Aufgrund „fehlender rechtlicher Grundlage“ zahlt das AMS erst in den nächsten Tagen die Aufstockung der Jänner-Notstandshilfe aus. Die Regierung hüllt sich in Schweigen. Ab April fallen Hunderttausende Langzeitarbeitslose wieder auf einen niedrigeren monatlichen Betrag zurück.
Wien, 29. März 2021 | Arbeitslose trifft die Coronakrise besonders hart. Anders als für Unternehmen, die mit üppigen und monatelangen Staatshilfen aufgefangen werden, gab es für sie nur zwei Einmalzahlungen in Höhe von wenigen Hundert Euro.
Nach wie vor will Arbeitsminister Kocher (ÖVP) eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, wie von Arbeiterkammer und ÖGB gefordert, nicht diskutieren. Auch sind vorläufig keine weiteren Einmalzahlungen geplant.
Angehobene Notstandshilfe
Zwar ist das Arbeitslosengeld mit 55 Prozent des Nettolohns im europäischen Vergleich niedrig, die längerfristige Notstandshilfe liegt aber nochmal um fünf bis acht Prozent darunter. Als Reaktion auf die Coronakrise hat die Regierung die Notstandshilfe auf den Betrag des Arbeitslosengelds aufgestockt. Eigentlich.
Bereits am 23. September letzten Jahres brachte die SPÖ einen Antrag ein, die ursprünglich bis Jahresende beschlossene Aufstockung bis Ende März 2021 zu verlängern. Eine solche Verlängerung beschlossen ÖVP und Grüne aber erst im Februar, also Monate später. Am Mittwoch läuft die derzeitige Regelung aus, eine Verlängerung ist nicht in Sicht. Arbeitslosen droht jetzt wieder ein Rückfall.
Aufstockung nicht ausbezahlt
Eine Folge des späten Beschlusses: Vielen ist der aufgestockte Betrag vom Jänner noch immer nicht überwiesen worden. AMS-Vorstand Johannes Kopf bestätigt gegenüber ZackZack die Verzögerungen:
„Bisher hatten wir keine rechtliche Grundlage für die Auszahlung der Jänner-Anhebung, die rechtliche Grundlage ist im Bundesgesetzblatt erst vor wenigen Tagen erschienen.“
Richtig ist, dass das betreffende Bundesgesetzblatt erst am 24. März publiziert wurde, also knapp drei Monate nach Auslaufen der alten Regelung in Kraft trat. Dass der aufgestockte Betrag im Februar und März laut Kopf ausbezahlt wurde, der von Jänner aber bis heute nicht, wirft dennoch Fragen auf. Kopf beruft sich dabei auf einen Erlass, auf dessen Basis die Aufstockung für Februar und März ausbezahlt werden konnte. Warum war dies für Jänner noch nicht möglich? Laut Kopf habe das an „Gesprächen mit den Ländern“ gelegen, die es im Jänner noch gebraucht habe. Mit dem Ergebnis, dass das Geld bis heute fehlt.
Ungewöhnlich ist das Argument der „fehlenden rechtlichen Grundlage“ auch, weil das AMS gegenüber seinen Leistungsempfängern ganz anders argumentierte: Nämlich mit einer fehlenden Neuberechnung, die noch anzustellen sei und derentwegen sich alles verzögere.
AMS-Schreiben vom 26. Februar an einen Betroffenen. Von „fehlender rechtlicher Grundlage“ ist im Schreiben jedenfalls keine Rede.
„Auf Ärmste vergisst man“
Bezieher der Notstandshilfe bestätigen gegenüber ZackZack, dass die Jänner-Aufstockung nach wie vor ausständig sei. Je nach früherem Einkommen sind es kleinere zweistellige Beträge bis hin zu einigen hundert Euro, die nun mit drei Monaten Verspätung kommen sollen.
Das AMS machte ZackZack gegenüber keine konkreten Angaben, wie viele Menschen von der verspäteten Aufstockung betroffen sind. Im November 2020 betrug die Zahl der Notstandshilfe-Bezieher rund 194.000, die aktuelle Zahl dürfte deutlich höher liegen. Schließlich rutschten in den letzten Monaten viele, die im Frühling 2020 aufgrund Corona den Job verloren hatten, in die Notstandshilfe.
Auch wenn nun versichert wird, dass das Geld „in wenigen Tagen“ auf dem Konto der Betroffenen sein wird, sind viele verärgert. „Alle kassieren Hilfen, und auf die Ärmsten vergisst man halt einfach“, sagt ein Langzeitarbeitsloser gegenüber ZackZack.
„Leider haben Arbeitslose in Österreich keine Lobby. Was schlimm ist, weil es sehr viele betrifft. Die Mahnspesen für offene Rechnungen kommen knallhart. Das erhöhte Arbeitslosengeld aber erst irgendwann, um Monate verspätet“,
sagt eine andere Betroffene.
Aufstockung endet demnächst
Und auch künftige „Unregelmäßigkeiten“ sind vorprogrammiert. AMS-Chef Kopf verweist in seiner Antwort auch auf den Gesetzgeber. Die jetzige Regelung läuft Ende März aus, einen aktuellen SPÖ-Entschließungsantrag auf Verlängerung bis Ende Juni lehnten die Regierungsparteien im Parlament ab.
Warum die Aufstockung nicht verlängert wird, wollten sowohl die Arbeitssprecher August Wöginger (ÖVP), Markus Koza (Grüne), als auch Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) nicht beantworten. Inmitten der Coronakrise gibt es keine finanzielle Planbarkeit für Arbeitslose.
Florian Bayer
Titelbild: APA Picturedesk