Entsetzen nach Gründung neuer Elite-Liga
Frontalangriff auf den Fußball, wie ihn Europa kennt: 12 Topclubs wollen mit einer neuen Superliga der legendären Champions League Konkurrenz machen. Die UEFA schäumt, auch aus Deutschland kommt deutliche Kritik. In England mischte sich sogar Premier Boris Johnson ein: “Schädlich”.
Berlin/Liverpool, 19. April 2021 | Einige Schwergewichte des europäischen Fußballs machen Ernst. Zwölf Top-Clubs wollen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen europäischen Elite-Wettbewerb namens “Superliga” gründen. Das teilten mehrere Clubs wie der englische Meister FC Liverpool in der Nacht auf Montag mit. Deutsche Vereine haben sich dem Bündnis bisher nicht angeschlossen.
Angriff auf legendäre Königsklasse
Die Ankündigung der Liga, die in der von ihren Gründungsclubs verbreiteten Mitteilung zunächst sowohl “European Super League” als auch “Super League” genannt wurde, kam damit unmittelbar vor der bevorstehenden Exekutivsitzung der Europäischen Fußball-Union am Montag. Da will die UEFA die Aufstockung der legendären Königsklasse (“Champions League”) von 32 auf 36 Teilnehmer und die Einführung eines neuen Modus beschließen. Dieser soll von der Saison 2024/25 an gelten.
Doch ein Teil der europäischen Top-Clubs hat andere Pläne. Neben Liverpool gehören die weiteren Premier-League-Vereine Manchester City, Manchester United, FC Arsenal, FC Chelsea und Tottenham Hotspur sowie die spanischen Spitzenvereine Real Madrid, FC Barcelona und Atletico Madrid sowie das italienische Trio Juventus Turin, AC Mailand und Inter Mailand der Vereinigung an. Drei weitere Vereine sollen noch hinzustoßen. Die Teams kündigten Gespräche mit der UEFA und dem Weltverband FIFA an.
Real-Boss größenwahnsinnig: “Auf Begehrlichkeiten reagieren”
“Wir werden dem Fußball auf jedem Level helfen und ihn zu seinem rechtmäßigen Platz in der Welt bringen. Fußball ist der einzige globale Sport auf der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans und unsere Verantwortung als große Clubs ist es, auf deren Begehrlichkeiten zu reagieren”, wurde Real-Boss Florentino Perez zitiert, der Vorsitzender sein soll.
Unmittelbar nach der Publikation der Pläne verschickte die FIFA eine Stellungnahme, in der sie die neue Liga zwar nicht direkt erwähnte, aber dennoch ihre “Missbilligung” zum Ausdruck brachte über alle Pläne, die die “Grundprinzipien Solidarität, Inklusivität, Integrität und gleichberechtigte finanzielle Umverteilung” nicht widerspiegeln.
Geplant ist die Superliga mit 20 Vereinen, fünf sollen dabei über einen Qualifikations-Mechanismus dazustoßen. Die Spiele sollen unter der Woche stattfinden. Es sind zwei Zehner-Gruppen geplant, der Sieger soll dann über K.o.-Spiele ermittelt werden. Den Gründungsvereinen sollen zunächst satte 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Die Vereine wollen auch Solidaritätszahlungen leisten. Wie die aussehen sollen, ist freilich nicht bekannt.
Superliga-Spieler mit Verbot für Nationalmannschaften?
Die Pläne einer Superliga waren am Sonntag bereits durchgesickert und hatten für große Kritik gesorgt. Die Europäische Fußball-Union UEFA und die nationalen Ligen reagierten wenig später mit einer scharfen Drohung. Die Vereine würden von allen weiteren Wettbewerben ausgeschlossen, ihre Spieler dürften nicht mehr für Nationalteams auflaufen, teilte die UEFA mit. Dies hatten in der Vergangenheit bereits auch der Weltverband FIFA und die weiteren Kontinentalverbände angekündigt.
Der deutsche Rekordmeister FC Bayern und sein Konkurrent Borussia Dortmund sind nicht an den Plänen beteiligt – wie auch der französische Champion Paris Saint-Germain überraschenderweise nicht teilnimmt.
“Wir danken den Clubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Clubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen”,
hieß es in einer UEFA-Mitteilung am Sonntagabend.
Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, sagte der UEFA am Sonntagabend Unterstützung zu. “Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Top-Clubs in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben”, äußerte Seifert. “Es wäre insbesondere unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifußballs auf die Weise irreparabel zu beschädigen.”
Dem pflichtete DFB-Vize Roland Koch bei: “Genug ist genug. Ich unterstütze zu 100 Prozent die Position der UEFA. Viel zu lange ist dem Treiben einiger weniger europäischer Großklubs zugesehen worden”, schrieb Koch als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees in einer Stellungnahme. Fußball basiere auf offenen sportlichen Wettbewerben. “Wer das nicht anerkennt, wird mit seinen Fans, Spielern und Teams aus allen Stockwerken des Weltfußballhauses ausziehen müssen”, so Rainer Koch. Beim DFB hieß es: “Jeder Verein wird sich entscheiden müssen, ob er Teil des solidarisch organisierten Gesamtfußballs bleiben oder ausschließlich egoistische Eigeninteressen außerhalb der UEFA und der nationalen Fußballverbände verfolgen möchte.”
Briten-Trump mischt sich ein
Die englische Premier League warnte am Sonntag ihre Clubs vor dem Beitritt in eine Superliga und verwies auf die Statuten, die genau das verhindern sollen. Sogar der britische Premierminister Boris Johnson schaltete sich in die Diskussion ein und nannte die Superliga-Pläne als “schädlich” für den Fußball. Sie würden das Herz des nationalen Fußballs treffen und die Fans im ganzen Land betreffen, schrieb Johnson auf Twitter.
Scharfe Kritik gab es vom europäischen Fan-Netzwerk Football Supporters Europe (FSE). “Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat”, heißt es in einer Erklärung am Sonntag. “Diese Pläne sind von Grund auf illegitim, unverantwortlich und gegen jeglichen Wettbewerb. Mehr noch, sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben.”
Die Gründung einer Superliga war in den vergangenen Jahren immer dann ins Gespräch gebracht worden, wenn es um die Verteilung der TV-Gelder im Europapokal ging.
(red/apa)
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