Staatsanwalt teilt im U-Ausschuss aus
Denkwürdige Befragung von WKStA-Staatsanwalt Matthias Purkart im Ibiza-U-Ausschuss. Bei den Ermittlungen gegen Kurz würden der Justiz schwere Steine in den Weg gelegt werden.
Wien, 25. Mai 2021 | Rund um die Ermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) würden der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) neue Steine in den Weg gelegt werden, so Oberstaatsanwalt Purkart am heutigen Dienstag im U-Ausschuss. Gegen die WKStA sei eine Dienstaufsichtsprüfung eingeleitet worden. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA) werfe der WKStA verfehlte Sorgfalt vor. Die gegen Kurz ermittelnde WKStA habe daraufhin Beschwerde eingelegt, das Landesgericht Wien ihr dann stattgegeben.
Dienstaufsichtsprüfung und Dossier
Vom Tisch ist die Sache aber noch nicht ganz, auch wenn es eine „klare Judikatur“ zur Sache gebe, ärgerte sich Purkart vor den Abgeordneten. Die „Unwägbarkeiten von außen“, wie es WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda vor Monaten schon formuliert hatte, hätten jedenfalls nicht aufgehört. Anstatt zu ermitteln, müsse sich die WKStA nun mit dieser Dienstaufsichtsprüfung herumschlagen. „Das stört mich“, so der Oberstaatsanwalt.
Mit Nachfragen und Weisungen könne man leben, eine solche Prüfung behindere aber die Ermittlungen. In diesem Zusammenhang wisse die WKStA auch von einem 103-seitiges Dossier über die WKStA-Ermittler, gefunden bei Sektionschef Christian Pilnacek. Offenbar, so die Annahme von Purkart, habe OStA-Chef Johann Fuchs diese Unterlagen an Pilnacek weitergeleitet. Die ÖVP ärgert sich wohl auch über ZackZack, das den „Kurz-Akt“ in voller Länge veröffentlicht hatte. Daraufhin wandte sich die ÖVP umgehend an die WKStA, „wie das sein kann“. Die WKStA habe deshalb die Metadaten ausgewertet. Man habe klären können, dass der Kurz-Akt ursprünglich „aus dem Verfügungsbereich des Verteidigers des Kanzlers“ stammen müsse, so Purkart. Der Akt liegt sämtlichen Medien vor.
ÖVP-Anwalt als Whistleblower?
In diesem Zusammenhang kritisierte Purkart die ÖVP relativ scharf. So mache die Kanzlerpartei immer wieder Stimmung gegen angebliche WKStA-Leaks. Dabei gehe man davon aus, dass die öffentlich gewordenen Katzian-Schmid-Chats von der ÖVP selbst hinausgespielt worden seien. Das sei eine „Grenzüberschreitung“. Man prüfe immer wieder genauestens, ob es innerhalb der eigenen Behörde undichte Stellen gebe, gefunden habe man aber keine.
Die Befragung drehte sich nicht nur um die Kurz-Ermittlungen, sondern auch um Finanzminister Gernot Blümel. So geht die WKStA davon aus, dass Blümel via ÖVP-Berater Stefan Steiner und ÖVP-General Axel Melchior über seinen Beschuldigtenstatus informiert worden war. Man wisse, dass die beiden durch ÖVP-Anwalt Werner Suppan informiert worden seien. Es sei wohl nicht sehr realitätsnahe, dass man diese Information „nicht an den Minister weitergegeben hat“. Zudem liege bereits ein Rechtshilfeansuchen beim US-Justizministerium. Es geht um gelöschte Blümel-Mails, die möglicherweise auf der Apple-Cloud wiederherstellbar sein könnten. Der Staatsanwalt rechnet mit Unterstützung vonseiten der USA.
Umfangreiche Ermittlungen
Dennoch habe man in den Ermittlungen „schon viel weitergebracht“, schilderte Purkart dem Ibiza-U-Ausschuss. Man ermittle in vielerlei Strängen, trotz der sehr beschränkten Ressourcen. Unter anderem in der Causa Novomatic bzw. Peter Sidlo; rund um die türkis-blaue Gesetzesnovelle beim Glücksspiel; zu mutmaßlichen Spenden der Novomatic an die ÖVP; gegen den FPÖ-Verein „Institut für Sicherheitspolitik“; rund um die Millionengeschenke von Novomatic-Boss Johann Graf; zu Spenden der Uniqa-Tocher Premiqamed an die ÖVP; und zur Bestellung von Siegfried Stieglitz als Asfinag-Aufsichtsrat.
Es gebe jedenfalls enorm viel zu tun in der WKStA. Die Ermittlungen würden laut Purkart „immer umfangreicher“ werden. “Da spielt sich auch einiges hinter den Kulissen ab“, so der WKStA-Mann.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk