÖ entsandten Regierungsvertreter, also quasi Arbeitgebervertreter, bestellen. Somit gäbe es statt fünf türkisen, zwei blauen und drei roten Vertretern künftig je vier Türkise und Rote sowie zwei Grüne in der Beamtenversicherung. Auch im (politisch einflusslosen) Dachverband der Sozialversicherungen könnte die SPÖ ein Mandat gewinnen. Allerdings gibt es auch einen Gegenvorschlag der ÖVP, der laut “ZiB 2” kein Nominierungsrecht der AK vorsieht. Die Sprecherin von ÖVP-Klubchef August Wöginger wollte das nicht kommentieren.

“Die ÖVP hält also mit allen Mitteln an einer Mehrheit, die ihr absolut nicht zusteht, seit mehr als einem Jahr fest und tritt bewusst ArbeitnehmerInnenrechte mit Füßen”,

kritisierte der SP-Abgeordnete Rudolf Silvan am Donnerstag. Er drängt auf eine rasche Reparatur der schon vor über einem Jahr aufgehobenen Passagen.

Kurz-Strache-Chats zeigen Postenbesetzungen

Laut Silvan erhält man einen guten Einblick, wie diese Postenbesetzungen abgelaufen sind, durch die nun aufgedeckten Chats zwischen Bundeskanzler Kurz, Finanzminister Blümel, Ex-Vizekanzler Strache und Ex-Innenminister Kickl. So soll sich Strache bei Kurz beschwert haben, dass er nur neun der versprochenen 17 Posten erhalten hat. Silvan will diese fragwürdigen Konstrukte nun mittels parlamentarischer Anfrage restlos aufklären und hofft dabei vor allem auf umfangreiche Auskünfte von Gesundheitsminister Anschober.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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